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Kriminalität

Ein edler Burgunder kostet einen Weinbetrüger zehn Jahre Haft

Jahrelang hat Rudy Kurniawan die Reichen und Schönen mit gefälschten Weinen übers Ohr gehauen. Bis ihm ein fataler Etikettierungsfehler unterlief. Die Weinrechnung wurde teuer: Zehn Jahrgänge Knast.
Foto: The Hamster Factor | Flickr | CC BY 2.0

Ein reicher Typ hat andere reiche Typen richtig wütend gemacht, weil er sie dazu gebracht hat, sich für besonders kultiviert halten zu wollen—und dafür ordentliche Summen Geld auf den Tisch zu legen. Weinfälscher Rudy Kurniawan wurde überführt, wohlhabenden Amerikanern gefälschte Spitzenweine verkauft zu haben. Für dieses ekelhafte Verbrechen muss er jetzt zehn Jahre hinter Gittern, eine Strafe in Höhe von umgerechnet 15 Millionen Euro zahlen und weitere 21 Millionen Euro an seine Opfer überweisen.

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Anfang 2000 erlangte Kurniawan—Sohn einer wohlhabenden chinesischen Familie aus Indonesien—Bekanntheit in der Weinwelt. Seinen ersten Schluck Wein in San Francisco hat er nie vergessen. Die Vanity Fair schreibt dazu: „Er konnte sich zwar nicht mehr an den Namen des Restaurants erinnern, der Wein war aber auf jeden Fall ein 95er Opus One, ein teurer, vor allem auf Cabernet-Reben basierter Rotwein aus dem Napa Valley." Ab diesem Moment war es um ihn geschehen. Schon bald war er mit den Bacchus-Bonzen auf Du und Du und trat Wein-Gruppen mit äußerst komischen Namen wie „BurgWhores" oder „the Royal Order of the Purple Palate" bei.

Mit dem vielen Geld von Papa im Rücken begann Kurniawan schon bald, Weine im Wert von vielen Millionen Euro zu erwerben. Er war in vielerlei Hinsicht ein Wein-Wunderkind. Ein früherer Geschäftspartner sagt über Kurniawan, dass er über ein „photographisches Aromen-Gedächtnis" verfüge. (Versuch das mal zu sagen, ohne dabei deine Augen zu verdrehen.) Irgendwann kam er dann auf die Idee, ein paar seiner edlen Tropfen gewinnbringend zu verkaufen. Etliche seiner so superseltenen Weine wechselten für mehrere zehntausend Euro den Besitzer, die meisten davon waren angeblich erlesene Burgunder aus Frankreich. Für eine ganze Weile kam ihm niemand auf die Schliche, während er sich anschickte, den größten Weinbetrug aller Zeiten zu begehen—vor allem begünstigt durch die Tatsache, dass reiche Leute anderen reichen Leuten (buchstäblich) so ziemlich alles abkaufen. Ihm ist es sogar gelungen, William Koch—den jüngsten der vier Koch-Brüder, und damit Teil einer der einflussreichsten und konservativsten Superreichen-Familien der USA—für einen Supermarkt-Fusel rund 1,5 Millionen Euro aus der Tasche zu ziehen.

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Kurniawans Welt geriet aus den Fugen, als Laurent Ponsot—Eigentümer von Domaine Ponsot—eine E-Mail von einem Anwalt und Weinliebhaber erhielt, der von ihm wissen wollte, wann Domaine Ponsot mit der Produktion des Clos Saint-Denis begonnen hatte. Die Antwort, die natürlich jedes Kind weiß, ist 1982. Komisch nur, dass Kurniawan mehrere Dutzend Flaschen Clos Saint-Denis aus den Jahrgängen 1945 bis 1971 zum Verkauf anbot. Sofort leitete Laurent Ponsot eine—am Ende vier Jahre dauernde—Untersuchung ein, mit dem Ziel, den Mann zu Fall zu bringen, der es gewagt hatte, mit gefälschtem Clos Saint-Denis Geld zu machen.

Kurniawans Anwalt, Jerome Mooney, hat daraufhin mit der berüchtigten Ist-doch-nichts-passiert-Taktik versucht, seinem Klienten den Arsch zu retten. „Niemand ist ums Leben gekommen, keiner ist um seine Altersabsicherung betrogen worden, und niemand hat seinen Job verloren", äußerte er sich gegenüber der LA Times. Nun, das mag zwar stimmen, aber Betrug ist nun mal Betrug. Mooney fügte noch hinzu, dass sein Klient nicht aus Gier gehandelt habe—er habe den Fake-Wein nur produziert, um seine Freunde zu beeindrucken. Er wollte einfach nur ein paar wohlfeile Schulterklopfer von seinen Kumpels für seine atemberaubenden Önologie-Skills.

Da ich schon Schwierigkeiten habe, Monat für Monat meine Miete zusammenzukratzen, ist die Welt der Weine über zehn Euro—ich hätte auch fünf schreiben können—für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Wenn auf dem Etikett irgendwo Bio steht, habe ich mir schon echt was gegönnt. Soll heißen: Ich kann persönlich nicht verstehen, warum ein Mann so erpicht darauf ist, seinen Freunden mit alkoholischem Traubensaft zu imponieren.

Reiche Leute übers Ohr zu hauen—die allzeit bereit sind, viel Geld für Dinge auszugeben, die sie gar nicht brauchen—ist nun wirklich nichts Neues. Dauernd werden sie dazu verführt, ihr Geld für total überteuerte Sachen zu lassen. Ich denke in diesem Zusammenhang etwa an edle Designermarken, die die Chuzpe haben, Taschen für Tausende von Euro zu verkaufen. Oder auch an Künstler, die ihre Gemälde für Wahnsinnssummen an den Mann bringen. Im Gegensatz dazu mussten Kurniawans Produkte historisch akkurat sein. Seine Produkte brauchten eine Story, und die musste auch stimmen. Hätte Kurniawan seine Fähigkeiten mal lieber dazu genutzt, einen eigenen Wein herzustellen und diesen als den nächsten großen Stern am Weinhimmel zu verkaufen—dann wäre sein Betrug weitaus weniger verwerflich gewesen. Und seine (ehemaligen) Freunde von BurgWhores hätten den Fusel wahrscheinlich auch noch in LKW-Ladungen bestellt und Kurniawan hätte sich auch so eine goldene Nase verdient.

Aber dafür ist es nun zu spät. Rudy Kurniawan muss jetzt ein Jahrzehnt seines Lebens im Knast verbringen (außer er gewinnt den Berufungsprozess). So oder so sollten wir für ihn hoffen, dass er auch aus Toilettenwasser und Gefängnisobst einen guten Tropfen zaubern kann.

Oberstes Foto: The Hamster Factor | Flickr | CC BY 2.0