Menschen

VICE-Mitarbeiter erzählen die Geschichten hinter ihren beklopptesten Tattoos

"Ich bin dann mit drei Tattoos da rausgegangen, die ich alle irgendwie mag, die aber alle auf ihre Art sehr beschissen sind."
Ein tätowierter Mittelfinger
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung der Interviewten  
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Hier feiern wir die größten Fuck-ups der Geschichte

Mit Tätowierungen kann man der Welt etwas von sich erzählen. Etwa, dass man 15 Jahre in einem sibirischen Straflager saß. Oder was passiert, wenn man bei einer Full-Moon-Party in Thailand drei "Happy-Cocktails" aus Plastikeimern trinkt. Aber Tattoos lehren uns auch, dass es im Leben oft nur auf die richtige Perspektive ankommt. Außenstehende lesen vielleicht das Wort "Kontrollverlust", wenn sie deine Handpoke-Tattoos sehen. Du dagegen "erste WG", "die Infektion war es wert" und "beste Zeit überhaupt". Vielleicht war die Entscheidung damals nicht besonders weitsichtig, aber die Geschichte ist noch immer gut. Hier erzählen VICE-Kolleginnen und Kollegen die Geschichten hinter ihren bescheuertsten Tätowierungen.

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Tom Niesporek – Associate Producer

Ein Tattoo eines Tom und Jerry WhatsApp-Stickers auf einem Unterschenkel

Ich war letztes Jahr mit meinem besten Freund in Portugal und wir haben uns eine Nacht in Lissabon gegönnt. Wir hatten wenig Geld und sind für 20 Euro die Nacht in einer Wohnblocksiedlung gelandet. Da standen Leute rum, die pfeifen, wenn die Cops kommen. Unsere Gastgeberin, die uns im 13. Stock die Tür öffnete, war volltätowiert, auch im Gesicht. Sie hat uns erst mal Gras geschenkt und meinte, wenn ihr Tattoos wollt, können wir das auch gerne machen. In ihrer Wohnung wurde gerade ein halbnackter Gangstertyp tätowiert. 

Wir beschlossen, uns von ihr die beknacktesten Motive tätowieren zu lassen, die uns einfallen. Ich habe 5 Minuten überlegt und mir Tom von Tom & Jerry tätowieren lassen. Die Vorlage war ein WhatsApp-Sticker. Noch viel bescheuerter war das, was sich mein bester Freund ausgesucht hat. Wir sind an einem Abend irgendwo in Lissabon ultra besoffen in einem Dönerladen geendet. Also hat er sich einfach das komplette Logo des Dönerladens mitsamt Telefonnummer und Adresse und Öffnungszeiten tätowieren lassen. 

Die Tätowiererin fand das so lustig, dass sie ein Foto von uns gemacht hat. Das hängt jetzt in dem AirBnB. Sie hat uns die Tattoos auch fast geschenkt. Jeder hat etwa 20€ bezahlt. 

Valentin Waibel – Production Assistant

Eine Tätowierung auf den Oberschenkeln. Am linken Bein steht "OK", auf dem rechten Bein steht "AY"

Im ersten Corona-Lockdown bin ich zu meiner Partnerin in ein Berliner Hausprojekt gezogen. Das ganze Stockwerk mit acht Leuten war eine Quarantäne-WG, wir hatten nur noch untereinander direkten Kontakt. Irgendwann habe ich online eine Tattoomaschine bestellt. Einer der Mitbewohner ist Illustrator und ziemlich zugehackt. Also habe ich zu ihm gesagt: "Du kannst doch zeichnen, dann kannst du sicher auch tätowieren." 

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Konnte er natürlich nicht. Hatte er auch noch nie zuvor gemacht. Ich bin dann trotzdem mit drei Tattoos da rausgegangen, die ich alle irgendwie mag, die aber alle auf ihre Art sehr beschissen sind – von außen betrachtet. Weil sie unsauber gestochen oder verschwommen sind. Auf dem linken Oberarm habe ich ein Smiley und auf dem rechten Unterarm eine Hand mit lackierten Fingernägeln, die ein brennendes Streichholz hält. Am bescheuertsten ist aber die Tätowierung auf meinen Beinen. Über beide Beine steht oberhalb vom Knie "OKAY". Auf dem rechten Bein "OK" und auf dem anderen "AY". Es war richtig dumm, mir das an dieser Stelle stechen zu lassen, weil ich da super kitzlig bin. Ich konnte nicht stillhalten. Meine Beine haben total gezittert, als er das tätowiert hat. Jetzt kann das kein Mensch lesen. 

Das waren meine ersten und bislang einzigen Tattoos. Ich werde mir keine anderen machen lassen, außer von ihm. Allerdings findet er, dass er so scheiße sticht und die Verantwortung nicht tragen will. Deshalb hat er die Maschine verschenkt. 

Niki Boussemaere – Freelance Copy Editor / Social Manager

Ein Stinkefinger-Tattoo auf dem Oberarm

Vor etwa sechs Jahren habe ich mir meine erste und bislang einzige Tätowierung machen lassen. Damals hat sich gerade jeder Unendlichkeits-Symbole und so Zeug stechen lassen. Das ist OK, aber na ja … Dass Tätowierungen etwas bedeuten müssen, finde ich nicht mehr zeitgemäß. Das kann schön sein, aber in unserer Generation lassen sich viele albernes Zeug tätowieren. Man muss sich nur Leute wie Pete Davidson anschauen, die voller Bullshit-Tattoos sind. 

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Ich habe damals in einem Foodtruck gearbeitet, und als mich mein Chef fragte, welches Motiv ich mir tätowieren lassen würde, fiel mir ein Stinkefinger ein. Ein paar Wochen später habe ich ihn mir in einem Tattoo-Shop stechen lassen. Ist es besonders schön geworden, oder besonders sauber gestochen? Sicher nicht. Aber ich bin immer noch glücklich damit. Und ich werde oft darauf angesprochen. 

Als ich im Foodtruck einmal auf einem Festival gearbeitet habe, kam ein Typ auf mich zu. Er wirkte richtig wütend und sagte: "Es ist echt nicht in Ordnung, sich sowas stechen zu lassen. Was sollen andere Menschen über dich denken? Das ist total beleidigend!" Dann drehte er sich um und zog sein Shirt hoch. Auf seinem Rücken prangte auch ein "Fuck You"-Tattoo. Ein paar Jahre später, ich hatte ihn schon völlig vergessen, habe ich wieder auf dem Festival gearbeitet und einen Typen getroffen, der genau das Gleiche abgezogen hat. Bis ich gecheckt habe, dass es exakt derselbe Typ war!

Jamie Clifton – Editor-in-Chief VICE Culture

Tattoo: Umriss einer Lokomotive

Das war mein allererstes Tattoo. Kein Wunder, wenn man es sich anschaut. Ich habe es mir machen lassen, als ich 18 war und per Interrail durch Europa reiste. Deswegen auch dieses fantasievolle Zug-Motiv. Es hat mich 20 Euro und ein Sixpack gekostet.

Bei einer Party in unserem Hostel in Budapest erwähnte ich, dass ich gerne etwas hätte, das mich an diesen Trip erinnert. Der Rezeptionist meinte, er kenne da jemanden. Am nächsten Tag brachte er uns zu einem Ort, der verdächtig nach so einem kleinen gemieteten Lagerraum aussah. Als wir drinnen waren, sagte man uns, dass die örtliche Straßengang hier ihr Bargeld und ihre Drogen lagern würde. Dann stellten sie uns einen Typen vor, der gerade erst für illegalen Waffenbesitz im Gefängnis gesessen hatte. Prompt zeigte er uns eine Pistole, die er in seiner Hose stecken hatte.

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Ich weiß noch, wie ich mir damals dachte, dass es vielleicht nicht die beste Idee ist, eine wahrscheinlich illegale Waffe mit sich rumzutragen, wenn man gerade wegen Waffenbesitz im Knast war. Ich hatte diesen schlauen Gedanken gerade zu Ende gedacht, als jemand meinte, dass dies der Mann sei, der mich tätowieren würde. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er vor mir noch nicht besonders viele Menschen tätowiert hatte. Aber wenn du 18 bist und in einem fremden Land mit einem bewaffneten Typen in einem kleinen Raum steckst, dann sagst du nicht Nein.

Jedenfalls habe ich jetzt für den Rest meines Lebens diesen krakeligen Umriss eines Zugs auf meinem Arm. Ziemlich geil.

Matern Boeselager, stellv. Chefredakteur

Tattoo: Eine mit einem Tau umwickelte Nuss

Dieses Tattoo habe ich geplant und selber entworfen, aber es ist trotzdem aus einer besoffenen Laune heraus entstanden – nur halt der von jemand anderem. Ein Freund von mir hatte auf einer Sauftour in München spontan beschlossen, sich am Hauptbahnhof eine "Tau-Nuss" stechen zu lassen. Der Witz: Wir sind in einer Gegend bei Frankfurt namens Taunus aufgewachsen, deshalb war die Tau-Nuss ein naheliegendes Gang-Symbol. 

Als er mir am nächsten Tag stolz das Foto geschickt hat, war ich sofort ergriffen und neidisch. Also habe ich mir selbst eine Tau-Nuss gezeichnet und ein paar Tage später in Frankfurt stechen lassen. Danach sind wir sofort in eine Kneipe in Königstein (im Taunus) gefahren und haben unsere Tattoos praktisch allen Passanten gezeigt, und wirklich alle waren begeistert. Es war ein sehr schöner Tag, und bis heute erinnert mich das Tattoo daran.

PS: Die Buchstaben und Zahlen bilden einen geheimen Code, den ich leider nicht verraten darf, sonst verliere ich meinen Fuß.

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