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Desserts aus Beuteltier-Milch schmecken ziemlich beschissen

Rückblickend erscheint Schaum wie ein Relikt der Molekularküche. Aber kann Schaum aus synthetischer Beuteltiermilch—angerichtet vom talentierten Dessertkoch Pierre Roelofs—das Ganze wieder cool machen?

Am Anfang dieses Jahrtausends gab es in jedem Spitzenlokal dieser Welt Schaum. Dafür verantwortlich war der spanische Wunderkoch/Chemiker Ferran Adrià: Kaum hatte der Mann diesen Schaum im El Bulli entwickelt, wurde auch schon alles, was dickflüssig genug gemacht werden konnte, um Gas zu binden, auf der ganzen Welt auf Teller gepumpt, bis es zu einem Klischee wurde.

Rückblickend erscheint der Schaum wie ein übrig gebliebenes Gimmick der Molekularküche. Adrià selbst findet das sehr schade, denn „es gibt viele andere Techniken und Konzepte, die wir perfektioniert haben."

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Kulinarischer Schaum hatte jedoch einen großen Vorteil, und der war die Fähigkeit, elementaren Geschmack ohne Verschleierungen in seiner reinen Form zu präsentieren. Im März erzählte Adrià Torontos The Star, dass „wir sehr luftiges Mousse mit dem reinen Geschmack der ausgewählten Zutat zubereiten können", wenn diese Zutat mit Lachgasblasen aufgefüllt wird. Das ist sehr vorteilhaft, wenn du einen neuen, noch nicht oft erlebten Geschmack ausprobieren willst. Ein Beispiel dafür ist die Milch von australischen Beuteltieren wie Kängurus, Wombats oder Koalas.

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Die Firma Womabaroo aus Adelaide in Australien stellt diese Milch her. Sie ist eine synthetische Nachbildung, basierend auf analysierten Milchproben, die in Pulverform für Zoos und Tierauffangstationen hergestellt wird. Wenn du dir die Zutatenliste auf der Verpackung anschaust, wird schnell klar, dass die Milch aus Folgendem besteht: Molkenpulver mit einer gehörigen Dosis Proteinen und Fett (ungefähr vierzig Prozent bei Kängurumilch), dazu eine ausgefallene Mischung aus Vitaminen und Mineralien.

Eigentlich sind die Produkte für junge Beuteltiere gedacht. Aber könnten sie eine noch unerschlossene Zutat für berüchtigte Dessertköche wie Pierre Roelofs sein? Wenn sie einer schmackhaft machen kann, dann er.

Wenn es um australische Desserts geht, dann ist Roelofs ein wichtiger Name. Er stammt eigentlich aus Neuseeland und arbeitete in mit Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurants in England und Spanien, bevor er damit begann, im Café Rosamond in Melbourne Dessert-Abende mit drei Gängen zu veranstalten. Er ist bekannt für seine erfrischenden, aufwendigen Desserts und seine Experimentierfreudigkeit.

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„Ich stelle die Leute gerne vor eine Herausforderung", sagt er mir bei unserem ersten Telefongespräch. „Auch wenn ich jetzt älter und klüger bin und mehr auf interessante, als auf schockierende Dinge setze." Ich war trotzdem davon überzeugt, dass er etwas Aufregendes mit der Kängurumilch anstellen könnte. Nach kurzem Überlegen gab er schließlich nach. „Ok, na gut."

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Ich lieferte die Milch bei ihm zu Hause ab und eine Woche später sprachen wir darüber, wie alles gelaufen ist. „Ich wollte den natürlichen Geschmack der Milch nicht überdecken", erklärt er. „Deshalb habe ich mich für eine relativ neutrale Zubereitung entschieden. Um den Schaum zu erhalten, musst du einfach nur eine Flüssigkeit mit hohem Fettgehalt verwenden oder Gelatine untermischen—Hauptsache, das Gas wird irgendwie gebunden. In diesem Fall war die Milch fett genug, also habe ich sie direkt so mit etwas Zucker verarbeitet. Ich dachte mir: je geringer der Aufwand, desto besser das Ergebnis."

Roelofs vermischte das Pulver mit einer kleinen Menge heißem Wasser, damit es sich auflöst. Dann gab er noch ungefähr vier Becher kaltes Wasser hinzu. Zuletzt wurden noch circa 140 Gramm feiner Streuzucker für den Dessertcharakter untergemischt und das Ganze in einen Sahnespender gefüllt, der dann für drei Stunden in den Kühlschrank kam. „Ich habe ihn nur jede halbe Stunde mal geschüttelt, damit alles locker und luftig blieb."

Roelofs serviert Schaum gerne als Zwischengang bei jedem seiner Dessert-Abende. „Er ist ein leichter, fruchtiger Neutralisierer", erklärt er. „Ein Gericht für ‚zwischendurch', das ich in diesen hohen Gläsern serviere, die ich auch für die Milchspeisen benutze." Auch für unser kleines Experiment machte er keine Ausnahme. „Als alles gekühlt genug war, habe ich den Schaum rausgedrückt, angerichtet und dann ein paar Fotos gemacht."

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Niemandem seiner zahlenden Gäste wurde tatsächlich Känguru- oder Koalamilch kredenzt, aber laut Roelofs waren seine Instagram-Follower „gelinde gesagt sehr amüsiert". Am wichtigsten war jedoch, wie die verschiedenen Schäume geschmeckt haben. „Nunja, nicht wirklich gut", sagt er.

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Oh.

„Der Koalaschaum war wohl mein Favorit, aber eher aus sentimentalen Gründen und nicht wegen dem Geschmack. Um ehrlich zu sein, die haben alle ziemlich gleich geschmeckt." Aber wie genau? „Ziemlich moschusartig, ein klein wenig verrückt und etwas metallisch." Mmmmh, moschusartig. „Die beste Beschreibung wäre wohl penetrant—auf jeden Fall nicht schmackhaft."

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Würde er also jemals noch einmal Koalamilch benutzen? „Ich denke, wenn ich noch einmal so eine Milch verwenden würde, dann nur mit Sahne, um den Geschmack abzuschwächen. Vielleicht auch mit Vanille. Irgendwas … Hauptsache, dieser starke, tierische Geschmack ist nicht mehr vorhanden."