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Spontan Techno über den Moment, in dem es passiert ist

Wir haben mit einem der Veranstalter von Spontan Techno über ihre Geschichte und darüber gesprochen, warum Wien keine OpenAir-Stadt ist.

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Warum denn nicht.

Aus der Kolumne #espassiert

Diese Kamagne ist in Zusammenarbeit mit Desperados entstanden.

Die Sonne steht noch am Himmel, du gehst einen Weg entlang, von dem du nicht wusstest, dass es ihn in Wien gibt und irgendwann denkst du kurz "Scheiße, wo bin ich?". Du trinkst aus deiner Bierdose, schaust, ob deine Freunde eh noch irgendwo in der Nähe sind und dann hörst du sie—diese Musik, die dein Ziel sein wird. Das Ankommen geht fließend in das Tanzen über. Kein Retro-Rave-Tanz, sondern ein sommerliches Wippen, gerade so viel, dass du dein Bier nicht aus der Dose schüttelst.

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Irgendeine Elfe (Symbolbezeichnung) schmeißt dir Glitzer ins Gesicht, du ärgerst dich kurz, aber die Musik holt dich wieder ab. Es ist Tag und keine Nacht könnte gerade besser sein. Das gerade beschriebene ist selten in Wien. Wien—entgegen eines kurzen Trends letzten Sommer—ist keine OpenAir-Stadt. Jeder Versuch ist für Veranstalter ein kleiner Pakt mit dem Teufel, ein Haufen Bürokratie für ein paar Stunden Großstadt-Gefühl. Die Leute hinter Spontan Techno nehmen all das in Kauf, um eine schöne Zeit zu haben—damit ihr eine schöne Zeit habt. Angefangen haben sie klein und unverhofft wurde ihr kleines Wienverbesserungs-Projekt zu einem wichtigen Bestandteil der Wiener Partykultur.

Wir haben mit Ali von Spontan Techno gesprochen und ihn gefrat, wann sie wussten, dass sie es geschafft hatten, was Wien für Veranstalter noch besser machen könnte, was die Zukunft bringt und wie lange es Spontan Techno noch geben wird.

Noisey: Wann habt ihr mit Spontan Techno begonnen?
Ali Sabahi: Eigentlich vor vier Jahren, Luki, damals noch Chris und ich haben alles gegeben, um eine OpenAir-Veranstaltung in diversen Parks beziehungsweise öffentlichen Räumen offiziell anzumelden. Daran sind wir aber über Jahre kläglich gescheitert. An Erfahrung hat es damals nicht gefehlt, wir hatten schon seit etlichen Jahren in der Eventbranche gearbeitet und waren uns auch allen Auflagen, die anfallen, wie zum Beispiel Müll und Sicherheitskonzept bewusst.

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Was hat sich dann an eurem Konzept geändert—wie habt ihr es letztendlich doch geschafft, mit eurem OpenAir durchzukommen?
Das damalige Konzept war dem heutigen relativ ähnlich. Allerdings wird man bei den Behörden nicht so ernst genommen, ohne zuvor etwas Eigenständiges aufweisen zu können. Was im Nachhinein vielleicht auch ein wenig verständlich ist. Wir haben es jeden Sommer probiert, bis wir letztes Jahr Roman kennengelernt haben. Er hatte im Endeffekt die Idee, diese Anmeldungsprozedur zu überspringen und die Veranstaltung in eine bereits registrierte Betriebsstätte zu verlegen. Im Endeffekt hat es sich schneller ergeben, als wir dachten und wir haben das Projekt gleich in Angriff genommen.

Es gab relativ schnell sehr viele Zusagen, oder?
Montagmorgen waren es schon ein paar tausend. Die Leute hatten genauso viel Bock darauf wie wir. Bis auf die paar Momente, wo wir vor Freude paralysiert vor dem PC saßen, waren wir aber innerlich doch ziemlich gestresst. Uns war sofort klar, dass wir 6.000 Personen kaum irgendwo unterbringen können.
Etliche Anrufe und Location-Besichtigungen folgten, doch es lohnte sich. Der VCBC sollte es werden. Feiern, mit einem schönen LineUp, zwei Floors, eine funktionierende Gastronomie und Sanitäranlagen waren möglich.

Was hat euch in Wien gefehlt? Sodass ihr euch dachtet “Fuck it, wir machen es selbst?”
In Wien gibt es so viele kreative Kollektive, wie zum Beispiel Tanz durch den Tag. Sie haben in den letzten Jahren unglaublich liebevolle und kreative Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Von Paraden bis hin zu einem mehrtägigen Festival—alles angemeldet, wohlgemerkt. Im Endeffekt sind sie dennoch an den horrenden Kosten gescheitert. Bei einer so großen Anzahl an Gästen muss man vieles beachten.

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Zum Beispiel?
Allein die Sicherheitsauflagen, Eventversicherung, Reinigung der Location, Locationmiete, Anmeldung und behördliche Gebühren wie Vergnügungssteuer oder AKM summieren sich auf einen fünfstelligen Betrag. Als Beispiel, Vergnügungssteuer berechnet sich ja normalerweise vom Eintritt. Obwohl wir keinen Eintritt verlangen, sind wir dennoch Vergnügungssteuerpflichtig und dieser Betrag berechnet sich dann aus der pro Quadratmeter genutzten Fläche. Das sind dann schon enorme Kosten, die hier zusammenkommen.

Leicht macht man es euch also nicht. Es verwundert nicht, dass die Anzahl der OpenAirs doch recht überschaubar bleibt.
Wien kommt hier den kreativen Köpfen, die den Menschen gute Musik und einen schönen Tag im Freien bescheren wollen, kaum entgegen. Deshalb gibt es nur mehr sehr wenige OpenAirs die mit Liebe gestaltet sind und wenn, dann sind diese geheim und für ein paar hundert Menschen konzipiert. Wir möchten einfach da ansetzen wo andere bereits aufgehört haben und weitermachen. Ohne die Hilfe der anderen Kollektive (wie z.B. Techno Sonntag, Sunthing, Hausgemacht oder Offene Luft) würde das aber nicht gehen. Man unterstützt sich gegenseitig beim Aufbau, Locationsuche oder bei dem Line-Up. Auch unsere Freunde helfen uns ständig bei den Ideen und Dekoaufbauten. Ohne sie würde das Ganze auch nicht funktionieren.

Was fehlt euch noch immer, dürft ihr aber nicht durchführen?
Eigentlich so unglaublich vieles. Wir haben Sponsoren ohne die wir die Veranstaltung nicht finanzieren könnten, dennoch haben wir so viele andere Ideen die wir umsetzen möchten, uns aber das Budget dafür einfach fehlt.

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Was wird euch vom ersten Spontan Techno für immer in Erinnerung bleiben?
Thormann. Spontan Techno war etwas Neues und wie bei allem Neuen gab es auch hier Leute die dem ganzen neugierig aber auch kritisch gegenüberstanden! Das Wort "Techno" im Titel polarisierte.

Gab es diesen Moment, in dem ihr gemerkt habt, dass ihr da jetzt was auf die Beine gestellt habt, was viele Menschen glücklich macht?
Es gibt schon immer den einen kurzen Moment in dem man die Leute ansieht, sie lächeln, sie tanzen, sie genießen und man merkt das ist gerade der perfekte Moment. – für uns alle- Auch das ehrliche Feedback der Leute und die schönen Fotos nach der Veranstaltung freuen uns immer sehr und machen uns ein bisschen stolz.

Was ist das Schönste am Veranstalten?
Wir lieben alle besonders den kreativen Part. Man kann seinen Gedanken freien Lauf lassen und absurde Ideen umsetzen. Außerdem finden wir es toll, so viele Menschen in Wien so kurzfristig mobilisieren zu können.

Was ist das Beschissenste daran?
Den Müll im Nachhinein aufzuräumen. Wir packen da jedes Mal selbst mit an und es ist schade wieviel Müll da entsteht. Beim letzten Fest sind wir mit unseren besten Freunden am Sonntag bis zur Hüfte in einem Meer vom Müllsäcken gestanden. Doch wir lernen dazu und es gibt schon einige Ideen für die nächste Umsetzung.

Versucht mal den schönsten Spontant-Techno-Moment mit drei Wörtern zu beschreiben, bitte.
Sonnenuntergang, Tanzen, genießen.

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In welchen Belangen wünscht ihr euch von der Stadt Wien mehr entgegenkommen?
Wie schon zuvor gesagt, es gibt so viele behördliche Auflagen, die es anderen unmöglich machen OpenAirs auf die Beine zu stellen. Schon gar nicht spontan. Es gibt so viele kreative Menschen und so viele Ideen die die Stadt noch lebenswerter machen würden. Es wäre schön von der Stadt Wien einen öffentlichen Raum zur Verfügung gestellt zu bekommen, wo alle Wiener Kollektive nicht kommerzielle OpenAirs veranstalten können, ohne Anrainer zu stören oder unglaublich viele Gebühren entrichten zu müssen. In anderen Städten klappt das auch, wieso nicht hier? Das Andere: Vergnügungssteuer, obwohl kein Eintritt. Warum?

Was braucht man, um so ein Projekt durchzuziehen?
Macht und Monetas, haha. Nein Scherz bei Seite—ab einer gewissen Größe braucht man auf jeden Fall ein Unternehmen an seiner Seite, das einen unterstützt. Also von Sponsorenakquise bis hin zu Eventversicherung. Ohne Versicherung oder Absicherung ist es eigentlich töricht ein so großes Projekt auf die Beine zu stellen. Spontan Techno ist im Grunde ein Nullsummenspiel, alle Einnahmen werden in das Projekt reininvestiert, um bei den OpenAirs weiterhin Free bleiben zu können und im gleichen Atemzug zu wachsen.

Was unterscheidet euch von allen anderen Open-Air-Veranstaltungen?
Schwierig zu sagen. Ich denke jedes Kollektiv hat einen eigenen Flair. Es kommt überhaupt nicht auf die Größe der OpenAirs an, sondern ob man den Leuten diesen einen Moment wo einem alles perfekt vorkommt, schenken kann. Einige schaffen das, einige nicht. Ich schätze die Gäste spüren es schon im Vorfeld ob ein Projekt mit Herz aufgebaut ist oder nicht. Mittlerweile arbeiten wir ja mit vielen anderen Kollektiven zusammen und stimmen uns auch ab wer wann veranstalten möchte, damit wir keine Termine überkreuzen.

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Was habt ihr für die Zukunft geplant?
Überraschen lassen—darum geht es doch!

Zum Abschluss: Wie lange wird es Spontan Techno geben und warum wird man sich noch lange an euch erinnern?
So lange es uns Spaß macht. Wenn der Spaß daran verloren geht und man nur noch veranstaltet, um zu veranstalten, dann hat es keinen Sinn mehr. Im Moment strömt die Energie in die richtige Richtung und wir sind motiviert.

Am Freitag könnt ihr das nächste Mal mit Spontan Techno feiern. Hier geht´s zum Event.

Spontan lieben wir es also alle. Wenn’s davon noch bisschen mehr sein darf, am besten gleich ab auf www.espassiert.at und ein spontanes Experience-Wochenende gewinnen.

Isabella auf Twitter: @isaykah

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