Am Samstag findet im Zürcher Dynamo zum ersten Mal das Bergmal Festival statt. 13 Bands, drei Bühnen, Visuals, Klanginstallationen und jede Menge Sound. Der Untertitel des Events: “Experimental- & Post-Rock-Festival Zürich”. Post-Rock?
Genres gibt es in der Musik wie Eissorten in der Gelateria und Glatzen letzten Samstag in der Ostschweiz: Zu viele, um den Überblick zu behalten. Und wem Bezeichnungen wie Acid Witch House oder Brutal Speedcore noch nicht abgedreht oder spezifisch genug sind, der hängt einfach noch ein Wörtchen mehr dran.
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Post-Rock ist da anders. Post-Rock wirkt dagegen geradezu gelassen einfach. Weil damit ja eigentlich wortwörtlich das bezeichnet wird, was auf die traditionelle Rockmusik folgt. Oder daneben besteht, als Gegensatz, als Alternative. Gitarrenmusik, aber eben anders. Mehr als gewohnter Rock. Oder grad weniger.
Du merkst: Die Sache ist nicht ganz einfach. Deshalb haben wir von Noisey einfach mal die Leute gefragt, die es wissen müssen. Nein, nicht unsere Mamas, auch wenn die vieles wissen, sondern vier der Bands, die euch am Samstag auf ausufernde Klangtrips mitnehmen werden. Und zur Einstimmung gleich noch Anschauungsmaterial dazugepackt.
FLIEDER
Noisey: Das Bergmal versteht sich explizit als Post-Rock-Festival. Was bedeutet dieser Begriff für euch?
Thomas: Post-Rock ist für mich meistens ganz kondensiert auf den Sound. Kein Text, der von den Instrumenten ablenkt. Die Musik hat eine eigene Bedeutung. Sie steht für sich alleine, ist nicht einfach Hintergrund.
Inwiefern ist das, was ihr macht, Post-Rock?
Meine Einflüsse liegen dort. Honey For Petzi aus Lausanne zum Beispiel. Das waren die Helden meiner Jugend. Ein dynamischer Sound, schon auch mal richtige Gitarrenwände, aber dann auch wieder zerbrechlich.
Und was unterscheidet euch von anderen Post-Rock-Bands?
Wir haben sicher auch andere Einflüsse. Zum Beispiel gibt es bei uns auch Elemente, die vielleicht eher an Trip-Hop oder Ambient erinnern.
Post-Rock entstand als Antwort auf traditionelle Rockmusik. Was folgt auf Post-Rock? Post-Post-Rock?
Das ist eine schwierige Frage. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich das Genre so entwickelt, dass sich der Sound noch mehr mit anderen Stilen vermischt. Arms & Sleepers zum Beispiel, die ja auch am Samstag spielen, erinnern mich rhythmisch stark an Hip-Hop-Tracks. Oder Bonobo, an die man beim Begriff Post-Rock wahrscheinlich nicht zuerst denken würde, vom Feeling her aber schon verwandt sind.
GLASTON
Was bedeutet der Begriff Post-Rock für euch?
Glaston: Für uns bezeichnet Post-Rock Musik, die herkömmliche Strukturen wie Strophe, Refrain und Bridge verlässt und sich zeitlich nicht einschränkt. Der Gesang spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, dafür kommen andere Instrumente wie Streicher oder Samples zum Einsatz. Post-Rock ist sanft, mutig, stark. Wir nutzen diesen Spielraum, um selbstvergessen in klangliche Welten einzutauchen. Ohne Grenzen.
Würdet ihr eure Musik als Post-Rock bezeichnen?
Post-Rock ist ein relativ schwammiger Begriff. Da wir eine rein instrumentelle Band sind und Songs in der Länge von bis zu 10 Minuten spielen, ordnen wir uns selbst dem vielschichtigen Sammelbegriff des Post-Rocks zu. Wenn jedoch Leute fragen, was für Musik wir machen, sagen wir meistens “experimentelle Filmmusik”. Das trifft die Vorstellung dann wohl besser.
Was sind das eigentlich für Leute, die Post-Rock hören?
Sie müssen sicher zuhören wollen, offen sein. Unsere Musik ist für Musikliebhaber, die sich Zeit nehmen und sich dann in ihrer Fantasie verlieren wollen.
Wie steht es gerade um die Post-Rock-Szene?
Post-Rock ist beliebter als auch schon. Vermutlich gerade wegen der Hektik des Alltags. Die träumerischen und langsamen Klänge bieten da Raum zum Abschalten und Eintauchen. Da das aber überhaupt nicht radiokompatibel ist, wird Post-Rock wohl immer ein Nischen-Sound bleiben.
LEECH
Was bedeutet Post-Rock für euch?
Mäse Meyer: Post-Rock wird heute sehr weit definiert. Wir befinden uns irgendwo mittendrin oder eben auch nicht. Vielleicht ist Post-Rock eine Mischung aus treibenden, sphärischen und progressiv rockigen Elementen. Mit oder ohne Gesang. Alles ist möglich und mehr und weniger ist möglich, um sich musikalisch zu verwirklichen. Es geht darum, jeden einzelnen auf seine ganz eigene Reise mitzunehmen.
Da ihr auf dem Billing steht: Inwiefern ist das, was ihr macht, Post-Rock?
Erstmal freuen wir uns sehr, am Samstag spielen zu dürfen. Man wird als Band irgendwann einem Genre zugeordnet, ob man will oder nicht. Wir überlassen jedem einzelnen die Entscheidung, ob er Leech als Post-Rock wahrnimmt. The gates are open.
Und was unterscheidet euch von anderen Post-Rock-Bands?
Vielleicht die Sounds, Harmonien und Melodien, die wir in unser Klanggebilde einfliessen lassen. Unser Ziel ist es, musikalisch eine treibende Spannung aufzubauen und dadurch Emotionen zu entwickeln. Unsere Shows sind eine gemeinsame Reise.
SHRIDUNA
Was bedeutet der Begriff Post-Rock für euch?
Mäts Hauser: Post-Rock ist für uns nicht viel mehr als zwei Wörter, die versuchen, etwas zu beschreiben und zu benennen. Wir wollen uns nicht damit herumschlagen, wie wir unserer Musik ein passendes Genre verordnen. Wir möchten einfach Musik machen. Und vielleicht beschreibt gerade das Post-Rock am besten.
Inwiefern ist das, was ihr macht, Post-Rock?
Früher haben wir uns einen Spass daraus gemacht, Genres mit einer gewissen Ironie zu kombinieren, um unsere Musik zu benennen. Post-Rock kam immer wieder auf, weil darunter eben Bands zusammengefasst werden, die im Grundsatz eine ähnliche Idee haben wie wir. Da wir nie wissen, wohin es mit dem nächsten Album geht, passt das ganz gut. Wir halten nichts von Schubladen.
Und was unterscheidet euch von anderen Post-Rock-Bands?
Vielleicht, dass wir uns selber eigentlich gar nicht immer als reine Post-Rock-Band sehen. Wir vier kommen aus dem Jazz, aus der Klassik, aus dem Pop und bringen vereinzelt metallische Hintergründe mit. Daraus wird dan Shriduna und nicht dadurch, dass wir uns an irgendwelche Regeln halten.
Post-Rock entstand als Antwort auf traditionelle Rockmusik. Was folgt auf Post-Rock? Post-Post-Rock?
Vielleicht holen sie ja den Jazz mit ins Boot. Den Post-Metal gibts ja schon und die Postmoderne ist in der Kunst auch schon heimisch geworden. Ich weiss es echt nicht. Vielleicht bleibt’s beim Post-Rock, wie die Klassik bei der Klassik geblieben ist.
Alles klar soweit? Noch nicht ganz? Dann würden wir vorschlagen, du bewegst deinen Hintern samt offener Ohren am Samstag, 22. Oktober, ins Zürcher Dynamo ans Bergmal Festival und lässt dich vom abwechslungsreichen Line-up in die weite Traumwelt des Post-Rocks entführen. Denn auch wenn wir das nicht gerne zugeben: Über Sound zu lesen, wird den Sound live hören wohl nie ersetzen können.
Das Bergmal Festival findet erstmals am 22. Oktober ab 17:15 Uhr im Jugendkulturhaus Dynamo in Zürich statt und Noisey ist sicher auch mit von der Partie. Line-up: 65daysofstatic, Leech, EF, Besides, Jardin de la Croix, Arms And Sleepers u.v.m. Tickets gibt’s hier.