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Nationalratswahl 2013

So klein und schon Partei: Piraten

In unserem heutigen Interview mit Österreichs Kleinparteien sind die Piraten dran. Juliana Okropiridse erklärt uns, wie sie sich als Frau im Nerd-Haufen fühlt, was sie über Syrien denkt und warum sie am liebsten Edward Snowden als Spitzenkandidat...

Foto: Black Mirror (via AdWeek)

Har, har, har, ihr Landratten! Wie ihr inzwischen wisst, bringen wir in unserem großen Special zur Nationalratswahl 2013 seit drei Tagen Interviews mit Österreichs Kleinparteien und befragen ihre jungen Vertreter zu Themen, die uns unter den Nägeln brennen: Wie die Situation in Syrien, Europas Einstellung zu Privatsphäre und wie lange sie schon am Stück Party gemacht haben.

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Heute beginnen wir mal mit einem Wahlversprechen unsererseits: Wenn ihr auch nach dem 29. September brav VICE lest, verschonen wir euch in Zukunft mit weiteren Wortspielen zu den Piraten. Also nichts mehr mit "Halbmast", kein "über die Planke gehen" und generell Schluss mit Hochseemetaphern. Ein Programm, dem man vertrauen kann.

Böse Zungen könnten jetzt einwenden, dass nach dem 29. September auch gar kein Grund für Piraten-Wortspiele besteht, weil die Piratenpartei sowieso nicht in den Nationalrat kommt. Und ohne hier eine selbsterfüllende Prophezeiung lostreten zu wollen, trauen wir uns zu sagen: Zumindest werden die Piraten danach nicht in der Regierung sitzen. Vor allem deshalb, weil die Piraten von sich selbst behaupten, mit keiner anderen Partei koalieren zu können.

Foto: VICE Media Alps

Dass in Österreich viele bereits die Existenz der Piraten vergessen haben, könnte sich beim Blick nach Deutschland als Segen erweisen: Hier hat man aus den Piratenreihen immerhin den Sager gehört, eine Frau solle "richtig hart durchgefickt werden", damit sie sich entspanne. Solche Dinge merkt sich der Wähler.

Bei uns stehen die Piraten zum Glück aber (wenn überhaupt) am Ehesten noch für Informationsfreiheit, aber Datenschutz sowie Anonymous-Nähe und, Achtung: keine Zukunft ohne sie.

Wir haben mit der Silbenkanone und Phonem-Schnellschleuder Juliana Okropiridse gesprochen und sie gefragt, ob sie sich als Frau in der Partei eigentlich wohlfühlt und aus welchen Gründen andere Parteien zu feige sind, mit den Piraten zu koalieren.

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Bestehst du auf eine Autorisierung des Interviews?
Ja.

Erkläre uns in einem Tweet, wofür eure Partei steht.
Keine Zukunft ohne uns, denn wir machen nachhaltige Politik, bei der jede und jeder mitbestimmen kann.

Wieso sollte ich mich, wieso sollte sich die Jugend für Politik interessieren?
Es ist leider so, dass sich viele junge Leute nicht für Politik interessieren. Eben aus weil sie glauben, nicht direkt betroffen zu sein. Aber wir denken, dass gerade für junge Leute Politisches Interesse wichtig ist, weil es unsere Zukunft ist, die jetzt entschieden wird und wir gerade deswegen auch mitbestimmen sollten. Wichtig ist, sich zu informieren, ob man sich dann auch engagieren will, ist natürlich jedem selbst überlassen.

Bei den deutschen Piraten hat es einige Sexismusvorwürfe gegeben und auch in Österreich ist der Frauenanteil der Piraten von den Parteien, die Bundesweit antreten, der niedrigste. Wie ist es für dich, bei den Piraten zu sein?
Auf der Liste haben wir unter den ersten neun Plätzen drei Frauen. Es ist zwar zu wenig, aber immerhin ein Drittel. Es lässt sich nicht bestreiten, dass wir nicht genug Frauen in der Partei haben. Das liegt zum einen daran, dass allgemein weniger Frauen politisch aktiv sind, andererseits, dass wir ursprünglich aus einem sehr techniklastigen Bereich kommen, der auch noch eher von Männern dominiert wird.

Fühlst du dich wohl zwischen den Männern oder ist das komisch?
Es ist überhaupt nicht komisch. Ich habe noch nie eine sexistische, schlechte Erfahrung machen müssen.

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Hat Glaube Platz in moderner Politik?
Ja. Aber die Kirche muss vom Staat getrennt werden. Es ist mir klar, dass für viele Menschen Religion ein wichtiger Teil des Lebens ist, deswegen soll es auch in die Politik einfließen können.

Ok, das ist jetzt vielleicht eine etwas aufgelegte Frage. Aber spielst du Computerspiele?
Ich spiele keine Computerspiele mehr seit ich 16 bin oder so. Damals habe ich Civilization gespielt, da konnte man eine Gesellschaft aufbauen, ich habe aber immer ohne Feinde gespielt, das konnte man vorher ausschalten. Nur mein Reich aufgebaut, ohne mich mit jemandem anzulegen.

Die Anfänge in der österreichischen Politik?
Naja, ich wollte nie mit fremden Leuten kämpfen, also habe ich immer ohne Feind gespielt. Das lässt sich mit Österreich also nicht direkt vergleichen.

Hast du schon einmal gekifft?
Ja.

Bekommt man so etwas in seinem Umfeld mit?
Es ist eigentlich gerade in unserem Alter gang und gäbe und deswegen verstehe ich nicht, weshalb es nicht legalisiert wird.

Foto: VICE Media Alps

Wie stehst du zu den Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen?
Schwierig. Das ist ein Thema, bei dem man sich sehr gut auskennen muss, und das tue ich zugegebenermaßen nicht. Es ist ganz schlimm, dass solche Dinge überhaupt noch passieren können und ich finde auch, dass die EU nicht genug getan hat, auch zu dem Zeitpunkt, als eine Entscheidung vielleicht einfacher gewesen wäre als jetzt.

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Mit welcher Partei würdest du eine Koalition eingehen und mit welcher nie?
Das ist keine Frage, die wir Piraten uns stellen können, weil ich glaube, dass alle Parteien zu feige wären, mit uns zu koalieren, weil bei uns sehr strenge Regeln herrschen, zum Beispiel was Transparenz und Basisdemokratie betrifft. Es ist also schwierig zu sagen, mit wem wir eine Koalition eingehen wollen würden, weil die anderen Parteien das sowieso nicht tun werden.

Aber wenn du dir Koalitionspartner wünschen könntest?
Ich glaube, dass wir mit den Grünen viele Gemeinsamkeiten haben, auch wenn man sich ansieht, wie die Grünen und wir angefangen haben. Ich denke auch, dass wir einige gemeinsame Punkte mit den Neos haben. Obwohl sie für uns in einigen Punkten viel zu feige und zurückhaltend sind.

Welche Parteien würdest du ausschließen?
FPÖ ist für mich eindeutig ausgeschlossen. Auch das Team Stronach und das BZÖ. Jedoch gibt es sicher bei jeder Partei Programmpunkte, bei denen wir uns vorstellen könnten, dazu mit dieser Partei gemeinsam etwas auszuarbeiten. Aber als Ganzes gesehen, wird es bestimmt sehr schwer für uns mit einer anderen Partei zusammenzuarbeiten.

Ist Sebastian Kurz ein Vorbild für Jungpolitiker?
Laut dem Falter schon. Für mich nicht wirklich.

Redest du gerne über deine Arbeit? Erzählt man in Österreich gerne, dass man Politik macht?
Nein. Wenn mich jemand danach fragt, dann rede ich schon gerne darüber, aber es ist nichts, das ich an die große Glocke hänge. Man wird halt oft mit einem Lächeln abgestraft und meistens nicht ernst genommen. Die Leute, mit denen ich in der Schule war, finden das zum Teil sehr gut, andere haben es wahrscheinlich noch gar nicht mitbekommen.

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Gibt es Dinge, über die du dir erst eine Meinung gebildet hast, seit du Politiker bist? Themen, die dich davor nicht beschäftigt hätten?
Ja, auf jeden Fall. Und zwar habe ich mich davor mit dem Thema Feminismus nie ordentlich auseinandergesetzt. Ich hätte das wahrscheinlich auch nie getan, wenn ich nicht in die Politik gegangen wäre.

Hättest du Edward Snowden aufgenommen, wenn er vor deiner Tür gestanden wäre?
Natürlich. Keine Frage.

Und die Flüchtlinge aus dem Servitenkloster?
Die natürlich auch. Ich war auch ein paar Mal bei ihnen und habe sie besucht. Es wäre in meiner Wohnung zwar eng geworden, aber die hätten da alle schon reingepasst.

Ist unsere Idee von Privatsphäre in Europa veraltet?
Die Gesetze dazu sind sehr veraltet. Einige haben mittlerweile realisiert, dass Privatsphäre heute nicht mehr das ist, ob dich jemand beim Duschen beobachtet, oder ob jemand deine Briefe liest, sondern dass sich durch das Internet da sehr viel verändert hat. Und das ist vielen noch nicht bewusst.

Auf deinem Facebook-Profil gibt es einige private Fotos, die sind aber für jeden zu sehen …
Ja, das Profil kann jeder sehen, aber dafür ist Facebook auch da. Ich stelle nichts online, das nicht jeder sehen dürfte. Ich habe, jetzt wo ich in der Öffentlichkeit stehe, natürlich auch ein paar Fotos gelöscht.

Was war das längste, das du jemals fortgegangen bist?
Die Erinnerungen daran sind ziemlich verschwommen, also keine Ahnung. Aber die ganze Nacht auf jeden Fall.

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Welche Eigenschaft macht dich bei anderen wahnsinnig?
Wenn man sehr langsam redet. Das macht mich wahnsinnig. Ich bin ein Mensch der sehr schnell redet, das nervt auch viele und ich versuche mich einzubremsen, aber wenn jemand ganz langsam spricht macht mich das extrem wütend.

Welche historische Persönlichkeit bewunderst du am meisten?
Maria Montessori. Sie hat ein Bildungssystem entworfen, das für die damalige Zeit sehr innovativ war. Es ist in meinen Augen eines der besten Systeme, das bis heute entwickelt wurde.

Welche historische Persönlichkeit verachtest du am meisten?
Die historische Persönlichkeit ist offensichtlich Hitler. Aber wenn die Person noch leben darf, dann ist es Heinz-Christian Strache. Den verachte ich wirklich. Für die Politik die er macht fehlen mir einfach die Worte.

Was ist dein Lieblingsschimpfwort?
Ich habe sehr viel mit Kindern zu tun, also versuche ich immer Schimpfworte zu vermeiden und sage dann immer „Mist“.

Welchen Beruf würdest du nie machen wollen?
Fleischer.

Bist du Vegetarierin?
Ja. Lacto-Vegetarierin, also ich esse Eier schon, aber nicht viele. Mittlerweile ekelt es mich ein bisschen davor. Ich glaube auch, dass sich in Zukunft viel mehr Leute vegetarisch ernähren werden.

Also wärst du für einen Veggie-Day?
Auf jeden Fall. Der kann keinem schaden. Oder sogar jeden Monat eine Veggie-Week.

Wirst du Passagen aus diesem Interview streichen, auch wenn du sie tatsächlich so gesagt hast?
Das werden wir dann sehen. Aber nein, ich glaube nicht. Ich bin mir nicht bewusst, irgendwelche Dinge gesagt zu haben, die falsch waren. Aber manchmal sagt man Dinge, die dann falsch interpretiert werden könnten. Die muss man dann ein bisschen umschreiben.

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So klein und schon Partei: Der Wandel