Drogen sind schlecht und wir raten von ihrem Konsum ausdrücklich ab. Dennoch sind sie in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet. Zur Clubkultur gehören sie wie Siegfried zu Roy. Bei allem Hedonismus und Eskapismus solltest du jedoch immer ein Auge auf deine Mitraver haben, um das Schlimmste zu verhindern. Wenn es jemanden schlecht geht, sprich ihn ruhig an oder informier die Mitarbeiter. Es gibt etliche Regeln für das Safer Raven, die aus langjährigen Erfahrungen von Clubgänger resultieren. Und Erfahrung ist einfach nur ein anderer Name für Fehler. Trotzdem wirken die gleichen Substanzen bei vielen Menschen unterschiedlich. Wir haben daher für dich die gängigsten Erscheinungsformen der viel gescholtenen Druffis geordnet und kommentiert.
Die Plaudertasche
Ihre Begleiter sind Emma oder Kola. Sie hat ihre nüchtern noch bestehenden Schamgrenzen gerade überwunden. Von diesen Grenzen hängt allerdings jetzt der Grad der Nervigkeit ab. Ist er oder sie ansonsten ein ruhiger Zeitgenosse, wirst du den plötzlichen Redeschwall als angenehm empfinden. Zusammen mit Emma wird er dir deine Liebe zeigen und dir Sachen sagen, die er oder sie ansonsten nie sagen würde—was nicht unbedingt heißt, dass die Gefühle nicht ehrlich und echt sind. Ist die Plaudertasche jedoch ohnehin schon ein aufgeschlossenes Wesen, wird sie dir tierisch auf den Sack gehen. Sie wird dir Sachen doppelt und dreifach erzählen und dir so oft seine Liebe gestehen, dass deine Sympathie für sie in Ansätze von Verachtung umschlägt. Besonders nervig wird sie, wenn sie mit Kola unterwegs ist. Ihr Ego wird noch größer, sie wird sexuell stumpfer. Wenn ihre Freundin dich nach dem Namen des grad laufenden Tracks fragt und du ihr eine Antwort gibst, stellt die Plaudertasche sofort ihren Hahnenkamm auf: „Was redest du mit meiner Freundin Oida?“ Während du ihr die Trivialität der Situation vermittelst, ist sie schon längst woanders, nimmt dich unangenehm feste an deinem Hals in den Arm und sagt: „Wo sind denn hier die Bitches?“
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Der Aggressive
Er wirkt zunächst so, als sei er auf Love. Du wirst von ihm umarmt und gedrückt, doch dann passiert es: Er beißt dir in den Hals. Du schiebst ihn weg und bis schockiert. Mehr als ein langgezogenes „Sorryyyyy“ kommt nicht von ihm. Ohne weitere Erklärungen zieht er ab. Die herumstehenden Raver sind geschockt und aus ihrer heilen Welt gerissen. Sie schlagen die Hände vor dem Gesicht zusammen. Wenige Wochen später triffst du ihn an derselben Stelle wieder. Du versteckst dich hinter deinen Freunden. Er sieht dich zum Glück nicht. Dafür geht er zu den DJs und bestellt einen Wodka Red Bull. Nach dem freundlichen Hinweis, dass die Bar woanders ist, dreht er sich zum Publikum, streckt beide Hände aus und zeigt fünf Minuten lang beide Mittelfinger.
Der Traurige
Ihm ging es schon vor dem Rave nicht gut. Entweder weil seine Beziehung vor Kurzem zerbrochen ist, sein Studium nicht läuft oder sein Job scheiße ist. Oder alles zusammen. Trotzdem konnte Emma ihn überreden, mitzukommen und dem Eskapismus zu fröhnen. Das klappt auch zunächst überraschend gut, bis die Euphorie nachlässt und die Verdrängung gegen die Realität verliert. Im schlimmsten Fall läuft ein Track, der das Ganze triggert. „So weit wie noch nie“ von Jürgen Pape zum Beispiel. Er muss sich seinem psychischen Zustand hingeben, was mit einem leeren Serotonin-Haushalt noch schmerzvoller ist. Du empfindest Mitleid für ihn.
Der First-Time-Druffi („Ich nehm gleich die Ganze!“)
Meistens ist dieser noch jung und neu in Wien. Die Stadt ist aufregend und ganz anders als Gramat-Neusiedl. Natürlich geht es am Wochenende in einen der angesagten Clubs. Den First-Time-Druffi erkennst du nicht nur an seinem Alter, sondern an den zu großen Pupillen und dem staunenden Blick. Und daran, dass er oder sie wahrscheinlich umkippen werden, weil er entweder direkt eine ganze Molly konsumiert hat oder nach einer halben Stunde der naiv-jugendlichen Überzeugung war, dass er nichts merkt—und noch mal nachlegt. Hin und wieder endet der First-Time-Druffi kotzend auf der Toilette oder, worst case, im Krankenwagen.
Der Profi-Raver
Er geht schon lange raven und hat immer einen Blick für seine Mitraver. Ihm merkt man den Konsum verschiedenster Substanzen nicht an. Seine Grenzen hat er lange ausgelotet und ist auf alle Eventualitäten vorbereitet. Wahrscheinlich hat er auch den Raver-Shake dabei. Wenn einer der unerfahrenen Jedis Kreislauf hat, ist er gerne zur Stelle und weiß, was zu tun ist. Irgendwann am nächsten Mittag schließt er zusammen mit dem Personal den Club ab.
Der Popeye (Gesichtsspasmus)
Dieser Typus ist eine Erscheinungsform des Überdosierten. Er kann dir mitunter die Stimmung versauen, während du neben ihm am Tanzen bist—denn du weißt nicht, ob er dich angrinst, wütend ist oder Hilfe braucht. Wenn du aufgrund des verwirrenden Anblicks in eine andere Ecke gehst, kommt er mit. Dann weißt du immerhin, dass es ihm gut geht und er dich wahrscheinlich angegrinst hat.
Der Auszieher alias der Geile
Dieser Typus wird dir zu Beginn des Abends nicht auffallen, später dann umso mehr. Meistens fängt er an, sich selbst zu streicheln und sein Shirt auszuziehen. Am Ende steht er in Boxer-Shorts oder noch weniger da und schreit: „Ich bin fickerich!!!“ Oder er holt auf der Tanzfläche unvermittelt sein Geschlechtsteil raus. In manchen Clubs gehört dieser Typus allerdings fest zum Inventar. Aber Achtung, mitunter ist die Grenze zum aggressiven Druffi fließend!
Der Verwirrte
Er hatte offensichtlich zu viel von allem. Beim Tanzen kommt er zu dir und zeigt auf den Lautsprecher neben dem DJ-Pult und fragt dich: „Geht es da runter?“ Du erklärst ihm dann, dass das eine Box ist und keine Treppe. Aufgrund seiner offenkundigen Irritation willst du ihn zu seinem eigentlichen Ziel bringen und fragst, wo er denn hin will und ob er Hilfe braucht. Er schaut dich an und sagt am Sonntagmorgen: „Ich muss zum obersten Landesgericht, da kannst du mir nicht helfen.“ Du zündest dir eine Zigarette an und beobachtest ihn, wie er im Schneckentempo die Treppe hinabsteigt. Eine Hand am Geländer, eine an der Wand, gebückte Haltung. Der Verwirrte ist meistens desorientiert. Mitunter liegt er nach einer Portion Special K in Embryonal-Stellung auf dem Boden, mit dem Rücken zur Wand und macht alle paar Minuten Katzenbewegungen. Wenn man ihn fragt, ob alles ok ist, antwortet er:„Lass mich in Ruhe, du siehst doch, dass ich tanze.“
Dieser Artikel ist zuerst auf THUMP erschienen.
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