Foto: Elvert Barnes | Flickr | CC BY 2.0
Ich wollte etwas mehr über die amerikanische Polizei erfahren und habe mich deshalb mit meinem VICE-Kollegen Matt Taylor aus New York in Verbindung gesetzt, damit er mir etwas über die viel geschmähten Männer und Frauen erzählen konnte, die dort für Recht und Ordnung sorgen.
Foto: Metropolitan Transportation Authority of the State of New York | Flickr | CC BY 2.0
Matt Taylor: Im Bezug darauf, wie man mit ihnen interagiert oder wie sie sich auf Amerikas Straßen präsentieren, bestehen zwischen der State Police, den örtlichen Polizisten und den Sheriffs keine wirklichen Unterschiede. Sie alle tragen eine Waffe und eine quasi traditionelle Uniform. Die Federal Police ist nicht so einfach auszumachen. Auf dieser Ebene gibt es mehrere Einheiten, wie zum Beispiel US Marshals oder das FBI—an sich aber keine „Federal Cops".OK. Man hat irgendwie den Eindruck, als ob jeder amerikanische Polizist bewaffnet wäre. Trifft das zu?
Ja, quasi jeder Polizist scheint hier eine Waffe zu tragen. Im Falle von Polizeichefs oder Beamten in höheren Ebenen sind die Waffe und der Holster jedoch nicht mehr wirklich sichtbar. Hier ein Beispiel: Bill Bratton, der Commissioner der New Yorker Polizei (er ist sogar noch eine Stufe über dem Polizeichef angesiedelt), ist nicht bewaffnet—oder zumindest nicht so, dass man es sehen könnte. Seine Rolle ist auch eher im politischen Spektrum angesiedelt.
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Da bestehen zwar schon Unterschiede, aber die sind nicht so enorm, wie man vielleicht annimmt. Es ist hier garantiert nicht so wie bei normalen Arbeitern und dem Vorstand der meisten amerikanischen Unternehmen. Selbst ganz normale Streifenpolizisten verdienen hier in einigen Gegenden echt gutes Geld.Ich finde, dass die amerikanische Polizei schnell trotzig reagiert, wenn sie kritisiert wird. Hat das etwas mit dem in der US-Gesellschaft vorherrschenden Patriotismus zu tun? Sprich: Den Leuten, die diese großartige Nation beschützen, sollte auch mehr Respekt entgegengebracht werden?
Ich glaube schon. Du spielst hier wohl darauf an, dass wir schon sehr auf unsere Waffen und auf die Typen stehen, die diese Waffen mit sich führen. Diese John-Wayne-Mentalität hat seine Wurzeln in der Verehrung unserer Streitkräfte (auch wenn sie Zivilisten und sich selbst schreckliche Dinge antun) und unserer Polizisten. Allgemein kann man schon sagen, dass weiße Amerikaner die Polizei lieben und respektieren und sich in deren Anwesenheit sicher fühlen. Den Schwarzen, den Latinos und den anderen Minderheiten wurde durch unsere Kultur jedoch ein gewisses Misstrauen angewöhnt.
In Deutschland bringt man der Polizei eher weniger Respekt entgegen, was bei der Eröffnung der neuen EZB-Zentrale in Frankfurt eindrucksvoll bewiesen wurde:
Da ist was dran. Diese Vorstellung steht wohl auch im generellen Zusammenhang mit Schießereien in Amerika, oder? Hier erschießen sich jährlich viele Menschen und bei vielen Zwischenfällen ist die Polizei gar nicht involviert.
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Foto: Wikimedia Commons | Public Domain
Der Job wird eigentlich immer sicherer. Laut den FBI-Statistiken sind 2013 27 Polizisten bei der Verbrechensbekämpfung gestorben. So niedrig war diese Zahl seit 50 Jahren nicht mehr. Wahrscheinlich werden es 2014 wieder mehr gewesen sein, aber eine Tatsache wird trotzdem Bestand haben: Polizisten werden nur selten von Zivilisten umgebracht, aber andersrum ist quasi das Gegenteil der Fall—2013 wurden zum Beispiel 461 Zivilpersonen von der Polizei getötet.
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Rassismus hat in der amerikanischen Kultur und Geschichte natürlich eine gewisse Rolle gespielt und ist auch heute noch täglich zu beobachten. Aufgrund der damaligen systematischen Diskriminierung sind auch heute noch überwiegend Schwarze von Armut betroffen und leben in Städten, wo die Polizei denkt, mit allem durchzukommen. Selbst wenn ein Polizist nicht voreingenommen ist, hat er vielleicht trotzdem mehr mit Schwarzen oder Latinos zu tun. Dazu kommt noch, dass bei den US-Bürgern durch die Medien eine gewisse Angst oder zumindest ein gewisses Misstrauen gegenüber Schwarzen geschürt wird—das gibt es so nirgendwo anders. Wenn vorwiegend weiße Polizisten in vorwiegend schwarzen Gemeinden wie Ferguson oder North Charleston angestellt sind, dann ist Ärger natürlich so gut wie vorprogrammiert.
Foto: Chris Yarzab | Flickr | CC BY 2.0
Ich glaube, das hat etwas mit Kosteneinsparungen zu tun: Genau wie in der EU wurde man auch hier in den USA nach der Finanzkrise angewiesen, Kosten zu senken. In diesem Zug haben viele kommunale und bundesstaatliche Verwaltungen damit angefangen, freiwillige Helfer einzustellen. Aber auch hier kommt wieder unsere Waffenkultur ins Spiel. Es ist quasi Teil unserer Geschichte, dass sich jeder bewaffnen und Gesetzeshüter spielen darf.
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Prügel kommt ebenfalls ziemlich häufig vor. Aber dann gibt es natürlich auch noch Korruption und hier in den USA haben wir eine Bestimmung namens „Civil Asset Forfeiture". Die erlaubt es Polizisten, Besitztümer von Kriminellen zu beschlagnahmen—in einigen Fällen haben sie sich dann auch schon mal Bargeld oder Drogen eingesteckt.
Foto: André Gustavo Stumpf | Flickr | CC BY 2.0
Ja, das kam schon vor, aber quasi immer im Zuge einer Verkehrskontrolle. Ich lebe jetzt allerdings schon seit vier Jahren in New York und hatte in dieser Zeit eigentlich kein einziges Mal mit einem Polizisten zu tun, weil die in gentrifizierten Stadtteilen nicht wirklich oft Streife fahren. Sie sind eher in Gegenden unterwegs, wo die Verbrechensrate höher ist und es öfters zu polizeilichen Übergriffen kommt.Ein Freund von mir wurde jedoch vor ein oder zwei Jahren von einem Polizisten in Zivil verhaftet, obwohl er in der Medienbranche arbeitet und auch keine wirklich schlimme Vorgeschichte hat. Wahrscheinlich war der Grund einfach nur seine dunkle Hautfarbe und die Beamten nahmen an, dass er in einen Drogen-Deal involviert war.Na das klingt ja super. Vielen Dank für das Gespräch, Matt.