Exklusiver EP-Stream: Egopusher vollführen auf ihrem Debüt die Klang-Evolution durch Reduktion



Ein gefeierter Violinist und ein angesagter Drummer machen gemeinsam Sound. Und dieser Sound haut einen um. Er ist tanzbar—irgendwie. Und eingängig—irgendwie. Und doch vertrackt, abgedreht, experimentell, eigensinnig. Zu eigensinnig, als dass man diese Musik als Pop bezeichnen könnte. Wenn die Bässe dröhnen, kommt Club-Stimmung auf. Plötzlich aber klingt die Geige wieder warm, weint verletzt, ohne Effekte, nackt.

Ich fackel nicht lange und rufe bei Egopusher, so der Name der avantgardistischen Klangmacher, an. Wenn jemand wissen muss, welchen Stil das Duo spielt, dann ja wohl sie selber. „Stellst du die schwierigsten Fragen immer am Anfang?“, erwidert Tobias Preisig in Berlin, am anderen Ende des Apparats, wo er seit einer Weile lebt. Er bespricht die Genre-Sache mit seinem Bühnenpartner Alessandro Gianelli, der ebenfalls dort ist und ebenfalls mit der Definition hadert. „Das ist wirklich schwierig zu sagen“; meint der Violinist „Es ist was komplett Neues und entwickelt sich erst noch.“

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Entwickeln, entstehen, wachsen—solche Wörter fallen in unserem kurzen Gespräch öfters. Auch ihrer Promo-Agentur scheint das aufgefallen zu sein und so wird der im besten aller Sinne eigenartige Sound des Duos kurzerhand als eine Umsetzung „darwinistischer Formeln“ gedeutet. Egopusher—die zu Klang gemachte Evolutionstheorie?

Ganz so explizit lässt das Preisig nicht gelten: „Man könnte die Art, wie wir arbeiten, als evolutionär bezeichnen. Wir machen einfach mal, improvisieren. Wenn was nicht funktioniert, lassen wir es fallen. Wenn wir einen Part spannend finden, recorden wir ihn, spielen ihn live und arbeiten dran weiter.“ Irgendwann laden sie den Track auf Soundcloud hoch, ein virtuelles Klangtagebuch, ihr „Basement Diary“. Und die sechs Tracks auf „Egopusher“ sind das Konzentrat daraus.

Preisig und Giannelli wissen: Die eine grosse Kunst in der Musik besteht darin, zu wissen, wann man etwas weglassen soll. Das sei auch der Vorteil an der Duo-Konstellation: „Wir entschieden uns bewusst gegen andere Musiker. Wenn du nur zu zweit bist, musst du anders arbeiten, anders spielen. Du bist mehr gefordert, doch gerade daraus entsteht Neues.“

Und die andere musikalische Kunst? Dass man die Leute berühren kann. „Unsere Musik ist keine Kopfsache. Trotz unserer Instrumente spielen wir nicht für ein im Sessel sitzendes und Zigarre rauchendes Jazz-Publikum. Unseren Sound muss man laut hören. Erst dann kann man sich richtig drin gehen lassen, wegdriften.“

Nun… Was das für euch heisst ist klar: Kopfhörer aufsetzen, ein bisschen weiter unten auf den Play-Button drücken und wegdriften. Oder an eine der vier in diesem Jahr noch kommenden Shows im Bad Bonn, in Cully, im Südpol Luzern oder an die Plattentaufe im Zürcher Bogen F gehen.

Und wem das nicht reicht, der kann sich mit Egopusher auch auf Facebook und Twitter fallen lassen.


Daniel Kissling scheitert mit Definitionen hin und wieder auch auf Twitter.

Noisey Alps kennt keine Stil-Grenzen, weder auf Facebook noch auf Twitter.