Crime Scene – Selbstporträts an Tatorten

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Crime Scene – Selbstporträts an Tatorten

Als Aleksandrija Ajdukovic 2008 anfing, an einer Reihe von Tatortfotos zu arbeiten, nannte sie sie passenderweise Crime Scene, Tatort. Ein paar Monate später entschloss sich Aleksandrija, das Projekt auszustellen, und die Öffentlichkeit reagierte nicht gerade erfreut—was wenig überrascht, wenn man bedenkt, dass viele der Fotografien Selfies waren, die eine lächelnde Aleksandrija vor mit Laken und Plastiktüten bedeckten Menschenleichen zeigen.

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Ich rief sie an, um sie zu fragen, was genau sie sich dabei gedacht hat.

VICE: Wie kommt es, dass du an Tatorten arbeitest?
Aleksandrija Ajdukovic: Fotojournalismus war schon immer meine große Liebe. Aber Fotojournalismus ist nicht mehr das, was er mal war, vor allem bei Tageszeitungen. Als Fotojournalistin hast du ein kleines Maß an Autonomie—die Fotos, die du machst, werden veröffentlicht, um zu illustrieren, was Journalisten und Redakteure zu sagen haben. Sie repräsentieren selten das, was man in der Realität da draußen sieht.

Außerdem wäre das Berichten von Tatorten nicht meine erste Wahl gewesen, aber bei täglichen Blättern kriegen die Fotografen, die keine Spitzenausrüstung haben, meist Verbrechen oder Promis angeboten. Da ich mich überhaupt nicht für Prominente interessiere, wandte ich mich also dem Verbrechen zu.

Wie ist Crime Scene entstanden?
Leser wollen Blut und Tränen sehen. Die Schlagzeilen neben Tatortfotos enthalten für gewöhnlich Wörter wie „Angst", „Trauer" oder „Fassungslosigkeit". Dann gibt es da noch das, was ich gerne „Todestourismus" nenne—neben bestimmten Gegenständen oder am Schauplatz eines Todes Fotos machen. Also dachte ich mir, ich sollte versuchen, mich selbst in diesen Szenen einzusetzen, und sehen, wie die Leute darauf reagieren.

Der Grund, warum man mich in den meisten dieser Aufnahmen lächeln sieht, ist, dass es eine natürliche Reaktion ist, dem Tod ins Gesicht zu lachen. Viele Leute haben die Angewohnheit, zu lachen und zu grinsen, wenn sie Schmerzen oder Unbehagen verspüren—es ist ein automatischer Schutzmechanismus.

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Wie haben die Menschen darauf reagiert? Haben sie es „kapiert"?
Die meisten meiner Kollegen schon. Aber nachdem die Fotos in der Galerija '73 in Belgrad ausgestellt wurden, stellte sich heraus, dass der Rest der Öffentlichkeit es nicht kapierte. Leute fragten mich: „Schämst du dich nicht, dich neben einer Leiche zu fotografieren?" Sie sagten mir, es „passt nicht" zu mir. Die Galerie wurde auch viel Kritik unterzogen. Sie nannten sowohl mich als auch den Direktor der Galerie „Amateurkünstler".

Was wolltest du mit diesem Projekt erreichen?
Ich sehe die ganze Sache als eine Dokumentation meiner Arbeit im Bereich der Erforschung der anthropologischen Aspekte des Spektakels des Todes und der Unfälle in der modernen Gesellschaft. In gewöhnlichen Unterhaltungen über die räumliche Trennung in künstlerischer Arbeit gibt es den Raum des Publikums und den Raum, der für die Künstler reserviert ist. Dieses Projekt vermischt die beiden Räume.