Die Stadt
Beim Besuch des Crosisng Europe Film-Festivals in Linz, fällt mir auf, dass ich keine Ahnung habe, wie es ist in einer Stadt aufzuwachsen, wo man cool ist, wenn man FM4 hört, und sich für moralisch besser halten darf, weil man links wählt.
Wahrscheinlich zählt es auch als eine coole Party in Linz, wenn irgendein Kerl Chili Con Carne anbietet („Oida Manfred, des ist ja voll guat!“ – „jo, i hob do oan Spezialtrick mit dem Jalapeno-Pfeffer, gibt’s jetzt beim Billa“). Oder wenn seine Freundin Tiramisu „bäckt“ (Besucherin: „Boa, des is ja voll lecker!” – Manfreds Freundin: „jo, weißt eh: Manfred mog des Amaretto net so, und deswegen moch i stattdessen Himbeeren ins Mascarpone“)
Und warum nicht? Die Grenzen sind klar gezogen: Wegen der unbewusst gefühlten Spießigkeit, hängen eben solche Linzbewohner bei Subjekten immer auch ein „-innen“ dran, um modern zu sein. Barcelona und Mate-Tee finden sie natürlich auch cool. Und das ist absolut OK. Die Triebkraft des Menschen ist der Kompensationsdrang.
Das Festival
Insofern hört es zu den schönsten Dingen für einen kosmopolitisch Verwirrten, den TigerInnen-Sprung übers Feuer zu wagen und nach Linz zu fahren: Auf’s Crossing Europe Filmfestival. Ein paar wiener Versager, die es irgendwie geschafft haben, vermischen sich mit Anderen aus Europa, die tatsächlich, neben so viel künstlerischer Kreativität, die Selbstdisziplin aufbrachten, einen Film anzufangen, zu Ende zu bringen und bei einem Festival zu zeigen. Falls man dann auch noch der Akademie-der-bildenden-Künste-Wien-Horden überdrüssig ist, ist es klar, dass Linz neben der Diagonale in Graz die bessere Alternative ist. Hier sei, ohne jeglichen Vorteil, auch Christine Dollhofer, die Festivalleitung, genannt, die Besucher recht unprätentiös und herzlich begrüßt.
Leider verwässert sich das Festival ein wenig. Nicht, dass man unbedingt eine Gruppendiskussion nach einer Filmvorführung in Hitlers Schule 300 Meter vom Festivalgelände auf die Beine stellen muss, aber irgendeine Art Workshop/offene Gruppendiskussion über Film/Ästhetik etc. wäre wünschenswert. Sonst bleibt’s dabei zwischen Kinobesuchen und vielen weißen Spritzern in der Kino-Bar hin- und her zu pendeln, um dann Abends zwischen zu jungen Theaterwissenschafts-Studenten und zu gezeichneten Filmschaffenden den “geeigneten” Absturz zu finden. Und somit ist das Crossing Europe eh ein wenig wie ein Magic Life Ressort Urlaub für Film-Affine.
Der Film
Durch meinen protestantischen Charakter zum ewigen Auseinandersetzen mit der Unbeholfenheit und Sündhaftigkeit des Menschen gezwungen, sah ich mich dann doch gezwungen, mit ein paar anderen Magic-Life-Club Urlaubern einen auf “Alternativ” zu machen: Mein Hero, der schwedische Regisseur Rüben Östlund, schwedischer Erbe meines aller größten Heros, Pier Paolo Pasolini, war mit seinem Film “Play” von 2011 am Festival vertreten.
Fünf schwarze Ausländer-Buben spielen mit ihren schwedischen Weichei-Opfern und ziehen Ihnen nebenbei ganz einfach das Handy ab. (Auf die Fresse kriegen die Schwarzen nur einmal in Film – und das von fünf Jahre älteren Jugos).
Ein Film zur richtigen Zeit. Zu einer Zeit, wo die anderen am Festival und im Feuilleton (außer Kamalzadeh im Standard), genau das gleiche meinen, aber „farbige Jugendliche mit Migrationshintergrund“ schreiben. (Anm.d.Red.: Das sind übrigens die gleichen geistig umnachteten Korrektheitsfanatiker, denen es nicht sauer aufkommt, wenn sie das Wort “Gebäude-Manager” hören, obwohl sie wissen, dass trotzdem eine Putzfrau mit 900,- Netto dahinter steckt.)
Der Film ist außerhalb des Kinos, ähnlich einem Pornofilm, wo das gleiche immer wieder in Variationen gezeigt wird, kaum sehbar. Gerade weil man alles vorahnen kann, möchte man vorspulen.
Im Kino wird die eigene Vorahnung und Vorstellungskraft jedoch sadistisch in die Länge gezogen, was seine absolute Berechtigung hat (siehe die Parallele zu den Pornos wiederum). Im Kino entfaltet der Film daher seine volle Stärke.
Genau wie eine Woche Linz mit einer Woche Crossing Europe Filmfestival, wo man alles Vorahnen kann. Trotzdem und gerade deswegen ist es gut.