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The Front Bottoms sind weit gekommen, dafür, dass ihr Name „Muschi" bedeutet

Sie haben sich den Namen ausgesucht und jetzt bleiben sie dabei, verdammt.

Foto von Mark Jaworski

Obwohl ihr Bandname kein besonders subtiler Euphemismus für das weibliche Geschlechtsorgan ist, sind The Front Bottoms zu einer wirklich großen Sache geworden. Das wird dadurch deutlich, dass kurz vor diesem Interview vier Fans—drei Mädchen und ein Junge—mit fast orgiastischem Entzücken aufschreien, nachdem Front Bottom-Frontmann Sella ihnen Autogramme gegeben und für ein Foto mit ihnen posiert hat. Später wird es sogar noch deutlicher—die Hysterie im New Yorker Best Buy Theater gleicht eher der bei einem Konzert von One Direction. Oder, um einen etwas positiveren musikalischen Vergleich zu wählen, dem berühmten Konzert der Beatles im Shea Stadium 1965. Denn obwohl der Name vielleicht anderes vermuten lässt, The Front Bottoms—die durch Schlagzeuger und Gründungsmitglied Mathew Uychich, Tom Warren am Bass und Ciaran O’Donnell an Keyboard, Trompete und Gitarre komplettiert werden—sind wirklich gut. Das war allerdings nicht schon immer so. Vor der The Front Bottoms LP und ihrem Album Talon Of The Hawk, das ihnen zu so etwas wie einem Durchbruch verholfen hat, haben sie zwei weitere Alben in Eigenregie veröffentlicht—I Hate Your Friends und My Grandma Vs. Pneumonia—sowie die EP Brothers Can’t Be Friends. Die EP ist nicht schlecht, aber—wie soll ich das nett ausdrücken?—die Alben sind nicht wirklich Meisterwerke. Das ist aber OK, denn das Quartett aus New Jersey hat gerade Rose herausgebracht, eine EP, die nach der Großmutter von Uychich benannt ist und auf der sie alte Songs nochmal neu aufgenommen haben. Sie klingen wirklich um Welten besser. Glücklicherweise scheint es Sella nicht zu stören, wenn man ihm das erzählt.

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Noisey: Ich will euch nicht zu nahe treten, aber eure ersten beiden Platten sind nicht annähernd so gut wie die The Front Bottoms und die Talon Of The Hawk. Ihr habt als Musiker einen riesigen Schritt nach vorne gemacht und wenn man sich die überarbeiteten Versionen der alten Songs auf Rose anhört, dann kann man das wirklich hören.
Brian Sella: Absolut. Die ersten beiden Alben haben Mat und ich Live und in einem Take aufgenommen, wir haben sie nicht gemixt oder gemastert, sondern noch am selben Abend ins Internet gestellt. Das war damals unsere Herangehensweise. Wir wollten Live spielen—hier ist ein bisschen Musik, hört sie euch an! Zu diesem Zeitpunkt wollte ich einfach, dass meine Freunde es hören. Ich dachte nicht, dass es sich tatsächlich noch andere Leute anhören. Und als wir dann angefangen haben, Shows zu spielen, haben die Leute Sachen gesagt wie: „Oh, was ist denn mit ‚Flying Model Rockets?’, Was ist mit ‚12 Feet Deep?’“ und ich habe mich nur gefragt: „Was? Was meint ihr?“ Das Zeug war zu der Zeit schon fünf oder sechs Jahre alt. Aber diese ersten Aufnahmen haben für sie eine gewisse Persönlichkeit. Ich stimme dir da aber zu. Die Aufnahmen sind… Also ich persönlich höre mir lieber bessere Aufnahmen an.

Solche, die jetzt entstanden sind.
Genau. Und wir haben damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Leute haben gefragt: „Was hat es mit diesen Songs auf sich?“, aber es hatte nie etwas damit auf sich. Das war es. Wir haben sie aufgenommen und ins Internet gestellt. Wir dachten nicht, dass sich das jemals Leute anhören. Fertig. Und auf einmal hieß es: „Könnt ihr das spielen?“ und ich dachte nur: „Scheiße, ich weiß nicht mal, ob ich mich überhaupt daran erinnere, wie die Songs gehen…“ Also war das eine schöne Art, sie wieder neu zu lernen. Und ich mag diese Songs wirklich.

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Absolut. „12 Feet Deep“ ist einer meiner Lieblingssongs von euch. Dadurch habe ich diese beiden Alben entdeckt; ich habe euch diesen Song irgendwo spielen sehen und mich dann gefragt: „Wie kann ich den finden?“. Es gab irgendeine Seite, auf der es die beiden Alben gab, wahrscheinlich illegal, also habe ich sie mir runtergeladen.
Gut. So war es auch irgendwie gedacht. Diese Songs gab es nirgends, außer wenn du im Internet rumgesucht und wirklich Recherche betrieben hast. Und wenn du diese Songs wirklich haben wolltest, dann konntest du sie auch finden. Was den Songs wirklich irgendwie mehr verliehen hat. Wenn die Leute sie haben wollten, mussten sie sie erst finden und konnten sie dann herunterladen. Sie konnten sie nirgends kaufen. Ich denke also, dass das auch ein Grund war, warum die Leute die Songs mochten. Es war eine Suche.

Du hast gerade gesagt, dass du nicht erwartet hast, dass Leute die Songs hören. Ich will nicht auf eurem Namen herumreiten, denn ich denke ihr werdet oft genug darauf angesprochen, aber ist das vielleicht ein Grund? Ich glaube nicht, dass ihr nicht wusstet, was es bedeutet, als ihr die Band so genannt habt.
Na ja, ich wusste, dass es etwas Lustiges ist. Ich dachte das wäre so ähnlich wie Würstchen für Penis oder so. Was es wohl auch ist. Aber in Großbritannien hat es eine etwas spezifischere Bedeutung. Also hat jeder eine andere Vorstellung davon, was es bedeutet. Wie meine Mutter; ich glaube sie hat erst vor kurzem verstanden, was es bedeutet, „Oh, warte—Front Bottom.“ Aber trotzdem dachte ich nicht, dass sich jemand diese alten Songs anhört. Und ich dachte auch nicht, dass mich irgendwann jemand wegen des Bandnamens fragt. Wirklich. Und wenn dann jemand fragt: „Was hat es mit dem Bandnamen auf sich?“, denke ich nur: “Ich wünschte, ich könnte es dir sagen!“.

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Das ist wie bei ‚Fanny’, das in den USA „Arsch“ bedeutet und in Großbritannien „Vagina“. Wenn Amerikaner also über Fanny Packs sprechen, klingt das in Großbritannien ziemlich merkwürdig. Aber das ist nur ein kultureller Unterschied.
Genau. Aber ich finde das cool.

Foto von Jade Esson

Ihr bereut den Namen der Band also nicht, jetzt wo ihr diesen Status erreicht habt?
Nein. Besonders an diesem Punkt. Wenn ich es bereuen würde, wäre es zu spät. Und immer wenn es darum ging, ob wir den Bandnamen ändern sollen, haben Mat und ich uns gedacht: „Nein, scheiß drauf. Ist doch egal. Das ist unser Name. Wenn er dir nicht gefällt, dann gefällt er dir nicht.“ Mir ist bewusst, dass es wahrscheinlich eine Menge Leute gibt, die sich nur den Namen ansehen und dann denken: „Das ist total dämlich, das höre ich mir nicht an“. Was auch ein Grund ist, warum ich denke, dass die Leute, die unsere Musik mögen, die Musik wirklich mögen; da sie über diese Albernheit hinwegsehen.

Eure Texte sind allerdings alles andere als albern, was auch das war, was mich wirklich angezogen hat. Woher kommt diese Liebe für Sprache und die ganzen Ideen? Und hast du eine Lieblingsmetapher, die ihr verwendet habt?
Ich bin Legastheniker und Lesen war für mich immer ziemlich schwer. In der Schule war ich beim Schreiben wirklich furchtbar. Jeder hat gesagt: „Du bist nicht gut darin. Du kannst nichts richtig schreiben, du weißt nichts darüber.“ Aber als ich dann nach Hause kam, habe ich in Notizbücher geschrieben und niemand hat mich beurteilt. Niemand hat sie sich angesehen. Ich konnte diese Notizbücher füllen und Emotionen nur durch das Schreiben ausdrücken und ich denke, das hatte viel mit der Tatsache zu tun, dass sie mir gesagt haben, ich sei schlecht darin—ich habe mir gesagt: „Ich mache einfach damit weiter. Wen interessiert’s? Das bekommt ja eh niemand zu Gesicht.“ Das war diese kleine, geheime Sache, die ich machen konnte und mit der ich wirklich Dampf ablassen und Stress abbauen konnte. Ich denke also, dass… Warte, was war deine Frage?

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Ich weiß nicht. Oh—Texte. Woher diese Ideen kommen. Weil es wirklich komplizierte Metaphern gibt.
Ich weiß nicht. Ich weiß nicht woher das kommt, aber ich bin zufrieden damit. Ich habe keine Lieblingsmetapher. Ich mag den Text zu „Maps“, da das einer der ersten Songs war, bei dem ich das Gefühl hatte, in einer Band zu sein. Der Bruder von Mat [Bryan] stand dort und hat einen Keyboard-Part geschrieben und wir haben alle geredet und diskutiert und wir haben es zusammen erarbeitet. Das war auf einem sehr eigensinnigen Level bereichernd. Eine Art „Ich hab’s geschafft!“. Ich weiß nicht wovon zur Hölle ich überhaupt spreche…

Nein, das ist interessant. Aber mittlerweile habt ihr schon einen langen Weg zurückgelegt. Ihr seid jetzt eine vierköpfige Band.
Ja, mittlerweile sind Ciaran und Tom dabei. Ich weiß natürlich nicht, was in Zukunft passiert, aber die beiden haben Talon Of The Hawk mit uns zusammen geschrieben, wir sind seit anderthalb/zwei Jahren zusammen auf Tour und sie sind der Grund warum The Front Bottoms heute das sind, was sie sind. Ohne Zweifel sind diese beiden dafür verantwortlich und ich liebe sie so sehr. Und als wir vorher Drew [Villafuerte, früher Bassist und Keyboarder] dabei hatten war es dasselbe. Ich liebe ihn. Wir sind ein Jahr mit ihm auf Tour gewesen und haben die erste LP mit ihm gemacht, er wollte allerdings mehr zuhause sein, also ist er das jetzt. Die beiden sind im Moment definitiv ein Teil davon. Tom hat eine klassische Ausbildung und Ciaran ist einfach nur fantastisch, also schaffen sie es, den Mangel an… Na ja, also wenn es um Gitarre geht: ich kann Powerchords spielen und mehr habe ich für mich selbst auch nie gebraucht, da ich dachte: „Ich will Gedichte schreiben! Ich will merkwürdiges Zeug schreiben! Alles, was ich brauche, sind drei Akkorde oder manchmal sogar nur zwei“. Also helfen sie definitiv, die Lücken zu füllen und es musikalischer zu machen!

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Wie habt ihr euch verbessert? Lass uns noch einmal auf diese ersten beiden Alben zurückkommen. Ich bin daran interessiert, wie aus den Front Bottoms der ersten beiden Alben die Band von heute geworden ist.
Ich denke das hatte viel mit der Tatsache zu tun, dass wir ungefähr vier Jahre lang auf Tour waren. Ich habe vier Jahre lang jeden Tag Musik gespielt und war mit Mat zusammen. 24 Stunden am Tag, immer unterwegs, niemals wirklich am Schlafen und niemals wirklich mit Zeit für mich alleine, später noch mit Ciaran und Tom—jeden Abend haben wir gespielt. Du machst deine Erfahrungen. Und ich habe angefangen, über die Songs, die wir geschrieben haben, nachzudenken; darüber, wie Songs geschrieben werden, während ich vorher nur gedacht habe: „Ist mir egal—dieses Zeug wird sich eh niemand anhören, also lasst uns einfach machen, was wir machen wollen.“ Ich glaube es hatte also wirklich viel mit der Tatsache zu tun, dass wir zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahren zusammengespielt haben. Das ist alles, was wir haben.

Es macht den Anschein, als wärt ihr Jungs allesamt beste Freunde, die da draußen die beste Zeit ihres Lebens haben. Vielleicht auch wegen euren Videos, denn darin sieht man diese Abenteuer einer Bande aus zwei oder drei Leuten oder wie viele Leute zu der Zeit auch immer in der Band sind. Und es ist albern und lustig, gleichzeitig gibt es in eurer Musik aber auch echte Traurigkeit.
Absolut. Wir haben einen wirklich engen gemeinsamen Freund, Mark Jaworski, der die meisten unserer Fotos und Videos und so macht und wenn das Label so etwas sagt wie: „Wie wäre es, wenn ihr ein paar alberne Fotos macht?“, dann ist seine Antwort immer: „Ich will, dass ihr euch ‚Twin Size Mattress’ anhört und mir sagt, dass das ein alberner Song ist.“ Ein paar Leute werden das verstehen. Früher sind die jüngeren Leute immer zu uns gekommen und haben gesagt: „Alter, eure Songs sind sauwitzig.“ Und dann kam die nächste Person, den Tränen nahe, und sagte: „Ich höre eure Songs, wenn ich unglaublich traurig bin.“ Und ich denke: „OK, cool—man kann sich also auf verschiedene Arten damit identifizieren.“ Das ist ein cooles Gefühl.

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Was denkt ihr, wie setzt sich euer Publikum zusammen? Ihr habt ja eine Menge jüngerer Fans, aber ich denke nicht, dass ihr unbedingt Musik für ein jüngeres Publikum macht. Ich kann mich jetzt in meinem Alter damit identifizieren und ich denke auch mein 18-jähriges Ich und alles dazwischen könnte es.
Das ist großartig. Und ich denke, dass ein jüngeres Publikum in der Lage ist, etwas offener zu sein und zu sagen: „Oh, das ist traurig, aber es ist auch verdammt witzig.“ Ein Teenager würde sagen: „The Front Bottoms. Das ist witzig. Aber auch dämlich. Aber deswegen mag ich es.“ Es kommen allerdings auch viele ältere Leute zu unseren Konzerten, was mich überrascht hat, aber wir wurden viel im Radio gespielt, was eine Menge damit zu tun hat, denke ich. Und ich denke, dass die Musik gut genug ist, dass du, selbst wenn du sie nicht besonders magst, sagen kannst: „Na ja, es ist nicht furchtbar…“

Verspürt ihr—jetzt, da es ein Publikum gibt—Druck?
Ich denke, wenn du anfängst, Songs aus einem anderen Grund als des Schreibens wegen zu schreiben, wird es nicht gut. Ich persönlich habe das Gefühl, dass du… Nimm zum Beispiel diese alten Aufnahmen—sie sind scheiße. Aber die Emotionen und die Persönlichkeit sind da. Und um die Soundqualität zu rechtfertigen haben ich und Mat immer gesagt—wir haben immer im Keller eines Freundes aufgenommen—dass du dich nicht darum kümmerst, wie schlecht die Aufnahmen sind, wenn du die Songs magst. So war unsere Denkweise. Und ich denke wir machen mit dieser Denkweise weiter. Natürlich versuchen wir, die Aufnahmequalität zu verbessern, aber am Ende kommt es auf die Songs an. Du musst sie so schreiben, wie du sie schreiben willst und das ist es.

Mischa Pearlman ist ein britischer Schreiber, der in den USA lebt und total kichert, wenn er „Front Bottom“ hört.

Rose ist gerade auf Bar/None Records erschienen.

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