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„Schau dir diesen Körper an!“—Zebra Katz im Interview

Zebra Katz setzt sich allzu gerne mit gesellschaftlichen Stereotypen auseinander. Vielleicht, weil er sich in Interviews gegen die Schublade „Queer Rap“ wehrt.

Ojay Morgan war eigentlich mal Catering-Manager. Eine Karriere, die jemand der aus dem Theaterbereich kommt, natürlich nicht für sein eigenes Leben vorsieht. Und erst Recht nicht, wenn dieser Jemand eine Vorliebe für urbanen Slang, Wortspiele und die Kraft der Performance Art hat.

Während seines Studiums erschafft Morgan sein Alter Ego Zebra Katz und fährt seit jeher gut mit dieser Entscheidung. Sein wohl größter Coup, der Song „Ima Read", landete zunächst im Internet und wenig später tauchte er 2012 bei der Paris Fashion Week während der Präsentation von Rick Owens auf. Es ist der Startschuss von Zebra Katz, der sich bereits in zahlreichen Interviews gegen die Schublade „Queer Rap" wehrte. Trotzdem ist Morgan meinungsstark genug, um sich in seiner Musik mit gesellschaftlichen Stereotypen auseinanderzusetzen. Und der Erfolg gibt ihm Recht: Nicht nur wurde „Ima Read" auf Jeffrrees, dem Label von Diplo, veröffentlicht, es folgten Support-Shows für Lana Del Rey und Azealia Banks.

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Keine schlechte Gesellschaft. Und da Zebra Katz gemeinsam mit dem Franzosen Gesaffelstein und dem Berliner DJ-Duo Sick Girls am 2. Oktober auf dem Heineken Open Your City Event in Berlin zu sehen sein wird, haben wir uns mit ihm über sein Studium, die Musikszene in New York und das Wort „Bitch" unterhalten.

Thump: Ich spreche mit dir als Musik-Artist Zebra Katz. Aber Musik war und ist nicht das einzige Medium, mit dem du deine Ideen kanalisierst, richtig?
Zebra Katz: Stimmt, ich war in Florida auf einer Kunstschule und habe mich in jungen Jahren mit vielen künstlerischen Facetten auseinandergesetzt. Der größere Fokus kam dann erst durch das Studium in New York, das mich mehr und mehr Richtung Performance Art gezogen hat. Das ist heute auch ganz deutlich bei Zebra Katz, klar. Alles, was ich tue, kommt zu einer Multimedia-Performance zusammen.

Dein Studium war ohne Frage ein großer Etappenschritt. Womit hast du dich vorrangig beschäftigt und welche Rolle spielt Zebra Katz dort bereits?  
Ich habe am Eugene Lang College The New School for Liberal Arts studiert, ich war auch an Fashion interessiert, bin dann aber doch bei den freien Künsten geblieben. Während dieser Zeit ist auch der Name für mein Musikprojekt entstanden. Damals habe ich für meine Anschlussarbeit sieben unterschiedliche Charaktere für meine Solo-Performance „Moor Contradictions" kreiert und dieses sollte eben animalisch sein. Der Name hat irgendwie Eindruck hinterlassen und blieb dann einfach. Und ehrlich gesagt, New York City ist eine geile Stadt, um zu studieren oder seine Hoffnungen umsetzen. Egal, ob du Musik machst, den Broadway magst oder Fashion liebst—New York ist das Mekka dafür.

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Wenn du New York schon ansprichst, wie siehst du denn die aktuelle Musikszene in deiner Heimat?
Zurzeit sehr gut, gerade erst hat hier die Red Bull Music Academy aufgemacht und bringt auch viele neue Künstler nach New York, aber auch Freunde von mir wie Venus X schmeißen tolle Events mit ihren Ghe20 G0th1k-Partys. Die Szene ist variantenreich, ob in Bars oder Galerien, und das ist ja so inspirierend, es passiert so viel, da kann man sowieso nicht überall reingucken, aber der Mix ist großartig. Das Scheinwerferlicht ist natürlich seit Jahren schon wieder stark auf New York gerichtet.

Du gehörst sicherlich zu keiner bestimmten Szene in New York, aber wenn wir über die elektronische Musik sprechen—verfolgst du die Techno- und House-Szene?
Output ist bekannt für seinen guten Sound und die guten Line-Ups, aber es gibt massig viele Orte, wo gute DJs auflegen—egal, ob HipHop, Techno oder HipHouse. Aber so Schubladen-Denken finde ich sowieso öde, gerade heute, wo doch so viele Genres miteinander verschmelzen. Ich gehe auch nicht mehr zu jeder Party, aber ich habe in mehren Szenen meine Erfahrungen gesammelt.

In Berlin wird hin und wieder durchaus über den Begriff Underground debattiert? Gibt es den Underground überhaupt noch oder ist das in Zeiten von Social Media eigentlich kaum noch möglich—was meinst du?
Schwierige Frage, aber es wird immer Musiker geben, die Sounds machen, die nicht für alle bestimmt sind. Aber es ist auch immer eine Frage der Perspektive, also wem stellt man die Frage nach dem Underground und natürlich haben die sozialen Netzwerke alles verändert im Business und in der Industrie. Die Leute können heute einfacher und vor allem schneller neue Musik entdecken und feiern, früher lief das viel schwieriger. Aber viele Künstler können auch weiterhin underground sein oder bleiben, auch ohne Social Media. Aber trotzdem finde ich es funny, wenn ich sehen kann, dass meine Musik beinahe mehr in Russland oder Osteuropa wahrgenommen wird als in Amerika.

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Hast du dafür eine Erklärung?
Das hängt sicherlich mit meiner Musik zusammen, die die Menschen häufig als düster und dunkel beschreiben, aber bestimmt liegt das auch an der rebellischen Seite von mir, gerade das Feedback bei den Gigs dort war immer sehr intensiv.

Lass uns zum Schluss noch ein bisschen über deine Kunst sprechen, denn bei deiner Präsenz, gerade wenn ich mir deine Fotos angucke, bekommt man unweigerlich den Eindruck, dass Grace Jones dein größter Einfluss für dich als Künstler war. Ist das richtig?
Als Ikone und Performerin auf jeden Fall. Grace war so eine heldenhafte Erscheinung. Schau dir einfach nur diesen Körper an und wie sie ihn in Szene gesetzt hat, das ist einfach Wahnsinn. Es ist nicht nur ihr Talent, einfach alles, was sie macht, ist für mich Kunst. Natürlich ist sie wichtig für mich, aber mindestens genauso wie Lauryn Hill oder Missy Elliott.

In deinem wohl berühmtesten Track „Ima Read" benutzt du das Wort Bitch immer und immer wieder. Es ist recht offensichtlich, dass du dem Wort und dessen Bedeutung eine neue Perspektive geben wolltest. Was steckt dahinter? 
Der Track ist wirklich schon etwas alt, ich habe ihn während meines Studiums geschrieben, als ich sehr enttäuscht von vielen meiner Freunde war. Es war wie meine eigene Hymne, eine Art Mantra, das ich immer zu mir selbst gesagt habe, verstehst du? Und dem Wort Bitch wollte ich tatsächlich eine neue Bedeutung geben, denn Wortspiele können den ursprünglichen Begriff viele neue Perspektiven verleihen. In der Gesellschaft gibt es viele Worte, die mit Bedeutung aufgeladen sind, und Frauen fühlen sich manchmal von dem Song angegriffen, aber ich bezeichne mich ja selbst als Bitch, es ist eher ein Spiel und ist immer stark vom Kontext abhängig.

Zebra Katz spielt am 2. Oktober in Berlin auf der Heineken Open Your City Party, präsentiert von THUMP. Mehr Infos gibt es hier.

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