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Politik

Die AfD erinnert uns am Jahresende noch einmal daran, was sie für eine Gurkentruppe ist

Strafverfahren gegen Bundestagsabgeordnete, der verzweifelte Versuch, an eine Million Euro zu kommen, und noch mehr.
Sebastian Münzenmaier | Foto: imago | Sascha Ditscher

2017 war ein mäßiges Jahr, wenn es um die Einheit Deutschlands geht: Die Deutschen sind wissenschaftlich erwiesen unsozial, der Einheitskanzler Helmut Kohl ist gestorben und die AfD schaffte es mit nicht mal 13 Prozent der Wählerstimmen, ein ganzes Land zu entzweien. Und auch für die selbsternannten Retter des Abendlandes will es einfach nicht rund laufen: Der Bundestag hat am Mittwoch die Immunität von gleich zwei Abgeordneten aufgehoben, damit Strafverfahren gegen sie eingeleitet werden können.

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Der rheinland-pfälzische Abgeordnete Sebastian Münzenmaier war im Oktober wegen der Beteiligung an einem Überfall auf Fans des FSV Mainz 05 zu einer sechsmonatigen Haftstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, verurteilt worden – und zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro. Der 28-Jährige soll vor fünf Jahren 50 Mitglieder der Hooligan- und Ultraszene des 1. FC Kaiserslautern direkt zu ihren späteren Opfern geführt haben, indem er die ortsunkundigen Angreifer zum Mainzer Stadion brachte. Dabei sollen die Angegriffenen Platzwunden und Knochenbrüche erlitten haben. Sowohl Münzenmaier als auch die Staatsanwaltschaft legten Berufung gegen das Urteil ein. Die Aufhebung der Immunität sei wegen des Verfahrens erfolgt, schreibt die FAZ mit Berufung auf AfD-Kreise.

Beim nordrhein-westfälischen AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Renner soll es laut der Zeitung um einen Vorfall bei einer unangemeldeten Demonstration gehen. Genauere Informationen sind bisher nicht bekannt. Der frühere CDU-Mann war in NRW als Intimfeind von Frauke Petrys Lebensgefährten Marcus Pretzell bekannt geworden. Er gilt als Anhänger des thüringischen Landeschefs Björn Höcke. Nach der umstrittenen "Denkmal der Schande"-Rede von Höcke mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin sagte Renner Anfang des Jahres: "Die angesprochenen Themen in dieser Rede mache ich seit vier Jahren genauso – aber ich sag's ganz anders." Er sprach in diesem Zusammenhang von einer "Schuldkult-Hypermoralisierung".

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Die Entscheidung für die Aufhebung der Immunität der beiden AfD-Politiker fiel einstimmig bei jeweils nur einer Enthaltung aus den Reihen der AfD. "Das ist ein völlig normaler parlamentarischer Vorgang, der in der Geschichte des Deutschen Bundestages schon immer parlamentarische Praxis war", hieß es von den AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland. "Es ist im Sinne der Beschuldigten, etwaige falsche Anschuldigungen auszuräumen."

Die parlamentarische Immunität soll Abgeordnete vor Strafverfolgung schützen. Damit die Polizei wegen einer mutmaßlichen Straftat ermitteln und einen Parlamentarier verhaften darf, muss der Bundestag zustimmen und die Immunität aufgehoben werden – sofern der Parlamentarier nicht unmittelbar nach der Tat oder am folgenden Tag festgenommen wird.

Auch bei der Arbeit der AfD im Bundestag selbst hapert es noch. Denn ganz so einfach ist das mit dem Beschweren über "die da oben" nicht mehr, wenn man jetzt zu "denen da oben" gehört. So wurde etwa die Diätenerhöhung der Abgeordneten des Bundestags von der AfD scharf kritisiert. AfDler Stefan Keuter fragte während seiner Rede dazu mehrfach: "Schämen Sie sich nicht?" Das erboste Grünen-Geschäftsführerin Britta Haßelmann wiederum. In einer emotionalen Rede offenbarte sie die Scheinheiligkeit der Partei: So hatten die AfD-Abgeordneten in diversen Vorgesprächen der Gehaltserhöhung für alle Abgeordneten nämlich nicht widersprochen und dann erst vor der Öffentlichkeit so getan, als ob man dagegen sei. "So ist die Lage. Wer meint, uns hier im Parlament vorführen zu können, der muss früher aufstehen", beendete die Grüne ihre Rede unter tosendem Applaus.

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Für die Bundestags-Neuankömmlinge der AfD waren es nicht die einzigen Hiobsbotschaften vor Weihnachten. Der Bundesvorstand der Partei fasste außerdem einen Beschluss, mit dem die 92 Abgeordneten der Bundestagsfraktion aufgefordert werden, an die Partei zu spenden. Das berichtete der Spiegel am Mittwoch und beruft sich auf eine E-Mail des Schatzmeisters Klaus-Günther Fohrmann an die AfD-Kameraden. Die Partei brauche laut ihm bis zum Jahresende "mindestens eine Million Euro". Jeder solle 1.000 Euro spenden oder als "Mandatsträgerbeitrag" überweisen. Ansonsten drohe "eine Rückzahlung schon erhaltener Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Laut AfD-Vorstandsmitgliedern sei in der vergangenen Woche das Spendenaufkommen stark eingebrochen. Einige von ihnen vermuteten, dass dies mit den Medienberichten zu tun haben könnte, wonach die AfD Zehntausende Euro für Schnittchen, Getränke und und AfD-Mettigel ausgebe.

Vielleicht gehen aber auch weniger Spenden ein, weil AfD-Abgeordnete so gerne vor Gericht stehen. Oder weil die eigenen Abgeordneten so zahlreich das braune Schiff verlassen. Oder weil die AfD einfach keine gute Politik macht.

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