Links: Polizeifoto eines jungen Mannes, rechts: foto eines jungen Mannes mit Patronengürteln, Totenkopfmaske und rot leuchtenden Augen, mehrere Neonazis wurden in letzter Zeit mit Kinderporngrafie erwischt, der satanistische Order of Nine Angles könnte da
Links: Jared B., rechts: ANGEL A. | FOTOS mit freundlicher Genehmigung des KOOTENAI COUNTY SHERIFF OFFICE und des DEPARTMENT OF JUSTICE
Politik

Warum werden ständig Neonazis wegen Kinderpornografie verhaftet?

Handelt es sich dabei um eine neue Entwicklung oder ist solches Material einfach nur viel weiter verbreitet, als wir denken?

Im Juni 2022 quetschte sich Jared B. mit anderen Mitgliedern der rechtsextremen Patriot Front in einen gemieteten Kleinlaster, um gegen eine LGBTQ-Veranstaltung im US-Bundesstaat Idaho zu protestieren. Die in Khaki-Hosen und blauen T-Shirts gekleideten Neofaschisten beschimpften die Teilnehmenden des Pride-Events als "Groomer", also Menschen, die Minderjährige zu sexuellen Handlungen manipulieren. Der rechte Aufmarsch hatte schließlich eine einjährige Gefängnisstrafe wegen der sexuellen Ausbeutung Minderjähriger zur Folge, allerdings für Jared B..

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Als die Patriot Front bei der Veranstaltung aufkreuzte, wurden die Mitglieder sofort festgenommen und wegen Verschwörung zum Aufruhr angeklagt. Anschließend beschlagnahmte die Polizei B.s Handy. Darauf entdeckte sie 22 Fotos mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern. Laut Gerichtsunterlagen zeigen sie "Kleinkinder und vorpubertäre Kinder, die sexuelle Handlungen an Erwachsenen oder anderen Kindern durchführen, sowie Fotos von Kindern, die ihre Genitalien zeigen". Wie die Polizei herausfand, hatte der 28-Jährige außerdem einer 16-Jährigen ein Foto seines Penis geschickt.

"Glaub nicht den Medien", soll B. nach seiner ersten Festnahme zu seiner Mutter gesagt haben. "Wir waren nur da, weil sie Kinder manipulieren."

Dieses Jahr bekannte sich B. in neun Punkten der sexuellen Ausbeutung einer Minderjährigen schuldig. Aber das Patriot-Front-Mitglied ist bei Weitem nicht die erste und schon gar nicht die einzige Person aus dem Umfeld einer Neonaziorganisation, die mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern erwischt wurde.

Viele davon sind in Nordamerika bekannt geworden. Aber auch aus Großbritannien und Deutschland gibt es Beispiele – wenn auch teilweise schon etwas älter.

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Auch von VICE: Rechtsextreme Gruppen infiltrieren weltweit das Militär


2014 wurde etwa der ehemalige V-Mann Tino Brandt zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt: wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen und der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch und Förderung von Prostitution in 66 Fällen. Brandt gehörte unter anderem zum Unterstützerkreis des NSU, der zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordete.

2011 fand die Polizei auf einem PC von Beate Zschäpe Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger. Da wahrscheinlich auch Uwe Böhnhardt Zugang zu dem Rechner hatte, konnte nicht bewiesen werden, wer das Material runtergeladen hatte. Man vermutet, dass der NSU das Leben im Untergrund neben Banküberfällen und Spenden aus der Szene auch mit dem Vertrieb von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger finanziert hat.

In Großbritannien wurden allein in den vergangenen paar Monaten mindestens zwei Neonazis wegen des Besitzes und der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen zu Haftstrafen verurteilt. Der 20-jährige Luca B., Anführer einer Zelle der Neonazigruppe Feuerkrieg Division, bekam neun Jahre Gefängnis unter anderem für die Mitgliedschaft in einer verbotenen Vereinigung, den Besitz von Anleitungen zum Bombenbau und für den Besitz von unangemessenen Fotos von Kindern.

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Eine Person mit Tarnanzug und gezogenem Maschinengewehr im Wald, der Kopf mit einem Totenkopf verdeckt

Dieses Foto wurde in einem Chat der Feuerkrieg Division gepostet

Harry V., Sohn eines Beamten des britischen Oberhauses, stand 2020 wegen verschiedener Vergehen vor Gericht, darunter verschiedene terroristische Taten und dem Besitz "extremer" Missbrauchsdarstellungen mit Kindern. V., der Propaganda für die Neonazigruppe Sonnenkrieg Division erstellt hatte, kam ursprünglich mit einer Bewährungsstrafe davon. Im September vergangenen Jahres wurde er wieder straffällig und gestand, "ein unangemessenes Foto von einem Kind" gemacht zu haben. Das Urteil für den heute 21-Jährigen fällt am 31. Juli.

Aber die Taten der Neonazis finden nicht nur online statt.

Der US-Amerikaner Andrew H. aus Maine, Mitglied einer weiteren Neonazigruppe mit dem Namen NSC-131, versuchte 2019 laut Gerichtsunterlagen aktiv ein zehnjähriges Mädchen zu manipulieren, das er auf Instagram kontaktiert hatte. H. wollte das Kind dazu zu bringen, ihm Nacktfotos zu schicken, und schrieb ihm, dass er sich wünschte, Sex mit ihm haben zu können. Im Zuge der darauffolgenden Ermittlungen entdeckte die Polizei auf H.'s Handy einen Ordner mit dem Namen 1488. Darin fanden die Beamten Dutzende Videos mit Missbrauchshandlungen an Kindern. 2022 wurde H. zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Aber handelt es sich hier um Verbrechen, die überdurchschnittlich häufig im Umfeld rechtsextremer Kreise auftauchen? Laut Expertinnen und Experten sind Beispiele wie diese – und es gibt noch viele weitere – vor allem ein Resultat der weiten Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen. Gerade moderne Neonazigruppen wie Atomwaffen Division, Feuerkrieg Division, Sonnenkrieg Division oder Patriot Front sind vor allem online aktiv, ihre Mitglieder verbringen viel Zeit vor dem Rechner und in Foren.

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Bei Neonazis und Mitgliedern verbotener Vereinigungen ist außerdem die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Strafverfolgungsbehörden ihre Handys und Computer beschlagnahmen und durchsuchen. Weil also überdurchschnittlich viele Geräte von Rechtsextremen durchsucht werden, kann man aus den vielen Fällen nicht unbedingt schließen, dass Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen unter Rechtsextremen weiter verbreitet sind als in der restlichen Bevölkerung.

Es gibt allerdings Anhaltspunkte dafür, dass zumindest in einigen Kreisen derartiges Material eine wichtige Rolle bei der Einführung in einige besonders extreme Ausprägungen der Neonaziszene dient – wie den Order of Nine Angles.

Order of Nine Angles – Orden der neun Winkel

Der Order of Nine Angles, auch O9A abgekürzt, ist ein rechtsextremer satanistischer Orden, der seine Anhänger dazu ermutigt, Material zu konsumieren, das die Gesellschaft als böse oder abstoßend empfindet. Er entstand Ende der 1960er Jahre in Großbritannien und war die längste Zeit eine obskure, weil auch besonders extreme, Randerscheinung in okkulten Kreisen mit nur etwa einer Handvoll Mitglieder. Dank des Internets – und eines FBI-Informanten – gewann der Orden in den vergangenen Jahren großen Einfluss auf moderne Neonazi-Terrorgruppen in Großbritannien und Nordamerika.

Dass der Orden über keine feste Mitgliederstruktur verfügt und viele der Beteiligten unter Pseudonymen agieren, macht es besonders schwer, über den O9A zu berichten. Jeder, der möchte, kann eine eigene Zelle des Ordens gründen, ein sogenanntes Nexion, und damit dann mehr oder weniger den Regeln folgen. Am Ende ist der Order of Nine Angles wahrscheinlich mehr eine Philosophie als eine Organisation.

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Eine mutmaßliche Schlüsselfigur des O9A ist der Brite David Myatt. Er soll nicht nur einige der wichtigsten Schriften des satanistischen Ordens verfasst haben, Myatt hatte auch großen Einfluss auf die britische Neonaziszene inklusive der rechten Terrororganisation Combat 18, bevor er 1998 zum Islam konvertierte und sich öffentlich für Osama bin Laden und Selbstmordattentate aussprach.

Die Ideologie des O9A ist in jeder Hinsicht extrem. Die auf Extremismusforschung spezialisierte Denkfabrik Institute for Strategic Dialogue schreibt auf ihrer Seite: "Mehrere O9A-Texte propagieren Vergewaltigungen und Pädophilie als Mittel, zivile Normen zu überschreiten." 

Eine Person der Denkfabrik, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, sagte gegenüber VICE: "Die Wahrscheinlichkeit, dass O9A-Anhänger mit Missbrauchsdarstellungen erwischt werden, ist höher als bei anderen Neofaschisten." Das liege am dogmatischen Willen der Mitglieder, tabuisierte, unmoralische und gewalttätige Praktiken anzuwenden. "Einige dieser Praktiken haben rituelle Zwecke", sagt diese Person weiter, "andere dienen nur dazu, die ausführende Person für Leid und Gewalt zu desensibilisieren – und zwar so sehr, dass sie nicht mehr zurückkann." 

In gewalttätigen und extremistischen Gruppen gebe es immer wieder die Möglichkeit, sich aus Aktivitäten rauszuhalten, sagt das Mitglied der Denkfabrik. "Es gibt aber beim Trauma – beim erhaltenen wie ausgeübten – einen Grenzbereich. Wenn dieser überschritten ist, existiert diese Möglichkeit nicht mehr."

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Und tatsächlich: Die Liste von Neonazis mit O9A-Verbindungen, die wegen des Besitzes von Missbrauchsdarstellungen oder Übergriffen auf Kinder festgenommen wurden, ist lang.

Der wohl prominenteste Fall der jüngeren Geschichte ist Ryan F., ein führendes Mitglied der verbotenen britischen Neonaziorganisation National Action. Laut der britischen antifaschistischen Website Hope Not Hate betrieb F. ein Nexion in Yorkshire und war international mit anderen Mitgliedern des O9A vernetzt. 2012 wurde F. wegen Freiheitsberaubung, Folter und sexuellen Missbrauchs eines Zwölfjährigen zu einer Haftstrafe verurteilt. Sechs Jahre später wurde er für den sexuellen Missbrauch einer 14-Jährigen verurteilt, die er online kennengelernt hatte. 2021 wurde er erneut zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt, weil er gegen seine Auflagen verstoßen und über Instagram Kontakt zu Minderjährigen aufgenommen hatte.

In der Neonaziorganisation Sonnenkrieg Division gab es gleich mehrere Mitglieder, die wegen des Besitzes von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger angeklagt wurden. Der 19-jährige Michal S. hatte einen Blog betrieben, auf dem er die Vergewaltigung von Kindern propagierte. Er bekam vier Jahre Gefängnis für den Besitz von terroristischem Material und wegen Ermutigung zum Terrorismus. S. hatte zur Ermordung Prinz Harrys aufgerufen, weil dieser mit Meghan Markle eine Schwarze geheiratet hatte. Bei dem Mitangeklagten Jacek T., einem weiteren Mitglied von Sonnenkrieg Division, fanden die britischen Strafverfolgungsbehörden Terrorismuspropaganda und Missbrauchsdarstellungen von Kindern.

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Die Anklage bezeichnete die Inhalte als "ziemlich verstörend". Neben der Vergewaltigung von Kindern zeigten sie auch Sex mit einer Leiche. T. bekam eine Haftstrafe von vier Jahren und acht Monaten.

Schwarz-weiß-Bild einer Person mit Hakenkreuz-Armbinde, die ein Buch mit dem Titel Liber 333 iiest

Dieses Bild stammt vom Tumbler des TEMPEL OV BLOOD, der eng mit dem Oder of Nine Angles verbunden ist

Auch in Nordamerika sind Neonazis mit O9A-Einflüssen wegen des Besitzes von Missbrauchsdarstellungen oder der Manipulation Minderjähriger aufgefallen – insbesondere im Umfeld der Atomwaffen Division. Der Anführer der texanischen Abteilung von Atomwaffen, John Cameron D., nannte sich im Internet "Rape" und war ein öffentlicher Anhänger der Order of Nine Angles. Durch ihn übernahm die rechtsextreme Gruppe die Ästhetik der Satanisten und fing an, einige O9A-Bücher zur Pflichtlektüre zu machen.

2020 wurde D. verhaftet, weil er unter falschen Angaben Sondereinsatzkommandos der Polizei zu politischen Gegnern geschickt haben soll – sogenanntes Swatting. Im Zuge der Ermittlungen fand die Staatsanwaltschaft Beweise dafür, dass er Nacktbilder der minderjährigen Freundin eines anderen Neonazis verbreitet hatte. Laut Gerichtsunterlagen sagte ein Informant aus, D. habe "Kinderpornografie mit anderen Rassisten getauscht". D. bekannte sich schließlich in den anderen Anklagepunkten schuldig und wurde 2020 zu 41 Monaten Gefängnis verurteilt.

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Ein anderes Atomwaffen-Mitglied, Benjamin B., bekam 80 Monate Gefängnis für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen von Kindern. Ermittelt hatte man ursprünglich gegen ihn, weil er online mit Gewalttaten gedroht hatte.

Christopher Combs, ein FBI-Agent, der gegen B. ermittelt hatte, sagte anlässlich des Urteils: "Die Aussagen und vorgelegten Beweise demonstrieren die Besessenheit des Angeklagten, barbarische und unmenschliche Gewaltakte an Kindern und anderen auszuüben." 

Der bislang jüngste Fall ist der des 22-jährigen Angel A. aus New York. Er steht unter anderem für die Erstellung und Vertreibung von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger vor Gericht. Die Strafverfolgungsbehörden kamen auf A. wegen seiner expliziten Social-Media-Posts. Dazu gehört auch ein Instagram-Post, in dem A. ein T-Shirt mit der Aufschrift "Kiddie Fiddler" trägt und vor einer Hakenkreuzflagge den Daumen nach oben macht. Auf einem danebenstehenden Computerbildschirm steht: "I'm addicted to hardcore child pornography". Als die Polizei anschließend seine Wohnung durchsuchte, fand sie auch eine illegale Waffe und O9A-Material. Der Prozess steht noch aus, aber A. droht eine lebenslange Haftstrafe.

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Foto einer Person mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "Kiddie Fiddler" vor Hakenkreuzflagge und einem Computerbildschirm mit der Aufschrift "I'm Addicted to hardcore child pornography"

Bild mit freundlicher Genehmigung des US-Justizministeriums

Einige vermuten, dass der O9A-Einfluss auch deswegen so weit reicht, weil der Orden seine Anhänger dazu auffordert, sogenannte Einsichtsrollen anzunehmen und sich anderen Gruppen anzuschließen, die im direkten Gegensatz zu ihren eigenen Überzeugungen und persönlichen Veranlagungen stehen. Demnach sollten tendenziell links oder anarchistisch eingestellte Menschen sich einer rechtsextremen Gruppe anschließen, unsportliche innerhalb von acht Monaten einen Marathon laufen und so weiter. Es ist aber wahrscheinlicher, dass Gruppen wie Atomwaffen und Sonnenkrieg dazu dienten, potenziell Gleichgesinnte zu finden und diese zu indoktrinieren.

Ein ehemaliges Mitglied einer berüchtigten Neonazigruppe, in der es auch Einflüsse des O9A gab, sagte VICE, dass in Chats immer wieder Witze über Missbrauchsdarstellungen und ähnliche Sachen gemacht worden seien, diese aber nie geteilt wurden. Aus rechtlichen Gründen möchte die Person anonym bleiben.

"Je tiefer man allerdings in den Kaninchenbau hinabstieg, desto extremer und ironiefreier wurde es", sagt die Person. "Bei manchen Kameraden war ich überrascht, dass sie mit solchem Zeug erwischt wurden, aber in vielen anderen Fällen hat es mich leider nicht wirklich gewundert. Vor allem, wenn sie irgendwie mit O9A zu tun hatten, zumindest mit der Ästhetik."

Manchmal sei es auch schwierig gewesen, zwischen Fiktion und Wirklichkeit zu unterscheiden. Als ein Mitglied seiner Gruppe für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen verhaftet wurde, hätten anfangs alle gedacht, dass das FBI ihm das Zeug untergejubelt habe – auch wenn der Beschuldigte immer wieder Witze darüber gepostet habe.

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Die Grenze zwischen denen, die ernsthaft der Ideologie des Order of Nine Angles folgten, und denen, die die übertrieben edgy Ästhetik der Satanisten nur nutzten, um zu schockieren, ist schwammig.

In den Chats dieser rechtsextremen Gruppen ist schwarzer Humor und bitterböse Ironie dermaßen allgegenwärtig, dass Witze über Sex mit Kindern und sogar Szenebegriffe für kindliche Genitalien zur Normalität gehören. Innerhalb der Gruppen kommt es aber immer wieder zu Auseinandersetzungen über O9A-Inhalte. In einigen Neonaziorganisationen kam es im Streit um die satanistischen Inhalte auch schon zu Abspaltungen einzelner Fraktionen.

Das doppelte Risiko

Wenn man den Einfluss des Order of Nine Angles beiseite lässt, der bei aller Obszönität im Großen und Ganzen immer noch eine Randerscheinung darstellt, könnten die vielen Verhaftungen in rechtsextremen Kreisen im Zusammenhang mit Missbrauchsdarstellungen auf eine andere, nicht weniger verstörende Tatsache hinweisen: wie weit verbreitet solches Material eigentlich ist.

Mark Pitcavage arbeitet als Wissenschaftler für die Anti-Defamation League und untersucht seit drei Jahrzehnten die Aktivitäten der extremen Rechten in den USA. Er könne sich auch an mehrere Fälle von vor 20 oder 30 Jahren erinnern, in denen Rechtsextreme wegen solcher und ähnlicher Verbrechen verhaftet worden seien, sagt er. Er warnt allerdings davor, zu viel in diese Tatsache hineinzuinterpretieren.

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"Es gibt sehr viel Kinderpornografie. Und in diesen Kreisen wird es auf jeden Fall Menschen geben, die extreme Ideologien der einen oder anderen Art haben", sagt Pitcavage. "Es ist aber so, dass man als Extremist eher mit Kinderpornografie erwischt wird als zum Beispiel als Metzger."

Wenn ein Extremist nämlich im Besitz von Missbrauchsdarstellungen sei und es irgendeine Form von Durchsuchungsbefehl gebe, werden die Ermittlerinnen und Ermittler diese auch finden. "Andersherum wird die Polizei bei jemandem, gegen den sie wegen Kinderpornografie ermittelt, auch Verbindungen zu rassistischen oder anderweitig extremistischen Gruppen finden, sollten diese existieren", sagt Pitcavage. "Sie tragen also in gewisser Weise ein doppeltes Risiko."

Ein Beispiel dafür ist die Auflösung des Frankfurter Spezialeinsatzkommandos (SEK) 2021 wegen rechtsextremer Chatinhalte. Die Staatsanwaltschaft hatte die Chats entdeckt, als sie gegen ein damals 38 Jahre altes SEK-Mitglied wegen der Verbreitung und des Besitzes von Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen ermittelte. 

Mehrere Forscherinnen und Forscher, die sich auf Täter im Umfeld von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger spezialisiert haben, sagten VICE, dass ihnen nicht bekannt wäre, dass Rechtsextreme überproportional häufig mit solchen Taten in Erscheinung treten würden. 

Die Gerichtspsychiaterin Cynthia Baxter sieht es dann auch ähnlich wie Pitcavage. Mitglieder rechtsextremer Gruppen würden verstärkt die Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden auf sich ziehen. Bei den Durchsuchungen würden dann die Inhalte mit den Missbrauchsdarstellungen entdeckt. "Ich vermute, dass man bei vielen Menschen Missbrauchsdarstellungen entdecken würde, wenn man ihre Geräte durchsuchen würde", schreibt sie. Solches Material sei in der breiten Gesellschaft leider extrem verbreitet.

Ein älterer Mann in Nazi-Uniform posiert vor einer Hakenkreuzflagge neben zwei jungen Männern in Tarnkleidung und verdeckten Gesichtern

James Mason mit Mitgliedern der Atomwaffen Division | Foto von Telegram

Wie Pitcavage bereits erwähnte, handelt es sich dabei auch nicht unbedingt um ein neues Phänomen. Auch lange bevor es Gruppen wie Sonnenkrieg Division gab, wurden Neonazis mit Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen oder mit minderjährigen Frauen erwischt. Darunter auch der einflussreiche rechtsextreme Autor und Vordenker der Atomwaffen Division James Mason. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre fand die Polizei bei zwei separaten Razzien Nacktbilder einer 15-Jährigen bei dem damals rund 40-Jährigen. 1994 wurde er wegen der sexuellen Ausbeutung einer Minderjährigen verhaftet. Ins Gefängnis kam er allerdings, weil er seine damals 16-jährige Ex-Freundin und ihren Freund bedroht hatte.

Auch wenn Neonazis vielleicht einfach besonders häufig ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten, steht doch fest, dass rechte Ideologien nicht gerade ein Nährboden für Empathie und Menschenfreundlichkeit sind. Dass dann Leute mit einer entsprechenden Einstellung besonders auf diese Gruppen anspringen, verwundert auch keinen. Das gilt besonders für die extremsten Ausprägungen rassistischer Ideologien wie den Order of Nine Angles.

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