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The Weird Science Issue

VICE Reviews

Kendrick Lamar wird nicht der neue 2Pac und Die Eternias mussten für ihr neues Album wohl ihre Seele verkaufen. So oder so, die neuen Reviews sind da!

KENDRICK LAMAR

good kid m.A.A.d. city

Top Dawg/Aftermath/Interscope

Nein, Kendrick Lamar ist nicht der neue 2Pac. Wir hoffen auch ganz stark, dass das so bleibt und er nicht demnächst anfängt, einen Nasenring zu tragen. Glücklicherweise ist er auch nicht der neue Talib Kweli, obwohl manche Nummern auf dem Album schon fast schmerzhaft conscious sind. Irgendwie geht das aber trotzdem klar. Das liegt nicht nur an seinem Gespür für über-catchy Hooks. Da scheinen sich auch alle einig zu sein. Ob als Ghostwriter von Dr. Dre, mit 2-Minuten-Solo-Gerappe auf Drakes Album oder zusammen mit seinen recht unvorteilhaft benannten Black Hippie Homies. Everybody loves Lil Kendrick. Wir übrigens auch.

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LOVE JONES

CULT OF YOUTH

Love Will Prevail

Sacred Bones/Trost

Genug von separatistischem Geklampfe. Genug von vernebelten Weltbildern und billig provozierendem Code-Salat. Genug von den putzigen Geheimbünden und der Selbstbespiegelung einer Szene, deren kritikloses Gesicht jederzeit Douglas Pearce Pisse empfangen würde, als sei es Weihwasser. Genug von all dem Schrott, der Ergründung und Auseinandersetzung behauptet, aber nicht mehr ist als formaldoofer, apokalyptischer Musikantenstadl. Genug von Platten wie dieser hier. Wären da nicht ein, zwei Nummern drauf, die wenigstens versuchen, selbst zu denken, dann gebe es für die CD längst zweckdienlichere Bestimmungen. Frisbeeturnier bei der nächsten Sonnenwendfeier, anyone?

RICE BOYDTEL

DIE ETERNIAS

Sould Out

Seayou

Sould out, get it? Seht ihr das raffinierte Wortspiel? Wahrscheinlich mussten sie für den cleveren Wortwitz gleich dem Teufel ihre Seele überlassen. Die Seele gegen dieses Album einzutauschen, hat sich aber irgendwie nur halb gelohnt. Es ist ganz nett, aber auch nichts Besonderes. Dieses ganze Freakfolkding eben. Also ausverkaufen wird sich Sould Out wahrscheinlich nicht.

SOULDIER

HOW TO DRESS WELL

Total Loss

Weird World

Erinnert ihr euch noch, wie betörend dieser Typ mit seinem ersten Album die Komplexe seiner Generation einsalbte? Man muss diese Frage stellen, denn Teil ihres Problems ist es, sich nicht merken zu können, was vor 20 Minuten passiert ist. Wie dem auch sei, es sind seitdem zwei Jahre vergangen und Tom Krell hat währenddessen ein paar ziemlich lustige neue Spleens entwickelt. Er hält sich offenbar nun für die Reinkarnation Michael Jacksons. Seine Lautmalerei auf dem neuen Album spricht da Bände, von „uh“,über „uh hu huu“, bis zu diesem hellen Glucksen ist eigentlich alles dabei. Die beherzt massierende Hand im Schritt setzen wir angesichts der Falsettvollbedienung sowieso voraus. Und hier noch schnell das eh schon absehbare Fazit: Was zum Beispiel beim alten Sylvester Stallone-Klassiker „Rocky“ ein Prozess über mehrere Teile war, liegt hier ganz nah beieinander: Die Vorlage eines gelungenen Debüts und die unfreiwillige Parodie darauf. Schön, wenn der Albumtitel genau beschreibt, was einen erwartet.

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ADRIAN PENINO

JJ DOOM

Key to the Kuffs

LEX Records

Vor einiger Zeit habe ich Odd Future live gesehen. Es war ein Desaster vor halb vollem Haus. Ein von einem technischen Fuck-up zum nächsten stolperndes Set, obwohl da nur ein winziges MacBook auf der Bühne stand. Ein Kindergarten auf Keta. Ohne hier wie ein der alten Zeit hinterher weinender Miesmacher rüberkommen zu wollen, aber an solchen Abenden kann man schon malden Glauben an moderne Rapkultur verlieren. Manchmal hat man aber Glück und es liegt am nächsten Tag ein Album wie dieses auf dem Tisch. MF Doom spittet wie ein aufgestachelter Voodoo-Priester, Beth Gibbons steuert ihren verhängnisvollsten Sirenengesang bei, ein Cameovon Damon Albarn ist weniger erwähnenswert, da insolchen Kontexten sowieso unvermeidbar, und Producer Jneiro Jarel steigt in Abgründe herab, von denen Tyler nicht mal albträumen möchte. Der Typ könnte wahrscheinlich sogar einen Schatten samplen, wenn er wollte.

ASTAB ROOKIE

MANUELLE MUSIK

Birds Remix EP

Miteinander Musik Zürich

Miteinander Musik scheint es allen Ernstes auf die Kette bekommen zu haben, auch die Remix EP von Birds an der Romney-Kampagne vorbeizuschmuggeln. Das freut uns. Eines der Zugpferde, die so was möglich machen, ist der Label-Mitbegründer, Wahlberliner und Benefiziar kultureller Frühbildung durch das Elternhaus: Manuelle Musik. Birds heißt die erste EP, die Manuelle Musik also auf seinem eigenen Label rausbrachte. Der Sound ist nicht die Neuerfindung des Rades, aber wieder Titel vermuten lässt, gute Musik zum Vögeln. Tanzen kann man dazu ebenfalls nach Vogel-Manier, in den frühen Morgenstunden oder auf dem Weg Richtung Süden. Eben erschienen ist die Remix EP zu Birds, die trumpft lässig mit wohlsortierten Namen auf: Rafael Kakudo (Made to play), Spieltrieb (Baalsaal rec.), Viadrina (pets recordings) und James Creed (Klasse recordings) haben sich gefühlvoll mit den Birds-Tonspuren auseinandergesetzt und ein durchaus hörenswertes Produkt abgeliefert.

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BIG BAD BIBO

RANGLEKLODS

Beekeeper

Ink Music

Mit einer Stimme wie so eine nervige Stadionrock-Popband mit latent englischem Akzent, aber doch ganz okayer Musik ist Rangleklods wieder so ein zwiespältiges Ding, bei denen ich eigentlich nicht weiß, was ich davon halten soll. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto wurschter werden sie mir. Ist das ein Zeichen? Ja, Beekeeper ist absolut nichts Besonderes und ich hab schon genug Mittelmäßigkeit in meinem Leben, also danke, aber nein, danke.

COLDPLAY SUX

MONOKLE

Saints

Ki Records

Wenn meine Oma von meiner Großtante Gerti spricht, benutzt sie gerne die Redewendung: „Mir ist das Monokel in den Kakao gefallen.“ Ich weiß zwar bis heute nicht, was das bedeutet, aber der Gedanke an Gerti und ihr Monokel zaubert mir immer ein wohliges Grinsen ins Gesicht. Dann gleite ich zu der Vorstellung ab, wie sie beim Seniorentanz ihren uralten Körper zu den Minimal-Klängen von Saints wabbeln lässt, und ich fürchte mich ein bisschen.

GERTIS GIRL

NEUROSIS

Honor Found In Decay

Neurot Recordings/Trost

Scott Kelly und seine Truppe haben ihr 10. Studioalbum rausgehauen. Überraschenderweise immer noch solide Arbeit und alles andere als lahm. Die Klangfarbe bleibt jedoch nach wie vor dieselbe: dunkelgrau bis oarsch. Hoffnungslose Grantler, drogenabhängige Misanthropen, emotionslose Gewaltverherrlicher und verfilzte Unzufriedene—alle werden sie mit den wenig aufbauenden Liedern mehr als nur zufriedengestellt. Die einzige Frage, die hier noch offen bleibt: Kann man sich soeine Platte auch in Gesellschaft und ohne Drogen anhören? Wir denken nicht. Höchstens LIVE natürlich, aber Konzerte der mittlerweile 27 Jahre alten Band sind, zumindest in unseren Breitengraden, eher selten. Honour Found In Decay ist jedenfalls sicher nicht Neurosis bestes Album, aber ihren Spirit haben sie anscheinend auch noch nicht verloren. Grund genug für eine Empfehlung.

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OBERST VEIT

Moneybrother 

This is Where Life is 

Motor Music/Red Bull Media House/ Hacka

Eines Morgens fand ich ein schmuckes Moneybrother- Pressekit bestehend aus Bleistift, Weltkarte und natürlich der Promo-Cd zum neuen Album, auf meinem Schreibtisch. Im beigelegten Infosheet erzählt mir Moneybrother, wie er um die Welt gereist ist, Night-Time Sessions in Bob Marleys Tuff Gong Studios eingelegt und alles dann in den Londoner Red Bull Studios zu einem Ganzen gefügt hat. Während ich also dem Ergebnis dieses Projekts, das wohl Summen in stratosphärischer Höhe verschlungen haben muss, lausche, kritzle ich mein Konterfei auf die Karte und träume mich in eine Hängematte an der Küste Kapstadts. An die Musik kann ich mich ehrlicherweise nicht mehr erinnern, aber die sechs Punkte für die kurzweilige Geistesflucht aus diesem Höllenloch kommen von Herzen.

BROTHER BOY

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