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Verbrechen

"Ich habe eben das Kind der Nachbarn getötet" – Der Mörder von Herne hat seine Tat gewhatsappt

Der Chatverlauf erlaubt einen Einblick in die Psyche Marcel H.

Eigentlich hatte Marcel H. geplant, sich selbst umzubringen. Aber schließlich merkte er, dass er dazu nicht in der Lage war. Stattdessen tötete er am Montagabend in Herne einen neunjährigen Nachbarsjungen.

Das alles geht aus einem WhatsApp-Chat hervor, den ein anonymer Nutzer auf der Plattform 4chan veröffentlicht hat (der Post wurde mittlerweile gelöscht). "Ein Freund von mir wollte seinen Selbstmord planen", schreibt der Nutzer. "Aber dann hat er das Kind der Nachbarn umgebracht, weil er seinen Selbstmordversuch versaut hat." Dazu postete er eine Reihe von Screenshots der Unterhaltung zwischen ihm und Marcel H., die offenbar am Montagabend kurz vor und nach dem Mord des Neunjährigen stattgefunden hat. Dazu gehören auch Fotos, die H. ihm anscheinend direkt vom Tatort geschickt hat – darunter ein Selfie des Täters mit seinem augenscheinlich schon toten Opfer. Die Polizei Bochum hat die Echtheit der Chats gegenüber VICE bestätigt. Außerdem soll H. laut Polizei unmittelbar der Tat noch ein Video im "Darknet" gepostet haben.

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Als der User seine Unterhaltung um kurz nach 19 Uhr am Montag im Internet postet, weiß außer Marcel H., dem Whatsapp-Freund und möglicherweise ein paar Darknet-Usern noch niemand von dem Mord. Erst nachdem andere ihm empfehlen, alles der Polizei zu melden, um nicht selbst in Schwierigkeiten zu geraten, wird der Nutzer offenbar aktiv. Er alarmiert die Polizei, die wiederum die Polizei in Herne benachrichtigt. Gegen 20:30 Uhr treffen die Beamten vor einem Reihenhaus in einer Wohnsiedlung ein, kurze Zeit später stehen sie im Keller. "Die Kollegen haben die Sachen, die da gepostet waren, leider in der realen Lage sehen müssen", sagt ein hörbar aufgebrachter Pressesprecher der Bochumer Polizei zu VICE. "Das waren Anblicke, die man sein ganzes Leben nicht vergisst." Von H. fehlt seitdem jede Spur.

Der Chatverlauf erlaubt einen Einblick in die Psyche Marcel H. Nachdem sein Bekannter und er sich am Vortag darüber ausgetauscht hatten, welche Selbstmordmethode "besser" sei, meldet sich H. am nächsten Abend mit der Ankündigung zurück, es seien "gleich alle Vorbereitungen getroffen". "Kann kaum laufen wegen dem Rotwein", schreibt Marcel. Und: "Wenn ich das heut nicht hinkriege mach ich was knastwürdiges."

Die Ankündigung, dass Marcel H. bereit ist, sich umzubringen, kommentiert der unbekannte Freund nur mit einem lapidaren "hab spaß in der anime welt". Als H. ihn kurz darauf fragt, ob er "später 4chan reife bilder" wolle, antwortet er nur mit einem kurzen "Klar".

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31 Minuten später meldet sich Marcel H. mit der Nachricht "Feueralarme sind los, shit" wieder zurück. Die Polizei geht davon aus, dass H. sein neunjähriges Opfer in diesen 31 Minuten getötet hat.

Die nächsten Nachrichten kommen schnell und wirken etwas wirr. H. schreibt, der Grill in seiner Wohnung habe "zu viel Rauch gemacht". Kurz darauf schickt er drei Fotos, darunter ein Selfie.

H. hält seine blutige Hand mit dem Messer direkt in die Kamera, dahinter sein grinsendes Gesicht. Erst beim zweiten Hinsehen erkennt man schräg hinter seinem Kopf das blutverschmierte Gesicht eines Kindes mit geschlossenen Augen. Es sieht aus, als habe Marcel sich auf den Boden neben das Kind gelegt, um das Foto zu machen.

Es ist nicht ganz sicher, ob sein Gesprächspartner das Kindergesicht bemerkt oder verstanden hat, was H. ihm da gerade geschickt hat. Als H. ihm "Renne jetzt weg" schreibt, nennt sein Freund ihn noch eine "pussy". Dann schickt Marcel H. noch mehr Fotos von sich und dem getöteten Jungen. Dazu kommen Sprachnachrichten, die der Freund für das Forum aufgeschrieben hat. "Ich konnte das mit dem Seil nicht machen, ich habe eben das Kind der Nachbarn getötet", soll Marcel in den Nachrichten erzählt haben. H.s weitere Sätze, die der Freund wiedergibt, klingen lapidar, ohne Reue. Er soll gesagt haben, dass er gerne noch weitere grausame Taten begangen hätte, aber dafür das Opfer nicht passend war.

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Erst jetzt scheint sein Freund zu verstehen, was da passiert ist. "wie bitte was", schreibt er. H. antwortet darauf, dass er eine Flasche Wein getrunken hat, um seine "mentale Hürde" loszuwerden. Dann schickt er ein Foto von seinem blutigen Turnschuh und schließlich ein "See you space cowboy".

Danach war die Unterhaltung offenbar zu Ende. Marcel H. hatte noch angekündigt, seine SIM-Karte vernichten zu wollen, kurz darauf muss er die Flucht ergriffen haben.

Die Bochumer Polizei fahndet mittlerweile im ganzen Ruhrgebiet nach Marcel H. Er sei möglicherweise immer noch mit dem Messer bewaffnet und befinde sich in einem "psychischen Ausnahmezustand". Der schmächtige 19-Jährige, der laut der Polizei "wenige soziale Kontakte" pflegte, trägt mutmaßlich eine Hose und Weste in Flecktarn.

Die Polizei warnt, dass Marcel immer noch gefährlich sein könnte. Wer ihn trifft, soll ihn nicht ansprechen, sondern sofort über den Polizeinotruf 110 Bescheid sagen. Auch die zuständige Mordkommission hat unter der Rufnummer 0234 / 909-4244 ein Telefon für Hinweise zur Tat oder zum Aufenthaltsort von Marcel H. eingerichtet.