Paul Maliszewski ist einer der seltsamsten und originellsten Menschen, die wir kennen. Er ist extrem witzig. Er würde es wahrscheinlich vorziehen, wenn wir das nicht immer noch herumerzählen würden, aber als er mit dem Literaturstudium fertig war, arbeitete er eine Weile bei einem Wirtschaftsblatt und dachte sich dafür monatelang Beiträge von „Autoren” aus. Sie hatten immer andere Namen, Positionen und Anliegen, und wurden komplett so, wie er sie schrieb, veröffentlicht. Pauls Boss hatte keine Ahnung, dass er die Hälfte der Inhalte des Blattes selber schrieb. Jedenfalls führte dann eins zum anderen und das Ganze landete am Ende auf dem Tisch des Generalstaatsanwalts des Staates New York. Paul wurde in ein Zimmer zu zwei Männern zitiert, die ihm sagten, dass sein Leben gelaufen sei. Daraufhin erfand er kurzum die Satire neu. Er ist stur, und wenn er sauer wird—gütiger Gott, dann will man nicht in einem Raum mit ihm sein. Aber das alles bekommt man oft nicht mit, wenn man nicht wirklich aufpasst, denn er versteckt es. Er läuft in seinen Kakihosen und zugeknöpften Hemden umher und tut, als wäre er die reine Unschuld, als würde er keiner Fliege etwas zuleide tun, und dann schreibt er eine Geschichte wie diese hier.
Paul ist einer der wenigen lebenden wahren Autoren. Seine Prosa ist bei Harper’s, im Paris Review und Apology erschienen.
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Er ist der Autor von zwei Sammlungen, Fakers und Prayer and Parable. Er ist auch einer der wenigen lebenden Prosaautoren, die sich gelegentlich trauen, etwas Schlechtes über die Arbeit anderer Prosaautoren zu sagen. Was … wenn du nicht weißt, wie das in der Szene läuft, und wer sagt, dass man nett sein solle, und wer sagt, dass man nicht nett sein soll, und das alles—nun ja. Wir haben jedenfalls gehört, dass Stanley Kubrick eine einzige Geste dafür hatte: Er wischte mit der Hand durch die Luft.
„Okay” handelt von einem Mann, dessen Frau ihm vorschlägt, dass sie Sex mit Fremden hat, während er zuschaut. Paul verwendet all seine Intelligenz und kreative Energie auf Ideen, die geringeren Autoren (a) nicht einfallen würden, oder die sie (b) nicht für ausreichend halten würden, um eine Geschichte zu tragen, und an denen sie dann 20 Seiten lang herumfriemeln würden, um dann ein glückliches oder unglückliches Ende daran zu hängen und sie fertig zu nennen.
***
Meiner Frau gefiel die Vorstellung, dass ich zuschauen würde. Sagte sie jedenfalls. Eben hatten wir noch darüber gesprochen, Abendessen zu machen, und ob wir überhaupt etwas zum Kochen da hätten, oder ob ich noch mal losgehen und was kaufen sollte, oder ob wir doch einfach etwas bestellen sollten, und dann sagte sie plötzlich, dass sie komplett unbekannte Typen ansprechen und sie mit zu uns nach Hause bringen wollte, und dass ich mitkommen sollte, vermutlich, um zu sehen, wie das ablief. Es war, als hätte ich gerade einen Film angemacht, nur dass ich selber darin mitspielte und meine Frau auch, und wir über Dinge sprachen, über die wir nie gesprochen hatten.
Ich fragte sie, wie sie auf eine solche Idee gekommen sei, und sie zuckte mit den Schultern. „Es ist mir einfach so eingefallen”, sagte sie. „Not macht ja bekanntlich erfinderisch und so weiter.” „Haben die Leute das nicht ursprünglich über die Glühbirne gesagt?” „Genau”, sagte meine Frau. Nachdem wir ziemlich lange geredet hatten, gingen wir in ein Restaurant, das sie mochte. Es hatte in der Mitte eine lange geschwungene Bar. Der Laden sah aus wie eine Skihütte. Steinkamine und schwere Möbel und so weiter. Wir wählten einen Tisch, und kaum dass wir saßen, kam der Kellner zu uns herüber. Er trug schwarze Skihosen und ein schwarzes T-Shirt auf dem „Eat” stand.
Meine Frau bat ihn, uns ein paar Minuten Zeit zu lassen, und er verschwand. Sie legte ihre Hand auf meine und sagte: „Ich gehe jetzt, OK?” Sie zeigte in Richtung der Bar, und ich nickte. „Und du bist dir sicher, dass es dir nichts ausmacht?”, sagte sie. Ich nehme an schon, sagte ich. Was hätte ich auch sagen sollen? „Ich will, dass du weißt, dass ich dich nicht um Erlaubnis bitte, Thom. Aber ich will sicher sein, dass du OK bist. Denn ich habe dich gern, wie du weißt. Und zwar sehr.” Es ging mir OK. Ich sagte ihr, sie solle sich keine Sorgen machen. „Du behältst mich im Auge, ja?”, sagte sie. „Wie du es mir versprochen hast?” Ich sagte, klar. „Die ganze Zeit”, sagte sie. Ich sagte, ja, die ganze Zeit. Sie stand dann auf und hielt sich kurz an der Tischkante fest. „Willst du mich nicht küssen, oder so?”, sagte sie. Ich sah sie an.
Ob sie wolle, dass ich sie küsste? Sie zuckte mit den Schultern, als wolle sie sagen, auch egal, also wünschte ich ihr viel Glück, und dann ging sie davon. Sie humpelte ein wenig, wie sie es immer tat, und belastete ihr linkes Bein mehr als das rechte. Ich dachte darüber nach, ein Steak zu bestellen. Ich hatte in diesem Monat noch kein Steak gegessen. Ich soll möglichst selten rotes Fleisch essen. Meine Frau hatte ein paar Minuten an der Bar gesessen, als dieser Typ im Anzug ihr einen Drink bringen ließ und ihr quer durch den Raum zuwinkte. Sie ist keine unattraktive Frau. Sie ist klein, hat aber einen großen Busen, was, wie ich mir vorstellen konnte, ihre Chancen sicher nicht verschlechterte.
Ich sehe ja, wie die Männer sie anschauen, wenn wir zum Beispiel zusammen einkaufen gehen, und ein Typ läuft an uns vorbei und ich checke ihn aus, ob er eine Gefahr ist, aber er starrt die ganze Zeit nur sie an, als wäre ich gar nicht da. Na ja, jedenfalls waren sie jetzt dabei zu reden oder so was, und es sah so aus, als würde sich der Typ ganzschön ranmachen, und ich sah, wie meine Frau diese Bewegung machte, wo sie auf diese Art lacht, dass man ihren Hals sieht, und dann musste sie etwas über mich gesagt haben, denn der Typ drehte sich zu mir um und sah mich an. Ich aß gerade mein Steak und kaute auf einem Stück Pommes herum. Ich nickte in seine Richtung und er redete wieder mit meiner Frau, bevor er schließlich zu mir rüberkam.
„Ist das irgendein Spiel?”, fragte er. Er wirkte aufgeregt. Ich säbelte ein kleines Stück von dem Steak ab, wie es mir mein Arzt geraten hatte. Ich sagte dem Typ, wenn meine Frau gesagt habe, dass es ein Spiel sei, dann wäre es auch ein Spiel. Was auch immer sie sagt, dass es ist, das ist es dann auch. Was hatte sie wohl gesagt? Ich wollte es wissen, aber irgendwie auch nicht. Der Typ sagte etwas, dass ganz OK klang, und ich sagte, dass er in Ordnung zu sein schien, sauber und alles. Ich hatte gedacht, dass meine Frau und ich zusammen fahren würden, aber sie wollte, dass ich hinter ihnen herfuhr. In dem Punkt war sie ziemlich klar. Der Typ öffnete ihr die Autotür und machte dann ein komisches Tänzchen zur anderen Seite des Autos. Er hatte einen dieser sportlichen Honda Civics.
Ich blendete kurz die Scheinwerfer hoch, um ihm anzudeuten, dass ich bereit war. Wir fuhren die übliche Strecke, so wie ich auch gefahren wäre. Ich mochte, wie der Typ fuhr—nicht zu schnell, nicht zu langsam. Es bedeutete mir etwas, dass er kein mieser Fahrer war. Wir fuhren in unsere Straße, und dann fuhr er direkt in unsere Garage und parkte sein Auto dort. Ich wollte hupen, meine Hand lag praktisch schon auf der Hupe, aber dann fiel mir ein, dass meine Frau ihm das wahrscheinlich so gesagt hatte. Sie hatte wahrscheinlich darauf bestanden. Um diese Uhrzeit würde ich wahrscheinlich irgendwo auf der Straße einen Platz finden, vielleicht auf der anderen Seite des Parks. Als ich ins Haus kam, ging ich direkt ins Schlafzimmer. So hatte mir meine Frau das vorher gesagt. Die beiden waren in der Küche und öffneten, wie es klang, eine Flasche Wein.
Unser Schlafzimmer liegt über dem Wohnzimmer. Davor ist eine halbe Wand und ein dekoratives schmiedeeisernes Geländer, das aussieht, als hätte es jemand von einem Haus in Spanien oder Italien ausgebaut oder so. Jedenfalls war das der Ort, wo ich bleiben sollte, bei dem Geländer. Meine Frau und der Typ—er hieß Terry—bändelten inzwischen auf dem Sofa an. Er erzählte einen Witz, der klang wie etwas, das er einen Komiker im Fernsehen hatte sagen hören, und meine Frau saß da, völlig gebannt, als erzähle er gerade, wie er eine blinde Familie aus einem brennenden Haus gerettet hatte. Sie hatte ein Bein auf diese mädchenhafte Weise unter das andere geschlagen, und machte diese Bewegung, wo sie das andere Bein ausstreckt und ihren Schuh an ihrem Fuß baumeln lässt. Der Typ legte meiner Frau die Hand hinten auf den Hals und lächelte, und ich dachte, jetzt geht es los. Wenig später hatten sie eine recht heftige Knutscherei am Laufen, und meine Frau begann, ihm an der Hose herumzukneten, bis sie dann sein Glied herausholte, das für mich, ganz ehrlich, nach nichts Besonderem aussah. Der Typ lehnte sich auf dem Sofa zurück und lockerte seinen Schlips. Dann steckte sich meine Frau sein Glied in den Mund und begann daran hoch und runterzurutschen wie ein Kolben, und machte diese albernen Geräusche dabei. Mit den Geräuschen kam ich überhaupt nicht zurecht. Das war der Moment als der Typ—Terry—mich oben sah, wie ich durch das Geländer schaute. „Tut mir leid”, sagte er. Er schob meine Frau weg. Nicht auf eine grobe Weise. Er benutzte keine unnötige Gewalt. Er bewegte sie einfach nur von sich herunter. „Das ist zu seltsam”, sagte er. Dann stand er auf und richtete sich die Hose. „Euch beiden noch einen schönen Abend oder wie auch immer.” Als er gegangen war, schaute meine Frau zu mir hoch. „Musstest du ihn so komisch anstarren”, sagte sie.
Dutzende unbemannter Luftfahrzeuge kreisten über der Stadt. Ich hatte eins davon unter meinem Kommando und ein weiteres, das zum Abheben vorbereitet wurde; Ohd steuerte drei. Wir hielten nach Zielpersonen Ausschau, die sich mutmaßlich an verschiedenen Orten versteckt hielten. Das sollten wir jedenfalls sagen, falls uns irgendwer fragte. Ohd aß ein Roastbeefsandwich, während er von Monitor zu Monitor lief und die Flugdaten ablas und so. Er hob den Blick eine Sekunde von den Monitoren, sah sich im Kontrollraum um, und zeigte dann mit einem Ende seines Sandwichs auf mich. „Was du tun solltest, ist die Bewegungen deiner Frau nachzuverfolgen”, sagte er. Er nahm einen Bissen und nickte, als stimme er sich selber zu. „Stell sie unter Beobachtung”, sagte er. „So würde ich das jedenfalls machen. Wenn ich du wäre.”
Der Kontrollraum musste immer kalt und dunkel gehalten werden. Wegen der Computer, sagten sie. Ich begutachtete mein Mittagessen, das aus dem Üblichen bestand: einer Tüte mit dünn geschnittenen Karotten und einer zweiten mit gewürfeltem Stangensellerie. Der Sellerie war eine Herausforderung für meinen Körper, also mussten die Stücke kleiner sein, so hatte es mir mein Arzt vorgeschrieben. Ich war mir nicht sicher, ob es gerechtfertigt war, meine Frau zu überwachen. Hatte sie denn nicht ehrlich über ihre Wünsche gesprochen? „Das ist es ja gerade”, sagte Ohd. „Es erscheint einem nie gerechtfertigt, bis man nachher vor vollendeten Tatsachen steht und merkt, dass es das doch gewesen wäre, aber dann ist es zu spät, du hast verloren, Game over, Dickerchen.” Ohd zeigte auf das Fahrzeug, das jetzt am Boden wartete. Es hatte jetzt grünes Licht. „Benutz doch die Kiste”, sagte er. Mir war schlecht. Das ging mir oft so, während ich aß. Alles, was meine Frau gemacht hatte, war, mir zu sagen, was sie wollte, und ich hatte ja dazu gesagt. Ich hatte sie machen lassen. Oder etwa nicht? Ohd ließ den Kopf hängen, als hätte er gerade erfahren, dass seine Lieblingsfernsehserie abgesetzt wird. „Du verwechselst, was du weißt, mit dem, was du nicht weißt”, sagte er. „Das ist sehr gefährlich.” Er griff mit der Hand nach meinem Keyboard und ließ das wartende Fahrzeug starten. „Lass uns rausfinden, was deine Frau so treibt”, sagte er.
Als ich von der Arbeit nach Hause kam, machte sich meine Frau schon zum Ausgehen fertig. Sie trug Lippenstift auf und schminkte sich die Augen. „Wenn du dich hinsetzen willst, setz dich doch”, sagte sie. „Ich bin sicher, du hattest einen langen Tag oder so.” Ich wollte mich eigentlich schon kurz hinsetzen, aber ich hatte ein schlechtes Gewissen und folgte ihr ins Wohnzimmer. „Heute ist Quizabend”, sagte sie, „da muss ich einen guten Platz kriegen.” Ich war froh, dass ich nicht ausgehen musste, erleichtert. Außerhalb zu essen konnte meinen Körper tagelang außer Gefecht setzen. Ich legte mich aufs Sofa und hörte zu, wie sie sich durchs Haus bewegte, ihre Schlüssel suchte, Sachen von einer Tasche in eine andere räumte. Dann stand sie vor mir und ich schaute zu ihr hoch, es kam mir vor, als throne sie über mir, als wäre ich ein Winzling und sie riesengroß. Es war lustig, die Momente, in denen ich sie liebte, in denen dieses Gefühl hochkam. Würde sie heute vielleicht jemanden mit nach Hause bringen? Nach dem Quiz, meinte ich. Der letzte Typ, der Typ nach Terry, hatte das ganze Wochenende hier herumgehangen, bis Sonntagabend, und war dann offensichtlich mit meinem Bademantel abgezogen. Ich konnte ihn nirgendwo finden. Meine Frau runzelte die Stirn. Sie hatte genug von meinem Gerede über den Bademantel.
„Wir werden schon sehen, ob er sich wiederfindet”, sagte sie. „Ich muss los.” Ich sagte ihr, dass ich an der üblichen Stelle warten würde. Ich schaute zu dem Geländer hoch. „Versuch einfach nur freundlich zu sein”, sagte sie. „Das ist alles, worum ich dich bitte.” Ich zwang mich, aufzustehen und Essen zu machen; Weizennudeln ohne Sauce. Während ich auf meine Nudeln wartete, machte ich eine Packung Cracker auf und dann fand ich auch noch ein Glas Erdnussbutter. Ich strich etwas davon auf einen Cracker und er war ziemlich gut, aber darauf folgte dann ein zweiter und ein dritter und so weiter, und schon bald schmierte ich Erdnussbutter auf Cracker, so schnell ich sie essen konnte, und als meine Nudeln fertig waren, war ich von den Crackern schon zu satt, um noch viel davon zu essen. Ich wusste, dass ich dafür zahlen würde—die Erdnussbutter war ein rotes Tuch—aber es war mir egal. Die Überwachung der Bewegungen meiner Frau hatte mich erledigt.
Die Frau war ständig auf Achse … Erst der Lebensmittelladen, dann die Reinigung, um meine Hemden und Hosen abzuholen, dann zur Apotheke für die Medizin für meinen Magen. Nach der Reinigung gab es eine Periode, wo sie viel in der Gegend herumfuhr. Ohd sagte, dass es ihm ziellos vorkäme, und dass ihm dieses Ziellose Sorgen mache, denn wer fährt schon derart planlos in der Gegend herum? Ich war nicht sicher. Vielleicht tat ich das auch manchmal. Ohd betonte, dass sie aber über eine Stunde lang herumgefahren wäre, eine Stunde und mehr Rumfahren, ohne jedes erkennbare Muster, ohne irgendwas. Ohd fand das ziemlich befremdlich, aber vielleicht lag das auch an ihm, obwohl er sich das nicht recht vorstellen konnte. Ich fragte mich, ob sie telefoniert hatte. „Ja, aber mit wem?”, frage Ohd. „Mit wem redet sie über eine Stunde lang? Mit dir?” Er schaute mich an und konnte nur schwer ein Grinsen unterdrücken. Sie hatte mich natürlich nicht angerufen.
Am nächsten Tag wollte Ohd die blutigen Details. „Also haben deine Frau und Mr. Trivia dich aus dem Schlafzimmer geschmissen”, sagte er. Und so war es wohl gelaufen. Es war vor allem von meiner Frau ausgegangen. Es war nicht so, dass sie mich wirklich rausgeschmissen hätte. Sie gab mir nur ein Zeichen, dass ich gehen sollte. Wir hatten ein Zeichen dafür ausgemacht. Es war etwas mit ihren Haaren. Sie wollte es sich hinter das linke Ohr stecken. Ich dachte, ich hätte gesehen, wie sie es sich hinter das rechte Ohr und dann das linke Ohr steckte, und ich war nicht sicher, ob es das Zeichen war, oder ob sie es nur machte, um es zu machen, aber dann machte sie es noch mal, etwas offensichtlicher, mit nur einem Ohr. Also ging ich raus und stapfte nach unten ins Wohnzimmer. Hier hatten sie ein kolossales Chaos angerichtet, mit der Unterwäsche und den Weingläsern, also räumte ich auf und legte dem Typen seine Sachen in eine Tüte, aber dann kam mir das ein wenig zu aufdringlich vor. Oder einfach unfreundlich. Ich konnte schon hören, wie meine Frau mich fragte, was ich damit sagen wolle, die Sachen in eine Tüte zu tun. Warum hatte ich die Tüte nicht gleich neben die Tür gestellt, oder ganz nach draußen, wie den Müll? Warum nicht gleich die Tür sperrangelweit öffnen und ein riesiges Neonschild aufhängen auf dem steht „Bitte verschwinden Sie” oder so was? Ich legte die Sachen des Typen also zusammen, aber packte sie nicht weg. Das schien mir das Beste. Später setzte ich Wasser für einen Tee auf und der Typ kam in die Küche.
„Oh, Entschuldigung”, sagte er. Er zeigte hinter sich. „Ich kann gehen”, sagte er. Ich sagte, er solle ruhig bleiben, es sei kein Problem. Ob er vielleicht einen Tee wolle? Ich hatte Kamille mit Pfefferminze gemacht. Es war für meinen Magen. „Ein Bier wäre toll”, sagte er. Ich gab ihm ein Bier und ließ ihn sogar eins meiner im Gefrierschrank gekühlten Gläser benutzen. Hatte er Hunger? Er musste ja hungrig sein. Der Typ sah mich argwöhnisch an. „Vielleicht ein bisschen”, sagte er. Also machte ich ihm ein paar Spiegeleier—von beiden Seiten gebraten, wie er sie mochte—mit Schinken und Weizentoast und einer dünnen Schicht Butter und, da vom Frühstück noch eine halbe Grapefruit übrig war, legte ich sie dazu, und deckte ihm den Tisch und holte ihm eine Serviette.
Mir wurde ein wenig schlecht, als hätte ich zu viel gegessen, aber das Ding war, ich hatte seit Stunden nichts gegessen. Ich erbrach mich ins Waschbecken und danach ging es mir besser. Ich erzählte dem Typen, dass ich es früher geliebt hatte, Frühstückssachen mitten in der Nacht zu essen, als ich noch so essen konnte. Das war manchmal einfach das Beste. Wie tagsüber einen Film zu schauen. Der Typ nickte. „Du hast ein tolles Haus”, sagte er. Ich bedankte mich. „Auch tolle Möbel.” Ich hatte persönlich nicht viel mit der Auswahl der Möbel zu tun gehabt, aber ich dankte ihm trotzdem. Es war nett von ihm, das zu sagen. Ich sah, dass meine Frau oben am Geländer stand. Sie gab mir ein Zeichen, dass ich langsam verschwinden könne. Hatte ich etwas falsch gemacht? Ich hielt meine Hände hoch, mit den Handflächen nach oben, als warte ich darauf, dass sie etwas fallen ließ. Ich hatte nur versucht freundlich zu sein. Ich fragte den Typ, ob er noch etwas brauche. Er schüttelte den Kopf. Er blickte nicht von seinen Eiern auf. Dann geh ich wohl mal. Ich könnte mich vielleicht mit meinem Tee irgendwohin hinsetzen. Draußen vielleicht. Ich war nicht sicher. Der Typ stand auf. Er wischte sich den Mund mit der Serviette ab und streckte mir die Hand entgegen. „Sehr nett Sie kennengelernt zu haben”, sagte er. „Und auch vielen Dank”, sagte er. Er zeigte auf den Teller. „Dafür.”
Ohd starrte auf seinen Hauptmonitor und schüttelte den Kopf. Eines seiner Flugobjekte hatte eine Frau in einem gelben Tankini entdeckt, die sich auf einem Hausdach sonnte. „Wenn ich du wäre”, sagte er, „und du kannst mir glauben, dass es mir zunehmend schwer fällt, mir vorzustellen, du zu sein, aber wenn ich du wäre, hätte ich, glaube ich, an der Schlafzimmertür eine rote Linie gezogen. Ohd malte mit dem Finger eine Linie neben sein Keyboard.
„Ein Mann muss irgendwo eine Grenze ziehen”, sagte er. „Grenzen sind gesund.” So wie ich es sah, war es mir lieber, als wenn sie irgendwo anders hinginge. So wusste ich wenigstens, wo sie war, oder? Denn wenn sie nicht ins Schlafzimmer durfte, wo sollte sie dann hin? Ich stellte sie mir in einem schmutzigen Auto, irgendwo hinter einem Restaurant oder in einer dunklen Gasse vor, wo ihr leere Fast-Food-Packungen und Strohhalme in den Rücken stachen. Oder sie würde auf dem Dach eines Gebäudes landen; das konnte ich mir vorstellen. Ohd machte einen Screenshot des gelben Tankini. Er hatte eine Sammlung solcher Bilder, hochauflösenden Bildern von Frauen beim Sonnenbaden, manche von ihnen oben ohne. Viele lagen auf Hausdächern, auf den Kieselsteinen und unter verbogenen Antennen, Lüftungsrohren und verfallenden Schornsteinen. „Die Nacktheit da oben”, sagte Ohd, „hat einfach so was Entspanntes.” Er sah sich noch ein anderes Bild derselben Frau an. „Tolles Licht heute”, sagte er. „Ich meine, es ist einfach das perfekte Licht.”
Ich sah mir meinen Magen auf einem großen Bildschirm an. Der Arzt sagte etwas über den Scan, über die Röntgenuntersuchung meines oberen Verdauungstrakts, etwas von Unregelmäßigkeiten im Zwölffingerdarm und dann noch über irgendetwas im Magen, aber keine Unregelmäßigkeiten. Es war kein Loch, aber wie ein Loch. Der Arzt zeigte mit dem kleinen Finger auf einen schwarzen Fleck. Das Ding sollten wir im Auge behalten, sagte er. Er tippte etwas in sein Keyboard und ein zweites Bild erschien, dann ein drittes. Er wechselte schnell zwischen ihnen hin und her und sagte nicht viel, der Mauszeiger flitzte über den Bildschirm. Ich konnte ihm überhaupt nicht dabei folgen, was er sagte. Ich wusste, dass es wichtig war, aber es verschwamm alles für mich. Er zoomte näher auf meinen Magen. Da war ein Schlauch, so sah es aus, ein Ding mit Beulen und zwei helleren Stellen. Ich fragte ihn, ob die hellen Stellen das Problem wären. „Das ist normal”, sagte er, von meiner Frage überrascht. Ich sah kantige Schläuche und graue Massen, Kreise und Flecken wie Geister, die grauen Rauch ausstoßen. Ich glaube nicht an Geister, aber das war es dennoch, woran ich dachte: Geister, die durch mein Inneres schweben. Der Arzt rollte mit seinem Stuhl zurück und wendete sich mir zu. Er lächelte. Er sah gesund aus. Teure Zähne.
„Ich habe ein paar Ideen”, sagte er. „Ein paar Sachen, die war als Nächstes ausprobieren können.” Ich sah zu meinem Magen hinüber, der immer noch auf dem Bildschirm war. Das klang für mich nach weiterem Rätselraten. Ich hatte vor ein paar Monaten schon eine ähnliche Untersuchung des unteren Verdauungstraktes gehabt und seither von einer ganzen Reihe solcher Dinge, die man ausprobieren konnte, gehört. Ich hatte versucht, kleinere Portionen zu essen, und zu anderen Tageszeiten. Ich hielt mich an einen strikten Zeitplan. Ich schlief auf der Seite und dann auf dem Bauch. Ich probierte diese neuen Kissen aus, die ich habe. Ich habe sogar versucht, das Kopfende unseres Bettes hochzustellen, aber dann sagte meine Frau, dass sie so nicht schlafen könne, dass niemand das könne, also schleppte ich meine Kissen und mein Zeug ins Gästezimmer und stellte dort das Kopfende hoch. Es machte keinen wirklichen Unterschied.
Erst dachte ich, es hätte einen gemacht, aber dann beschloss ich, dass das Einbildung gewesen war. Ich hatte mir nur Hoffnungen gemacht. Ich wollte meine Sachen wieder ins Schlafzimmer räumen, aber meine Frau schlug vor, es noch eine Weile länger auszuprobieren. „Warten wir ab, ob sich nicht doch etwas ändert”, sagte sie. Ich konnte sie verstehen. Es war nicht ihre Schuld. Wenn es an irgendjemandem lag, dann an mir. All diese Regeln. Im Vorfeld der Untersuchung gab es eine Unmenge Regeln. Angefangen am Tag davor und dann, was ich in der Nacht zu tun hatte und dann an dem Tag selbst. Ich hatte gefastet. Ich hatte Kontrastmittel geschluckt. Ich fuhr am Morgen allein in die Klinik. Eine Schwester gab mir Papierschuhe und einen Papierkittel und ich zog mir in ihrer kleinen Umkleidekabine die Sachen aus. Es war eine kleine Kabine mit einer Falttür, die sich nicht abschließen ließ. Sie hatten eine ganze Reihe davon. Aus einer der anderen Kabinen kamen grunzende Geräusche. Ich fiel gegen die Tür, als ich mir die Hose auszog. Die Schwester kam sofort. „Alles in Ordnung bei Ihnen?”, fragte sie. Mir geht es gut, sagte ich. Und dann entschuldigte ich mich. Meine Frau sagt, ich entschuldige mich zu oft, aber es tat mir wirklich leid.
Es tat mir immer alles leid. Als ich fertig war schob ich die Tür zu Seite und saß da und wartete. Jemand würde mich abholen. Ich hörte Stimmen, Gelächter, Gespräche über das Wochenende, was Leute gemacht hatten, die ich nicht kannte. Nach ein paar Minuten kam eine andere Krankenschwester vorbei, mit einem Lächeln, was für ein toller Tag das sei, und sie nahm mich mit um die Ecke in den hinteren Teil des Behandlungszimmers. Ich stapfte hinter ihr her, meine Papierschlappen machten Sch sch auf dem Teppichboden. Mein Po war kalt, vermutlich weil er nackt hinten raus schaute. Sie sehen das wahrscheinlich jeden Tag, Leute wie mich, mit Pos wie meinem. Ich sollte mich auf einen Stuhl am Fenster setzen. Die Schwester legte ein Stück Papier auf den Stuhl und trat dann einen Schritt zurück, sodass ich mich setzen konnte. Dann gab sie mir noch mehr Kontrastmittel und sagte mir, dass ich es trinken solle, und sie sagte, dass sie wüsste, dass man es nur schwer runterkriegt—„Das sagen alle”, sagte sie, aber dass ich es ganz herunterschlucken müsse. „Nicht Schummeln”, sagte sie. Ich nickte, schaute auf das Gebräu und hob es zum Mund. „Ich bin in ein paar Minuten zurück”, sagte sie.
Der Raum sah so aus, als wäre er früher ein Lagerraum gewesen, bis jemand beschlossen hatte, dass sie mehr Platz brauchten, und sie ihn zu dem gemacht hatten, was er jetzt eben war. In einer Ecke lag ein Papierstapel mit einer Packung Latexhandschuhe darauf. Aus dem Fenster sah man zu einem anderen Gebäude hinaus. In einem Büro in dem Gebäude gegenüber saß ein Mann, der, soweit ich es sehen konnte, als einziger in dem ganzen Haus das Licht anhatte. Er saß an seinem Schreibtisch und rieb sich über die Haare an seinem Hinterkopf. Wohl aus Nervosität, vermutete ich. Ich nahm einen Schluck von dem Getränk und dann noch einen. Es fühlte sich schwer an, als würde man Metall trinken. Der Mann nahm den Telefonhörer ab und begann irgendetwas zu besprechen. Er drehte seinen Stuhl herum und schaut aus dem Fenster. Und dann bemerkte er mich. Ich drehte mich ein wenig und tat so, als würde ich etwas auf dem Etikett meines Bechers lesen. Ich wollte mich nicht zu abrupt oder offensichtlich wegdrehen. Das Papier unter mir knisterte und ich versuchte noch etwas von dem Kontrastmittel zu trinken. Anders als in kleinen Schlucken bekam ich es nicht herunter.
Nach einer Weile wagte ich einen erneuten Blick aus dem Fenster. Der Mann saß immer noch mit dem Gesicht zu mir und schaute in meine Richtung. Er machte nichts, er starrte nur.
„Komischer Tag”, sagte Ohd. Ich stand neben meinem Schreibtisch. „Alles OK bei dir?”, fragte er. Ich sagte ihm, alles bestens. „Du stehst da schon eine Weile rum”, sagte er. Es war nichts. Ich hatte nur das Gefühl, vielleicht mal auf die Toilette zu müssen. War mir nicht sicher, ob mich hinzusetzen eine gute Idee wäre. „Na ja”, sagte er. „Unsere Zielperson war fast den ganzen Morgen zu Hause.” Ohd bezeichnete meine Frau inzwischen als unsere Zielperson. Ich wusste schon, dass sie den Vormittag zu Hause verbringen würde. Sie hatte es mir gesagt. Ohd runzelte die Stirn, als würde ich nicht kapieren, worum es geht. „Gegen 10:17″, sagte er und checkte seine Notizen, „gingen die Lichter im Haus eins nach dem anderen aus.” Ohd scrollte nach unten. Also lief sie zu dem Zeitpunkt herum, und machte sie aus. Das kam mir nicht komisch vor. Es war eigentlich ganz schön, mir vorzustellen, wie sie das tat. Wie normal es war. Dann, zehn Minuten nach elf, sagte Ohd, habe die Zielperson einen Anruf erhalten.
„Es war keiner dran”, sagte er. „Oder jedenfalls sagte keiner was. Die Zielperson hat natürlich Hallo gesagt, aber das war’s.” Und was war daran komisch? „Wart’s ab”, sagte Ohd. „Sie blieb dran, das Subjekt blieb dran, und zwar eine ganze Minute lang, und 16 Sekunden, laut den Aufzeichnungen—ohne etwas zu sagen.” Ohd spielte mir den Anruf dann vor. Es klang in der Tat wie nichts. „Ich habe mir das jetzt ich weiß nicht wie oft angehört”, sagte er. „Hab die Aufnahme auch bearbeitet: Die Tonqualität verbessert, die Lautstärke hochgeregelt. Ich habe es verlangsamt und mir dann bei einem Achtel der Geschwindigkeit mit Kopfhörern angehört, und dann über mein Telefon abgespielt, um es auch einmal auf diese Weise zu hören, einfach um zu schauen, ob da was ist, ein Signal oder irgendwas, aber da ist nichts. Nur das ganz normale Rauschen. Was man bei der Telefonmarke und dem Modell erwarten kann.” Vielleicht hatte die Zielperson den Hörer abgelegt, aber vergessen aufzulegen.
Nennt man das überhaupt noch auflegen? Sagt man das noch? Fällt mir nur grade ein. Mein Punkt war, dass sie vielleicht dachte, sie hätte aufgelegt, aber es in Wirklichkeit nicht hatte. Ohd warf mir diesen Blick zu, als wäre ich ein Affe, der versucht simultane Gleichungen zu lösen. „Thermale und elektromagnetische Profile des Raums”, sagt er, „deuten klar darauf hin, dass eine Person, die Zielperson, das Telefon während des gesamten Anrufs in der Hand gehalten hat.” Aber das hatte ja nichts zu sagen. Ich versuchte hier nicht, unnötig penibel zu sein, aber warum konnte es nicht sein, dass die Zielperson das Telefon einfach in der herabhängenden Hand hielt? Oder sie hatte eine Tasche und hatte das Telefon in die Tasche gesteckt, weil sie dachte, dass sie längst aufgelegt hatte. „Das könnte natürlich sein”, sagte Ohd. „Vielleicht ist ihr das Telefon auch in den Haaren hängen geblieben. Das kommt bestimmt oft vor. Auf jeden Fall ist es egal. Denn nachdem der Anruf dann doch vorbei war, ging die Zielperson aus dem Haus.” Ohd schaute mich an und wartete auf meine Reaktion. Ich hatte keine. „So ist sie noch nie weggefahren”, sagte Ohd. „Nicht um die Uhrzeit. Aber jetzt sitzt sie plötzlich im Auto und brettert aus der Garage. Ein paar Minuten später kommt sie in diesem neuen Viertel an, was gerade gebaut wird. Willow-irgendwas-Estates.” Ohd scrollte noch einmal durch seine Notizen. „Muss hier irgendwo stehen.”
„Na, jedenfalls checke ich gerade noch die Besitzverhältnisse, Verkäufe in letzter Zeit usw.” Ohd schaute wieder in die Notizen. „Es ist 4,6 km von deinem Haus entfernt”, sagte er. „Es ist dieses Haus hier, fast am Ende der Straße.” Er tippte mit dem Stift an den Bildschirm. „Das einzige Haus in dem ganzen Block, das schon fertig ist”, sagte er. „Es ist eins dieser Bauprojekte, wo sie anscheinend Probleme gekriegt haben. Bankrott oder so.” Ohd hielt kurz inne, aber ich hatte nichts dazu zu sagen. „Aber egal”, sagte er, „kennst du das Haus?” Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schaukelte leicht hin und her. „Ich denke, du kennst es nicht, aber ich hätte vielleicht fragen sollen.” Tat ich nicht. Ich war nie in diesem Viertel gewesen. Ohd nickte. „OK”, sagte er. „Die Zielperson kam also bei dem Haus an und betrat es durch die Garage. Parkt draußen, auf der Straße, aber ging dann zu Fuß in die Garage. Das Garagentor stand offen, war offen gelassen worden, von wem auch immer. Sie machte sie zu. Und da ist sie nun, drinnen. Immer noch. Keine Lichter. Der momentane Stromverbrauch für das Haus liegt bei 0,0. Keinerlei Handystrahlung. Kein Laptop. Überhaupt keine Signale.” Ohd lehnte sich zu dem Monitor vor und legte sein Kinn auf seine Hand. Auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Eine blaue Limosine, wie es aussah. „Sie hat noch nicht mal die Klimaanlage an”, sagte er. „Und du weißt ja, wie heiß es da unten ist.”
Mir war schlecht. Ich war im Bad und ich erbrach mich, und dieser Typ kam herein. Die neue Bekanntschaft meiner Frau, vermutlich. Vielleicht hatte ich die Tür nicht richtig zugemacht. Ich war geneigt zu denken, dass es irgendwie meine Schuld war. Das dachte ich oft. „Darf ich”, fragte der Typ. Er zeigte auf das Waschbecken. Ich nickte. Was sollte ich auch sonst sagen? Er wusch sich die Hände und warf sich etwas Wasser ins Gesicht und sah sich dann langsam von beiden Seiten im Spiegel an. Dann kam er herüber zu der Stelle, wo ich hockte und schaute zu den Handtüchern, die an der Wand hingen. „OK, wenn ich das hier benutze?”, sagte er. Es war mir egal, ich sagte nur, klar. „Dir schlecht oder so?”, fragte er. Ich saß neben der Toilette und lehnte an der Wand. Die Wand war kalt. Der Boden war kalt. Mir war im Grunde genommen die ganze Zeit schlecht, mal mehr mal weniger. „Hier oben was kaputt?”, fragte er. Er zeigte sich auf den Kopf. Ich sagte ihm, dass es keiner so recht wusste. „Schon mal Akupunktur probiert?”, fragte er. Hatte ich sogar, ein- oder zweimal. Es hatte nicht wirklich geholfen. Ich fand es aber auch nicht unangenehm. Es machte mich nur schläfrig.
„Ich schwöre da drauf”, sagte der Typ. „Hilft bei Rückenschmerzen. Vor allem unterer Rücken. Bei meinen Fußgelenken auch. Ich hab schwache Fußgelenke. Sie sind wie die Fußgelenke eines Vögelchens”, sagte er. Er zog seine Hosenbeine hoch, damit ich sie sah. Ich sagte, OK. Ich wollte einfach alleine sein. „Oh hey”, sagte der Typ, „fast hab ich vergessen, dir das Geld zu geben.” Er griff nach seinem Portemonnaie und ich fragte ihn, wofür. „Wofür”, sagte er. „Du bist lustig.” Er zog einen Stapel Geldscheine heraus und begann sie zu zählen, dann hielt er inne und schaute auf. „Wie viel hat sie noch mal gesagt?” Ich hatte keine Ahnung. Ich sagte ihm, dass meine Frau die Preise festlegte. „Das ist clever”, sagte der Typ. „Sie das mit dem Geld machen zu lassen.” Ich nickte, konnte ihm aber nicht folgen. „Hier”, sagte er. Er hielt mir das Geld entgegen. Als ich mich nicht bewegte, legte er es neben das Waschbecken und ging dann zur Tür. „Nett mit dir gesprochen zu haben”, sagte er. „Gute Besserung.” Ich nickte und rückte näher an die Toilette heran. Ich merkte, wie eine neue Welle der Übelkeit hochkam.
Meine Frau lag in der Mitte des Betts, ihr Bein auf ein Kissen gelegt. Sie blätterte durch irgendeinen Katalog. Alle paar Tage bekamen wir einen Stapel davon. „Da bist du ja”, sagte sie. Sie war bester Laune. Ich hatte ihr Geld in der Tasche. Ich hatte nachgedacht, was ich damit tun sollte, ob ich es ihr gab oder es einfach nicht erwähnte. Ich wollte nicht das Falsche tun. Ich sagte ihr, dass ihre neue Bekanntschaft ihr das hier dagelassen hätte. Ich war nicht sicher, wie ich es nennen sollte.
Ich nahm das Geld heraus und zeigte es ihr. Ich sagte, wahrscheinlich ein kleiner Unkostenbeitrag. Sie lachte. „Wie naiv du bist”, sagte sie. „Gütiger Gott.” Ich lachte auch, ein bisschen, und dann gab ich ihr das Geld. Ich stand dicht genug bei ihr, um ihr Haar riechen zu können. Es roch, als könne es eine Wäsche vertragen, aber es war ein angenehmer Geruch. Schöner als der Geruch des Schampoos, der so stark war, dass das ganze Haus danach roch und man nichts anderes mehr riechen konnte. Ich sagte ihr, dass ich nicht sicher gewesen war, was ich dem Typen sagen sollte, ihrem neuen Bekannten. Wir hatten nie über Geld gesprochen, sie und ich. Also, ob das bei der Sache eine Rolle spiele, sagte ich. Was sie da machte. Dass ich nicht wusste, ob Geld für sie ein Teil des Ganzen sei. „Entspann dich, Thom”, sagte sie. Sie klopfte mit der Hand auf das Bett, auf die Seite, auf der ich früher schlief. „Geht es dir gut?”, fragte sie. Sie zeigte in Richtung meines Magens. Nur die üblichen Wehwehchen. Sie wusste schon. Ich kletterte in das Bett und unter die Laken. Es täte mir leid, dass ich so langweilig sei. „Du bist nicht langweilig”, sagte sie. „Du bist beständig.” Ich sagte ihr, dass ich mich langweilig fühlte, und dann—ich weiß gar nicht, was da über mich kam—aber dann fragte ich sie, ob sie vielleicht noch ein bisschen mit mir aufbleiben wolle. So hatten wir das früher genannt, wenn wir Liebe machten, als wir das noch taten. Sie lächelte. „Vielleicht”, sagte sie. „Schauen wir mal.” Ich legte ihr die Hand auf das Bein, auf den Oberschenkel und ließ sie einfach da liegen, als wären wir aneinander gewachsen. Ich konnte uns dann sehen, wie wir da lagen. Ich sah, wie wir von oben aussehen würden, als wäre ich an der Zimmerdecke und würde da schweben, als wäre ich eine Kamera, und die Kamera stünde auf „an.” Sie, wie sie neben mir lag, wir beide mit Kissen hinter den Köpfen. Meine Hand lag immer noch auf ihrem Bein. „Ich bin ziemlich müde”, sagte sie. „Aber vielleicht kannst du mich überreden, noch eine Weile wach zu bleiben.”