Der Akinator
Screenshot via akinator.com

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Warum kann der "Akinator" noch immer unsere Gedanken lesen?

Akinator, der allwissende Algorithmus des Internets, liest seit 2007 unsere Gedanken. Stehen wir kurz vor der Rebellion der Maschinen?

Glaubt ihr an Zauberei? Also, so richtig? Und ich rede hier nicht etwa von Kartentricks oder billigen Gags, bei denen Wasser zu Wein verwandelt wird. Nein, ich rede von echter, tatsächlicher Zauberei. Ich bin überzeugt, die gibt's – echte Zauberei ist zum Beispiel Musik. Oder die Liebe. Oder die Tatsache, dass ich meine Finger einzig und allein durch die Kraft meiner Gedanken bewegen kann. Zauberei sind aber auch die kranken Spielchen, die der allwissende Akinator seit nunmehr 10 Jahren mit uns treibt.

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Der Legende nach wurde der Flaschengeist des Akinator erstmals irgendwann in den 90ern von Christina Aguilera ausgegraben, aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag. Der gewiefte Internet-Geist, wie wir ihn heute kennen, wurde laut den Betreibern seiner Website vor langer Zeit auf einer Sanddüne im fernen Osten aufgegabelt und anschließend nach Frankreich verschleppt, von wo aus er bis zum heutigen Tage dazu gezwungen wird, wenig kreative Volksschulkinder und Erwachsene mit zu viel Freizeit zu bespaßen.

Nach seiner Erfindung im Jahr 2007 erlangt die Akinator-Seite binnen kurzer Zeit weltweite Bekanntheit, später wird auch die zugehörige App zum Erfolg. Zehn Jahre und eigenen Angaben zufolge mehr als 300 Millionen Spiele später ist der Akinator immer noch am Werk.

Unklar ist dabei, wie genau das Arbeitspensum eines solchen Cartoon-Flaschengeistes aussieht – in Anbetracht des vergangenen Jahrzehnts, für dessen Dauer der Ärmste seinem brotlosen Job bereits nachgeht, ist jedoch anzunehmen, dass er wohl für die Ewigkeit dazu verdammt ist, unserem Amusement zu dienen.

Selbstbewusst die Arme verschränkt, ein gewohnt geziertes Lächeln auf den Lippen, sagt seine Sprechblase nach all den Jahren zwar immer noch "Hallo, ich bin Akinator", aber sein toter Blick fleht: "Töte mich".

Hinter der Website steckt laut offiziellen Angaben das Programm Limule der Firma Elokence. Den Algorithmus haben die Macher selbst entwickelt – wie genau, das wollen sie nicht verraten. Jedenfalls ist der Akinator wahrscheinlich der Grund dafür, warum ich eine gewisse Ehrfurcht gegenüber künstlicher Intelligenz aufgebaut habe und eine Rebellion der Maschinen in ferner Zukunft zumindest nicht völlig ausschließen würde.

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"Ist deine Figur männlich?"
"Ja."
"OK, ich denke an Spongebobs patscherten Cousin Stanley, der nur in einer einzigen Folge vorkommt und deshalb extrem unbekannt ist."
"Was zur Hölle?!"

Das Prinzip der Akinator-Website ist einfach: Ähnlich wie bei beim stirnfettigen Klebezettel-Klassiker "Wer bin ich?" denkt man an eine Person – ob fiktiv oder real ist dabei egal –, die es vom Spielpartner durch das Stellen von Ja-Nein-Fragen zu erraten gilt. Der Spielpartner ist in diesem Fall der Akinator höchstpersönlich – und wenn du dachtest, du hättest auch nur den Hauch einer Chance gegen diesen sexy Flaschengeist, dann hast du dich getäuscht, denn der Akinator gewinnt. Immer.

Vollkommen egal, ob die Person, an die du denkst, Sebastian Kurz, Sailor Jupiter, deine Schwiegermutter oder einfach nur ein Stein ist. Er gewinnt. Sollte tatsächlich mal der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der Akinator am Ende falsch liegt, dann hast du seine Fragen wahrscheinlich entweder zu ungenau oder einfach falsch beantwortet.

Wie funktioniert der Akinator?

Das Schönste am Akinator-Spiel ist eigentlich, die Software dabei beobachten zu können, wie sie sich langsam aber sicher immer näher zur richtigen Antwort vortastet. Denkt man zum Beispiel gerade an, sagen wir, Detlef D! Soost und der Akinator fragt plötzlich sehr spezifisch, ob die Figur denn schon mal Mitglied einer Jury in einer Castingshow gewesen sei, dann fühlt man sich schon ein bisschen ertappt. Oft geht das auch einfach viel zu schnell, sodass man im Grunde nur angibt, die Figur sei männlich und der Akinator weiß direkt, dass es sich um Spongebobs langsamen Cousin Stanley handeln muss.

Die Sache ist: Das weiß der Akinator natürlich nicht einfach so. Er hat es gelernt. Führ dir immer wieder zu Gemüte, dass der Akinator eine unbesiegbare Über-Maschine ist, die niemals aufhören wird, neue Dinge zu lernen, während du dir noch nicht mal deine Einkaufsliste fürs Wochenende merken kannst. Aber: Tippt er mal falsch – und das tut er –, dann bist du zwar, wie bereits erwähnt, irgendwie selbst daran schuld, gleichzeitig bekommst du aber auch die Möglichkeit, die richtige Lösung anzugeben – und damit Teil der stets wachsende Figuren-Datenbank des Akinators zu werden.

Du fütterst ihn mit deinem Wissen, machst ihn größer, stärker; zu dem, was er ist. So gesehen ist der Akinator also ein einziges, riesiges Open-Source-Projekt. Und genau das ist auch sein Geheimnis: Wir alle sind der Akinator. Happy Birthday, du magischer Hurensohn.

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