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Sex

Warum uns der Bachelor eigentlich Leid tun sollte

Ein profilloser Champagnerflaschenhalter inmitten egomaner Haarverlängerungszicken: Wer ist hier eigentlich das Opfer?

Screenshot von YouTube aus dem Video „Küssen ausdrücklich erlaubt! Der Bachelor ab dem 27.01. bei RTL und online bei RTLNOW" von RTL Television GmbH.

Der Bachelor wird gerne als eines dieser Formate beschrieben, die aus feministischer und frauenrechtlicher Sicht zutiefst fragwürdig sind. Schon im Jahr 2003, bevor die Sendung für neun Jahre in der Versenkung verschwand, forderten mehrere Politikerinnen, das Format abzusetzen. Das Frauenbild sei „erschreckend", äußerte damals beispielsweise Sabine Bätzing von der SPD. Es erinnere sie „an den arabischen Kamelhandel".

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Zugegeben: Wenn man sich das Grundrezept zur Show verinnerlicht, mehrere Frauen tun alles dafür, damit irgendein angeblich erfolgreicher Typ sie liebt, klingt das ziemlich archaisch und problematisch. Wer die Sendung in den letzten Jahren aber auch nur am Rande verfolgt hat, weiß: In Wahrheit sieht das Ganze ein bisschen anders aus. Abfeiern von sexistischen Rollenklischees? Wohl eher „Irgendein angeblich erfolgreicher, komplett austauschbarer Typ beobachtet vom Rand mehrere Frauen dabei, wie sie sich einschaltquotenträchtig streiten und fragt ab und an nach, ob er ihnen Sponsoren-Schampus nachschenken darf". Wer ist jetzt hier das Opfer?

Tatsächlich ist es nicht der Bachelor als zentrale Männerfigur, um die sich die komplette Handlung aufbaut. Er ist im Endeffekt nur derjenige, der als Katalysator für die Handlung in der Frauenvilla dient.

Was macht der Bachelor die ganze Zeit alleine in seiner Villa? Gewichte heben? Sein Gesicht eincremen? Seine Rede für die Nacht der Rosen vorbereiten? Niemand weiß es, denn die Kamera konzentriert sich nur dann auf ihn, wenn er gerade auf einem actionreichen Date die immergleichen Schnulzdialoge abliefern muss oder mal mehr, mal weniger willkürlich Rosen verteilt. Innere Konflikte, Zurückweisungen, irgendeine Art von glaubhaft vermittelter Emotion—Fehlanzeige.

Paul Janke, dem ersten Kandidaten nach der Wiedereinführung des Formats, ließ sich zumindest noch glaubhaft abnehmen, dass er niemanden jemals mehr lieben könnte als sich selbst. Die einzige Storyline des letztjährigen Bachelors, Oliver Sanne: Er war mal pummlig und hat 30 Kilo abgenommen. Das weiß man, das hat sich eingebrannt, weil er es alleine in der ersten Folge ungefähr zehnmal gesagt hat.

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Während man bei Kay Ones Bachelor-Abklatsch Prinzessin Gesucht wirklich noch sagen konnte, dass sich die Kandidatinnen für den C-Promi zum Affen machten (darunter auch eine psychisch etwas instabil wirkende 18-Jährige), scheint das größte Risiko beim Bachelor, nicht die Einzige zu sein, die mit dem vermeintlichen Traummann beim romantisch-abenteuerlichen Einzeldate rumknutscht.

Es ist gar nicht notwendig, sich in irgendwelchen (tatsächlich potentiell frauenfeindlichen) Zickenklischees zu ergehen, um sich vorstellen zu können: Allein unter mehreren sehr selbstbewussten, sehr überzeugend ihre Rollen der Glamour-Bitches spielenden Frauen, die im Zweifelsfall auch immer ein Gläschen Champagner zu viel getrunken haben—das klingt ziemlich furchtbar. Im Endeffekt ist der Bachelor wie ein Schaf, das unter blut- und aufmerksamkeitshungrige Wölfe gestoßen wird und aus irgendeinem Grund der Annahme erlegen ist, dass es selbst hier das Raubtier ist. Dabei sind nicht die Frauen hier das Freiwild, es ist der Mann, um den sich angeblich alles dreht.

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Deswegen hat es auch irgendwie etwas Feministisches: Der Bachelor glaubt, alle Fäden in der Hand zu haben, grundlegend interessiert es „seine" Mädels aber gar nicht, ob er sich denn nun wirklich für sie entscheidet oder nicht. Der wahre Preis hinter der symbolischen Rose ist nicht sein Herz, es ist mehr Sendezeit und dadurch mehr mediale Aufmerksamkeit, schließlich geht es auch hier primär darum, eine Rolle zu spielen. Die Ausraster, die Tränen, die Momente, in denen die gefasste Fassade bricht und so etwas wie Menschlichkeit durchschimmert—das wird nur den Kandidatinnen zugestanden. Der Bachelor bleibt dieser aalglatte, nicht fassbare und am Ende todeslangweilige Typ, dessen Beziehung mit der Kandidatin für die letzte Rose in aller Regel nicht mal von Aufzeichnungsende bis Ausstrahlungstermin hält.

Er wird zum Objekt gemacht, nicht die Frauen, die sich um ihn streiten und dabei immer ganz besonders hübsch aussehen wollen, weil die Kameras immer mitlaufen. Da ist es vielleicht auch nur eine ironische Randnotiz, dass der neue Bachelor mit Nachnamen Freier heißt.

Lisa wäre gerne die nächste Bachelorette. Folgt ihr bei Twitter.