Foto via Facebook
Darf ich vorstellen: Inner Tongue. Kürzlich durften wir die Videopremiere zur ersten Single „Fallen Empire“ zeigen, die jetzt auf der am 15. Mai erscheinenden EP TZ, KA prominent vertreten ist. Wie das bei neuen, jungen Künstlern eben so ist, ist man in der schönen Lage, sich einmal ohne Vorbehalte ganz auf die Musik zu stürzen. Tratsch- und Klatschstorys sind da entweder noch nicht vorhanden oder werden ausgeblendet. Habe ich natürlich gemacht. Ergebnis: Wunderbar.
Videos by VICE
Inner Tongues EP ist eigentlich nicht viel mehr als ein Schnipsel, weil es doch tatsächlich nur drei Songs hinaufgeschafft haben. Was mich natürlich nicht davon abhält, sie ganz gehörig zu feiern. Schon „Fallen Empire“ war ja ein Lied das fast nervig ist, weil es die Gehörgänge nicht mehr verlässt. Es ist aber eben gar nicht nervig. Es ist einfach schön.
Ich habe die EP also gehört, für sehr gut befunden und wollte ein Date. Dass Inner Tongue sich nicht mehr rasieren konnte, weil wir uns doch zu einem frühen Kaffee getroffen haben, verzeihe ich natürlich. Weil er charmanterweise hinzufügt, das hätte er normalerweise für mich schon gemacht (an dieser Stelle noch einmal: ich vergebe dir). Außerdem war unser Gespräch rund um das Herumliegen am Tennisplatz, musikalische Monogamie und sexy Joe Cocker einfach zu erheiternd.
Noisey: Tz, Ka. So der Name der EP, die am 15. Mai erscheinen wird. Ich frage jetzt mal ganz blöd nach dem Namen. Was heißt denn das, bitte sehr?
Inner Tongue: Nicht nur die EP, auch der erste Track heißt so. Und ist mir deshalb sehr wichtig, weil das der erste war, bei dem für mich alles zusammengepasst hat. Ausgegangen bin ich dabei aber einfach von einem rhythmischen Pattern, ausgesprochen: ziiick aaaah, ziiick aaah, das das Grundgerüst dargestellt hat. Darauf hat sich dann der Song und weitergehend auch die EP aufgebaut.
Jetzt aber ab auf den Präsentierteller. Lange wusste man ja gar nicht, welches Projekt Inner Tongue ist, wer dahintersteckt. Kann man dich eigentlich als Solokünstler bezeichnen?
Würde ich schon sagen, ja. Es war für mich aber auch immer klar, dass ich die Songs live mit einer Band umsetzen möchte, das ist mir sehr wichtig. Ich erarbeite mir die Stücke erstmals selbst, spiele die Instrumente ein und so weiter, habe im Hinterkopf aber immer das Zusammenspiel mehrerer Musiker im Studio oder eben auf der Bühne.
Du bist also dennoch ein musikalisches Rudeltier.
Definitiv. Ich tendiere doch dazu, organische Musik zu hören und zu mögen, auch wenn mein Output dann öfters eher elektronisch klingt. Ich mag es einfach, wenn man hört, dass mehrere Menschen gemeinsam spielen. Zu dirigieren und zu koordinieren macht mir eigentlich den meisten Spaß. Der kreative Prozess, das Songwriting, findet alleine zuhause statt. Aber die Performance, um die es schlussendlich live geht, ist eine gemeinsame Sache.
Die Instrumente spielst du also zuallererst selbst ein. Alle. Sag noch einmal, du bist kein musikalisches Wunderkind.
Hochgegriffen! Meine Drumsets sind wohl eher bescheiden, ein richtiger Schlagzeuger würde sich das Lachen wohl eher verkneifen müssen. Aber ja, ich versuche es. Die Songs sind doch schon relativ ausgereift, wenn ich sie dann mit Band neu überarbeite.
War’s dann wie bei uns, den Kids der 80ies und 90ies, das obligatorische Blockflötengepiepse im Volksschulalter, das die Karriere gestartet hat?
Nicht einmal! Es war sogar schon mit drei Jahren.
Unten weiterlesen…
Angeber.
Es war aber nicht die Flöte, es war, um ehrlich zu sein, eine Ukulele. Ich habe dazu dann eine Art Fantasieenglisch gesungen, was sicher spannend geklungen haben muss. Ich schieb’s auf The Cure, das war gerade die Zeit von Disintegration, habe ich zu dem Zeitpunkt sehr oft gehört. Mit sechs Jahren hatte ich dann meinen ersten Auftritt. Am Synthesizer. Wir haben da einen Ton abgespielt und eine Beatline dazu ablaufen lassen—also sehr, sehr spannend.
Wir hatten über Noisey ja die Videopremiere zu „Fallen Empire“ am Laufen. Spielst du denn wirklich gern Tennis, oder stehst du einfach nur auf das weiße Stirnband?
Es ist das Stirnband.
Ich wusste es.
Ja, sehr viel mehr steckt gar nicht dahinter. Wir wollten—wir, das war vor allem Patrick Sturm, ein Mann mit großartigen Ideen—einfach ein Video drehen, das Spannung aufbaut, aber jetzt nicht vorweg nimmt, ob die Musik in die hippe oder eher die düstere Richtung gehen soll. Es ist spannend anfangs, wenn man als Band auf den Plan tritt und noch nicht ganz klar ist, wie man sich über ein Video der Öffentlichkeit zeigt.
Auf einer Skala von 1-10: Wie sehr nervt es dich mittlerweile, über deine Stimmbandkrankheit zu sprechen?
Ach, es geht eigentlich. Da ich als Person wie gesagt noch nicht allzu sehr in die Öffentlichkeit getreten bin, musste ich noch gar nicht so vielen Leuten davon erzählen.
Na dann. Shoot.
Das Ganze hat eigentlich 2013 begonnen. Es war mir einfach in einem schleichenden, aber relativ schnell einsetzenden Prozess nicht mehr möglich, länger als zehn, fünfzehn Minuten durchgehend zu singen. Bzw. hat sich meine Intonation verändert. Ich habe mich dann zurückgezogen, weniger gesungen, aber es war nach ein paar Wochen noch immer derselbe Status quo. Es wurde dann auch so schlimm, dass ich Schmerzen beim Sprechen hatte.
Kann man sich das als eine Art schlimmes Halsweh vorstellen?
Man kann es sich als eine Art Joe Cocker vorstellen.
Was ja gar nicht allzu furchtbar klingt.
Nur, dass sich leider auch die Tonhöhe geändert hat. Klar, eine Stimme wie Joe Cocker oder der Sänger der Kings of Leon, das hat schon was. Klang auf ein paar Tapes auch nicht einmal ganz so schlecht. Leider eben nur für fünf Minuten lang.
Und wie ging es weiter?
Es wurde mit dem Sprechen wie gesagt immer schlimmer, bis ich einen Arzt konsultiert habe, es war dann auch rasch klar, dass ich operiert werden muss. Danach habe ich fünf, fast sechs Wochen geschwiegen. Also kein Wort sprechen, auch nicht husten. Rückblickend war es eine interessante Zeit—damals war es natürlich schrecklich. Ich wusste auch nicht, wie es mit dem Musikmachen weitergehen würde, wobei ich aber eigentlich mein Leben darauf aufgebaut habe. Deshalb habe ich mich trotzdem ans Piano gesetzt, weil ich mich im Popkontext eigentlich zuhause fühle. Jemanden anderen singen zu lassen, kam für mich auch nie wirklich in Frage, sei es die Eitelkeit oder wie auch immer.
Wie lange hat die Schweigephase im Endeffekt gedauert?
Nach acht Monaten konnte ich—nach mühsamer Reha—wieder singen. Es war interessanterweise sogar schöner als zuvor. Da habe ich dann auch entschieden, dass ich mit genau den Songs, die in dieser Phase entstanden sind, etwas machen will. Und es sind eigentlich jetzt genau die, die auf der Tz, Ka EP gelandet sind.
„Inner Tongue“ als Name deines Projekts klingt ja da fast schon nach dieser beinahe romantischen Geschichte ausgewählt. Wieso denke ich, dass du mich gleich eines Besseren belehren wirst?
Richtig gedacht. Der Name stand eigentlich schon vor dieser ganzen Story fest. Schlichtweg deshalb, weil ich die Wortkombination schön und interessant gefunden habe. Dass sie jetzt zur Stimmgeschichte passt, ist natürlich auch absolut ok.
Und der Google-Suchmaschine gibst du damit auch eine Hilfestellung. Fun Fact: Such mal nach der Band GODS.
Ja, das kann mir nicht passieren. Obwohl ich das ja schon wieder gut finde, ist auch eine Art schönes Versteckspiel. 2014 habe ich „Jungle“ gegoogelt. Keine Chance. Heute findet man sie aber eh schon leichter.
Die österreichische bzw. die Wiener Musikszene ist ja, gerade was die elektronische Abteilung angeht, beinahe schon ein Inzest-Stadl. Jeder spielt mit jedem, leiht seine Stimme, hilft mal live aus, wenn Not am Mann ist. Kannst du dir das auch für dein Projekt vorstellen?
Ich glaube, ich bleibe jetzt erst einmal monogam. Natürlich arbeite ich gerne mit anderen Musikern zusammen, aber gerade bin ich mit meinem Projekt total eingebunden.
Merci beaucoup.
Inner Tongue tourt gerade mit Ghostpoet. Das finden wir sehr super, vor allem auch, weil sie ebenso gemeinsam in Wien spielen werden. Am 21. Mai im Flex. Ihr solltet dorthin gehen.
More
From VICE
-

Luca_Daviddi/Getty Images -

Credit: Skelly's Closet -

Illustration by Reesa. -

Liliya Krueger/Getty Images