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You Need to Hear This

MNRS findet, er plappert zu viel

MNRS ist in Persona ganz anders als wir gedacht hätten—vor allem ist er sehr nervös. Deshalb glaubt er auch, dass er das schlechteste Interview aller Zeiten gibt. Stimmt aber nicht.

Hinter MNRS verbirgt sich der junge Londoner Produzent und Musiker Ben Mercer, der leicht experimentellen Synthiepop macht, und mit seinem als Kurzfilm aufgebauten Musikvideo zu „Arms“ nicht gerade leichte Kost serviert. Entsprechend hatten wir beim Interview auch mit einem eher introvertierten oder nachdenklichen Künstler gerechnet. In unseren Redaktionsräumen besuchte uns dann jedoch das genaue Gegenteil. Ein Typ mit Rollkoffer, der innerhalb von 20 Minuten drei große Kaffee vernichtet, und dabei schon ohne Koffein einen so hibbeligen Eindruck wie ein ADHS-Kind auf der Schulbank vermittelt.

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Den Großteil seiner selbst eingestreuten Entschuldigungen für die „nervöse Art“ und seine Redegeschwindigkeit, die man sonst von südländischen Fußballkommentatoren kennt, haben wir zu Gunsten des Inhalts rausgekürzt. Ebenso die NOCH zahlreicheren Bitten, nach wenigen Sekunden die Frage nochmal zu wiederholen. Ben Mercer ist dennoch—oder gerade deshalb—ein ziemlich sympathischer und witziger Typ. Aber eben ganz anders als erwartet. Selbst schuld, wenn man solche Videos produziert.

Noisey: Hi, wie geht’s dir?
Ben: Mir geht’s super. Gerade bin ich im Interview bei Noisey, was sehr aufregend ist. Ich komme viel herum, die Single wurde veröffentlicht und es gibt ein paar tolle neue Remixe.

MNRS gibt es noch nicht so lange. Wie kam es zur Gründung?
Das begann dieses Jahr im Februar. Ich hatte vorher schon was gemacht, aber es gab ein paar Besetzungswechsel und so hat sich das entwickelt. Wir haben die Band gegründet, und eine Woche später ging es schon auf Tour. Das war ein guter Start.

Wie gefällt es dir denn, auf der Bühne zu stehen?
Ich hatte anfangs so eine lähmende Angst, das nicht hinzukriegen, und vorher kaum Shows gespielt. Ich war da ein blutiger Anfänger. Aber jetzt spiele ich mehr, und ich komme besser in Fluss. Das merke ich auch für mich. Ich fokussiere mich darauf, welche Emotionen in dem Song stecken, und versuche diese zu transportieren. Meine Konversation mit dem Publikum zwischen den Songs ist allerdings furchtbar. Ich versuche immer, einen Witz zu machen, und kann dabei sehen, wie mein Bandkollege mir böse Blicke zuwirft, nach dem Motto, ich solle die Klappe halten. Es ist sehr wichtig, all meine Energie da reinzustecken. Verdammt, ich plappere zu viel.

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Alles cool. Du hast bereits einige Shows in Deutschland gespielt. Wird deine Musik da anders aufgenommen?
Sie reagieren besser auf die Musik. In England sind die Leute grundsätzlich sehr reserviert, schauen ein Konzert ohne große emotionale Regung an, und wenn sich eine Person bewegt, weicht man aus, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, mit ihr tanzen zu müssen. In Deutschland zeigen die Leute, dass ihnen das gefällt. Sie bewegen sich und tanzen. Zudem liegt der Schwerpunkt gerade nicht so sehr auf dem Erfolg in der Heimat.

Kommen wir zu einem anderen Thema. Das Video zu Arms wirkt etwas verstörend. Was hat es damit auf sich?
(lacht) Meinst du die Handlung, oder was dahinter steht?

Ist das Mädchen darin wirklich tot?
Ich möchte es nicht zu konkret definieren, denn das Video ist dazu gedacht, es selbst zu interpretieren. Aber ich kann sagen, wie ich das Ganze betrachte: Der Song handelt von Beziehungen. Das Video von der Beziehung zwischen dem Kerl und dem Mädchen. Das ist das eine. Am Ende des Videos findet man heraus, dass sie möglicherweise eine Mitschuld an dem trägt, was passiert, weil sie das sein wollte, was sie darstellt. Ob sie nun bewusstlos oder tot ist, wissen wir nicht wirklich. Vielleicht nimmt sie auch aktiv in dieser seltsamen Art Beziehung teil. „Arms“ ist für mich eher ein leichter Pop-Song. Mir gefällt der Kontrast durch dieses dunkle Video, die Umsetzung des Regisseurs und auch wie es geschnitten ist.

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Also kann man mit weiteren unkonventionellen Musikvideos rechnen?
Es war einfach ein gutes Konzept. Wenn das wieder der Fall ist, kann das definitiv auch noch deutlichere Kontroversen beinhalten. Zu „Arms“ gab es auch verschiedene andere Ideen, aber keine hat funktioniert. Was ich aber immer mag, sind Erzählungen in Videos. Etwas Kontroverses? Ich weiß nicht… mhh lass mich denken. Was mit Prostitution. Ich habe nicht vor ein Video darüber zu machen, aber ich möchte nur sagen, das wäre eine ziemlich gute Idee. (lacht)

Das heißt, die düstere Thematik war keine konkrete, künstlerische Vorgabe.
Bei MNRS geht es in den Texten auch um Eskapismus. Es geht um fiktive Dinge. Aber ehrlich gesagt, denke ich im normalen Leben nicht besonders viel über ernsten Kram nach. Ich bin nicht sonderlich gut im Texte-Schreiben und gebe das gerne ab. Ich selbst schreibe Songs über… äh… Mädchen. Mein Gott—das ist das schlechteste Interview ever. Sorry für meine Antworten. (lacht)

Okay, einfacheres Thema. Du hast ein Konsolenfoto auf tumblr. Bist du ein leidenschaftlicher Zocker? Womit verbringst du deine Zeit?
Wir können sofort eine Runde daddeln. Ich liebe meinen N64. Aber was war nochmal die Frage?

Was du neben der Musik sonst noch gerne machst.
Ich besitze eine ganze Konsolenhistorie und spiele auch gerne Xbox 360 oder Game Cube. „BioShock“ liebe ich, es ist fantastisch. Kennst du das, wenn du ein Spiel zockst, und erst nachher realisiert, wie viele Stunden, du damit verbracht hast? Ich schaue auf den Bildschirm wo dann steht, wie lange man gespielt hat.. 40, 50 Stunden. Dann schweift mein Blick über meine Gitarren, und ich denke mir, ich könnte auch etwas Konstruktiveres mit meiner Zeit anfangen. Davon abgesehen, mag ich Arbeit mit den Händen. Arts & Crafts und solche Sachen.

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Was ist denn deine normale Stimmung?
Nervosität. Ich bin eine sehr nervöse Person. Ich bin ein bisschen idiotisch, sehr simpel. Das ist unterschiedlich, aber was schwafel ich da? Was war die Frage nochmal? Kannst du die Frage wiederholen?

Deine normale Stimmung.
Ich bin ungeschickt im sozialen Umgang. Ich versuche Witze zu machen, die nie sonderlich gut funktionieren. Das habe ich ja auch schon mit der Band auf der Bühne erzählt… schrecklich. Ich versuche positiv zu sein. Ich bin soweit glücklich. Glücklich aber nervös, das ist es. Oh Gott, sorry dafür. Ich bin echt schlecht in sowas.

Und was macht dich glücklich?
Ähm.. es ist klischeehaft, aber Musik trägt zu einem großen Anteil dazu bei. Wenn man an einem Track arbeitet, und kommt nicht wirklich weiter. Und dann plötzlich funktioniert es. Das ist toll. Diese Momente liebe ich. Oder wenn der DJ was auflegt, und es packt einen so richtig. Ich sehe gerne andere Bands und liebe Gigs. Das meiste ist musikbezogen. Ansonsten habe ich auch eine Vorliebe für Filme. Aber Musik—das schmeckt mir am besten. Äh.. schmeckt mir am besten.. was für eine Formulierung, schrecklich.. Wenn du das übersetzt—lass mich clever klingen.

„We could change.“ Das hast du als Zitat auf deiner Facebookseite. Die schlimmsten Dinge, die du gerne ändern würdest?
Die ich im Leben ändern würde? Puuh… ich würde die Matrix-Fortsetzungen abschaffen. Die waren schrecklich. Es sollte nur einen Matrix-Film geben. Ich möchte in die Vergangenheit reisen und die Wachowski-Brüder davon abhalten, das zu verbrechen. Absolut schrecklich.

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Hast du eine eigene Fortsetzung im Kopf?
Hast du alle gesehen? Einfach nur den ersten Teil lassen. Der ist so perfekt. Danach nichts mehr. Du schaust ihn, und denkst dir, das ist buchstäblich der perfekte Film. Und vielleicht würde ich auch die „Star Wars“-Prequel abschaffen. Aber bezogen auf wichtige Dinge… Armut. Armut ist scheiße. Die würde ich abschaffen. Das Problem ist nur, dass ich mir da nicht so die Gedanken mache.

Film scheint dich sehr zu begeistern, auch bezüglich der Aufmachung des Musikvideos.
Als ich klein war, wollte ich Schauspieler werden. Später war mein Ziel, in der Musikindustrie Fuß zu fassen, ich spielte ab und an Akustik-Sets und wurde dort von meinem Management entdeckt. Ich hatte das nie wirklich darauf angelegt. Aber jetzt bin ich hier, und plappere dich voll. Ich bin wirklich schlecht in sowas. Das ist mein zweites Interview überhaupt. Aber Musik gibt mir viel Selbstvertrauen wegen meiner sozialen Schwäche.

Hast du dich denn als Schauspieler versucht?
Ich war auf dem College und machte in der Theatergruppe mit. Aber ich kam nicht besonders weit, weil ich zu schlecht war. Ich denke, ich bin ein besserer Musiker als Schauspieler. Was nicht heißt, dass ich das perfekt mache.

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