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Popkultur

„Meine Seite wurde zu einem Spielplatz für Rechte“

Nach seiner Videobotschaft an Strache wurde der Fotograf Stefan Dokoupil online massiv angefeindet. Er findet das Ausmaß beunruhigend, hat aber trotzdem keine Angst.

Screenshot aus der mittlerweile offline gestellten Videobotschaft an Strache

Letzte Woche hat sich der niederösterreichische Fotograf Stefan Dokoupil in einer Videobotschaft an Heinz-Christian Strache gewendet. Im vier Minuten langen Video spricht er so ziemlich alles an, was man an Straches Politik derzeit kritisieren kann: Strache polarisiert gekonnt, trägt mit seiner Hetze zur Radikalisierung in Österreich lebender Muslime bei und ist ein gnadenloser Populist, der der ängstlichen Masse genau das gibt, was sie will und braucht. Mittlerweile ist die Facebbok-Page von Stefan Dokoupil nicht mehr aufrufbar, somit ist auch das Video vorerst weg. In einem Interview auf oe24.at ist nachzulesen, warum Dokoupil seine Seite gelöscht haben soll: „Ich wurde auf der Straße mit meinen Kindern beschimpft." Außerdem wurde Dokoupil auf Facebook und via Mail massiv angefeindet, vor allem nachdem Strache das Video auf seiner Facebook-Page geteilt hatte.

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Gegenüber VICE sagt Dokoupil im einzigen Interview, das er zum Thema noch geben will, dass er nicht mit einem solch großen Aufruhr gerechnet hatte: „Ich war zufrieden mit meinem Dasein. Ich bin halt ein Mensch, der seine Meinung sagt und auch vertritt. Ich glaube einfach, dass es vor allem in der heutigen Zeit wichtig ist, eine Meinung zu haben. Es haben sich deswegen auch schon einige Leute von mir abgewandt."

Außerdem habe er seine Facebook-Page nicht gelöscht, sondern nur deaktiviert. Seine Seite sei in den letzten Tagen einfach ein „Spielplatz für Rechte" geworden und das könne er nicht tolerieren, so Dokoupil. Er vergleicht Strache und die derzeitige Situation mit dem Musikvideo zu „Witchdoctor" von der niederländischen Band De Staat: „Jedes Mal, wenn der Mann im Video eine Bewegung macht, bewegen sich die Leute genau so—und genau so ist es für mich gerade in Österreich. Da steht einer in der Mitte und peitscht die Leute an. Strache kann genauso mobilisieren wie der Witchdoctor. Der braucht nur was teilen und ,Zur Info' oder ,Unglaublich!' dazu schreiben und allein dadurch mobilisiert er die, die enttäuscht sind und Angst haben." In vielen Reaktionen auf seine Videobotschaft wurde Dokoupil auch vorgeworfen, ein intellektueller, studierter Linker zu sein, was für den gelernten Maler und Anstreicher besonders amüsant ist: „Ein Maler und Anstreicher darf wohl keine eigene Meinung haben."

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Seitdem er seine Videobotschaft an Strache online gestellt hat, habe er locker 500 Mails bekommen—unter anderem weil seine leicht zugängliche Mail-Adresse in einschlägigen Foren bekannt gegeben worden sein soll. Auch auf unzensuriert.at gab es einen Beitrag über ihn mit dem Titel „Gratisblätter machen Strache-Gegner zum Helden". Apropos Gratisblätter: oe24.at war das erste Medium, mit dem Dokoupil gesprochen hatte, nachdem seine Page offline gegangen ist—wobei Teile des Interviews laut Dokoupil so nie gesagt worden sein sollen: „Ich bin nie beschimpft worden, als ich mit meinen Kindern durch Wels gegangen bin. Das habe ich so nicht gesagt. Auch, dass der Großteil der Hasspostings von Frauen stammen sollen, stimmt nicht. Aber Hauptsache der Redakteur sagt mir im Vorhinein noch, dass er mein Video so toll findet."

In einem Kaffehaus in Wels soll Dokoupil am Wochenende gar nicht erst bedient worden sein und auf der Straße wird er von fremden Leuten im Vorbeigehen beschimpft. Es wurde auch eine Facebook-Page mit dem Namen „Dokoupil Habakuk" erstellt, nach einem Tag war sie jedoch schon wieder offline: „Genau dieses Niveau ist bezeichnend, wie die Leute ticken, die mich jetzt beschimpfen. In einer Woche werde ich meine Seite wieder online stellen und auch meinen eigenen Videochannel starten, der ,Ohne Maulkorb' heißen soll. Ich habe keine Angst vor denen."

Dokoupil findet, dass Strache eigentlich über so einem Video von einem „kleinen Fotografen" stehen müsste: „Eigentlich sollte ihm das nichts ausmachen, wenn ich da daher komme. Aber nein, er mobilisiert und die Massen rollen auf Facebook über mich drüber wie eine Lawine. Für mich hat Strache einen Minderwertigkeitskomplex. Dem sind die Österreicher doch wurscht, dem gehts nur um die Macht."

Verena auf Twitter: @verenabgnr