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Interviews

Bitch, I’m Madonna: „Ich will für immer leben und das werde ich auch“

Wir haben mit der Popikone über Sexismus, die Suche nach Liebe, den Zauber von Miley und die Möglichkeit zu einem Date mit Drake gesprochen.

Madonna befindet sich noch nicht im Gebäude, aber Interscopes unauffälliges Büro in New York City ist auf ihre Ankunft vorbereitet—das Licht ist gedämpft, die Gänge extra einparfümiert und meine Handflächen schon feucht. Ich sitze mit vier Menschen aus Madonnas Team im Greenroom—alle von ihnen quirlige und redselige Frauen—aber abgesehen davon ist diese Veranstaltung eine reine Schwanzparade: 15 männliche, größtenteils schwule Journalisten und ich. Als uns die Meldung erreicht, dass sie angekommen ist, verstummen die Witzeleien und wir starren alle konzentriert auf die Fragen auf unserem jeweiligen Schoß. Ich inhaliere zwei Gläser Weißwein, um meine Nerven etwas zu beruhigen. Plötzlich fällt mir auf, dass ich dringend pinkeln muss. Ich traue mich aber nicht aufzustehen, es könnte ja sein, dass mein Name aufgerufen wird, wenn sich gerade meine Latzhose um meine Knöchel befindet. Mein Vater schickt mir schon ganz aufgeregt SMS: „Und???“

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Mein Vater ist besonders interessiert daran, wie meine 20-minütige Audienz bei der Königin des Pop wird. Er nahm mich nämlich 1987 mit zu meinem ersten Konzert überhaupt: Madonna auf ihrer Who’s That Girl-Tour. Ich war zwar erst sechs Jahre alt, aber ich kann mich noch lebendig an Einzelheiten dieses Abends erinnern: mein blass-rosa Cheerleader-Rock, die Spitzenhandschuhe meiner Mutter und die Ketten mit den Plastikperlen, die ich mir um den Hals gehangen hatte. Ich erinnere mich auch an den ganzen Applaus und an den Moment in ihrem Set, an dem die 28-jährige Sängerin San Francisco „Get into the Groove“ widmete und einen dünnen, asiatischen Jungen aus der Masse von 22.000 Leuten herauszog, um mit ihm zu tanzen. Mein Madonna-Moment, der Madonna-Moment meines Vaters, ist nur einer von Millionen Madonna-Momenten.

Rebel Heart ist Madonnas dreizehntes Studioalbum und seitdem die halbe Platte letzten Dezember geleaked wurde, befindet sich die Sängerin auf einer Medientour. Jetzt gerade ist sie einfach überall—spricht mit allen großen Institutionen, schwebt bei den Grammy’s durch die Luft und landet bei den Brit-Awards auf ihrem Hintern. Obwohl man sagen kann, dass sie, seit sie mit ihrem 1983er Hit „Everybody“ aus der Lower-East-Side auf die Tanzflächen und dann in die Charts geflattert ist, immer so ziemlich überall war. Für die folgenden mehr als 30 Jahre hat sie Wellen geschlagen und für Schlagzeilen gesorgt—sei es durch revolutionäre Alben, Neuausrichtungen ihres Images, Verärgerungen des Vatikans und selbsternannter Sittenwächter, ihrem Kampf für das Recht, sich selber auszudrücken oder ihren Einsatz für die Rechte von Homosexuellen und Menschenrechte im Allgemeinen. Es ist gar nicht so lange her, dass Drake ihr einen ganzen Song gewidmet hat.

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Die wandlungsfähige und vielseitig begabte Sängerin ist eine Pionierin der Popkultur, ein ausgiebig abgelichteter und durchleuchteter Megastar—was übrigens auch das Thema ihres neues Songs „Joan of Arc“ ist. Man bekommt relativ leicht den Eindruck, dass verletzende Worte und romantische Querelen Madonna nicht tangieren, aber zwischen den Partytracks und dem großen Getöse hat es immer schon Songs gegeben, die Lücken in Madonnas Rüstung zeigen—und das war noch nie so offensichtlich wie auf Rebel Heart.

Mit 56 Jahren hat Madonna 300 Millionen Platten verkauft und ist damit die erfolgreichste Künstlerin aller Zeiten. Aller Zeiten. Das bringt uns zu Kanye West, nur einem aus ihrer Armada an Kollaborateuren, die Madonna extra für dieses Album ausgewählt hat. Neben West wurden noch Diplo, Ariel Reichstadt, Blood Diamonds, Nicki Minaj, Chance the Rapper, Nas, DJ Dahi, Avicii und seine skandinavische Songwritertruppe mit ins Team gewählt. Oh, und Mike Tyson natürlich. Das Album springt dementsprechend musikalisch auf seinen 14 Tracks (bzw. 19 auf der Deluxe- und 23 Tracks auf der Super-Deluxe-Edition) munter hin und her. Das ist eine ordentliche Menge neues Material, wenn man davon ausgeht, dass es den Musikfans heutzutage mehr nach einzelnen Smash-Hits als nach kohärenten Erzählungen dürstet, aber Rebel Heart bedient tatsächlich genau diese Generation. Es ist keine wohl durchdachte Reise, sondern ein Fest der Kontraste. Hinter dem reflektierten „Joan of Arc“ kommt der Club-Kracher „Iconic“; der Lufthorn-lastige Reggae-Pop von „Unapologetic Bitch“ ist ziemlich frech im Gegensatz zu dem zwar prägnanten, aber nichtsdestotrotz zärtlichen Kuss von „HeartBreakCity“.

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Bei „Bitch I’m Madonna“ trägt jeder Clap und jeder Booty-Bass-Beat Diplos Handschrift und Nicki Minaj sorgt für die Extraprise Sassiness. Aber was wäre ein Madonna-Album ohne ihren Lieblingsgegensatz: das Aufeinandertreffen von Religion und Schund. Auf dem von Stöhnen und Schmollen durchzogenen „Holy Water“ befiehlt sie dem Hörer, auf die Knie zu gehen: „Kiss it better … / Makte it wetter“, fordert sie ihn auf, bevor sie fragt: „Don’t it taste like holy water?“ Nun ja, Madonnas Zweideutigkeiten waren noch nie besonders subtil. Schafft sie es immer, Musik zu machen, die cool, ungezwungen und aktuell ist? Nein. „Holy Water“, von dem gerade die Rede war, ist einen Ticken zu gewollt und, sorry Kanye, auch „Illumminati“ gehört zu den schwächeren Arbeiten auf dem Album, aber Madonna schafft es nichtsdestotrotz, wie keine andere Perfomerin in der Geschichte moderner Musik, unsere Neugierde am Leben zu halten.

In der Woche, bevor wir uns trafen, ging sie mit Journalisten bei einer Presseveranstaltung bei Sotheby’s vor Gemälden von Keith Haring und Jean-Michael Basquiat hart ins Gericht. Neben ihr stand eine Flasche Tequila und zwei Schnapsgläser—wenn ein Interviewer eine Frage gestellt hat, die sie blöd fand, dann musste dieser einen Shot trinken, wenn er eine Frage stellen sollte, die sie von den Socken haut, dann wäre sie an der Reihe. Heute gibt es aber keinen Tequila, da Madonna sich aufgrund des Wetters etwas schlapp fühlt und ich werde in einen Raum geführt, der nach Eukalyptus und Duftkerzen riecht. Sie steht von der weißen Ledercouch auf, um mich zu begrüßen—etwa 1,65 Meter groß und dank schwarzer, mit Steinen besetzter Stöckelschuhe, noch ein paar Zentimeter größer. Sie sieht in ihrem halbdurchsichtigen, schwarzen und mit Perlen besetzten Kleid von Pamella Roland makellos aus. Sie sieht einfach unglaublich aus—selbst mit ihrem diamant-goldenen Grill—ihr Eyeliner betont perfekt ihre aufmerksamen Augen. Sie erfassen mich. „Mir gefällt deine Latzhose“, sagt sie. Ich habe mich für mein Treffen mit der Queen of Pop wie eine Zwölfjährige angezogen. Wir setzen uns hin und kommen zur Sache.

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Noisey: Auf diesem Album gibt es eine lange Liste an Kollaborateuren—ein echtes Who is Who der derzeitigen Musiklandschaft. Du arbeitest zwar schon seit Jahren mit anderen zusammen, aber Songwriting ist so eine persönliche Angelegenheit—vor allem auf diesem Album—und es erscheint mir unglaublich intim, jemanden, der oft ein komplett Fremder ist, einzuladen, um mit ihm oder ihr zusammenzuarbeiten. Ist es manchmal schwer, sich diesen Produzenten zu öffnen—die obendrein auch noch meistens Männer sind? Wird das mit der Zeit leichter? Wie überwindest du diese Barrieren?
Madonna: Es geht nur um die Chemie. Bei manchen Menschen ist es einfacher, sich zu öffnen und sich in ihrer Gegenwart wohl zu fühlen, als bei anderen. Ich habe auch mit einigen Frauen zusammengearbeitet—MoZella war bei vielen Songwriting-Workshops dabei, die ich gemacht habe. Sie war großartig und wir haben uns direkt gut verstanden. Mit Natalia Kills bin ich auch super klargekommen. Diplo ist ein extrem umgänglicher und lustiger Typ, genau wie Toby Gad und alle von Aviciis Songwriting-Team. Ich nenne sie meinen Wikinger-Harem—alles wunderbare, lustige, intelligente, umgängliche, herzliche und schlaue Menschen, ich kann mich also glücklich schätzen. Ich würde sagen, dass ich mich bei 75 Prozent der Menschen, mit denen ich zusammen Lieder geschrieben habe, sofort wohl und locker gefühlt habe, sodass ich keine Angst haben musste, mich zu blamieren—denn so fühlst du dich zwangsläufig, wenn du zum ersten Mal zusammenarbeitest.

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Klar, ich bin sicher, dass das Teil des Prozesses ist. Du sagst über Diplo, dass er ein Bruder im Geiste ist. Warum das?
Ich denke, wir haben viele ähnliche Referenzen. Wir haben viele ähnliche Interessen, er ist zum Beispiel großer Fan von Keith Haring. Das bin ich auch. Er hat ein Kind, das auf das Lycée Français [französischsprachiges Gymnasium] geht, und das habe ich auch. Wir haben einen ähnlichen Musikgeschmack. Er liebt Mode. Er hat einen ziemlich eigenartigen Sinn für Humor. Ich habe ein bisschen das Gefühl, als wäre er mein verschollener, unartiger Bruder. Ich liebe ihn.

Ja, er ist schon etwas unartig.
Oh mein Gott, er ist so unartig!

Hat er im Studio Probleme gemacht?
Nein, nein—er war gegenüber mir immer sehr respektvoll, aber er ist schon etwas mehr herumgerannt, als es mir lieb gewesen wäre.

Ich habe mich gefragt, welche Musik dir deine Kinder als letztes nahegelegt haben. Ich habe gehört, dass sie gelegentlich im Studio vorbeigeschaut und ihre Meinung kundgetan haben. Du meintest, dass sie dich auf dem Laufenden darüber halten, was gerade los ist. Was war die letzte Sache, die sie dir gezeigt haben, die dich umgehauen hat?
Lass mich kurz nachdenken. Mein Sohn befindet sich gerade in so einer Retrophase, dementsprechend hört er viel 90er-Jahre HipHop, den ich aber schon kenne und schon gehört habe. Er steht aber auch auf Reggae und Punk. Wir hören viel Dead Kennedys zusammen. Ich würde also nicht unbedingt sagen, dass er mich auf neue Ideen bringt. Lola allerdings spielt immer irgendwelche Musik, bei der ich dann frage: „Wer ist das? Und wer ist das?“ Ich kann mir die Namen dann oftmals nicht merken. „Oh, hast du schon das neue Jack Ü Album gehört? Mach mal!“ Sie steht total auf Azealia Banks. Sie hat einen sehr vielseitigen Geschmack.

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Hast du zum Beispiel MNEK über deine Kinder kennengelernt?
Nein, MNEK habe ich von Diplo.

Es war aufregend, ihn in den Album-Credits zu sehen, er ist nämlich ein noch recht unbekannter, aber großartiger, aufstrebender Londoner Künstler. Es war wirklich toll, zu sehen, dass du mit ihm zusammengearbeitet hast.
Ich liebe ihn. Er ist extrem talentiert.

In deinem selbstreferenziellsten Song „Veni Vidi Vici“ sagst du: „I came / I saw / I conquered“. Das hat mich stark an die Zeile erinnert, die du in den frühen 80ern zu Dick Clark und auch zu dem A&R Michael Rosenblatt—und so ziemlich jedem, den es damals etwas anging—gesagt hast: „Ich will die Welt erobern.“ Du warst damals schon so beharrlich und ambitioniert. Was war dieses Feuer unter deinem Hintern?
Dieses Feuer unter meinem Hintern war wahrscheinlich meine Jugend im Mittleren Westen und das Gefühl, in einer extrem provinziellen Welt zu leben, zu der ich mich niemals zugehörig fand. Ich wuchs ohne Mutter auf. Ich war schon immer an Malerinnen wie Frida Khalo interessiert, Schriftstellerinnen wie Anna Sexton und Sylvia Plath—ich fühlte mich immer zu Frauen hingezogen, die sehr unabhängig waren, die sehr unkonventionelle Leben lebten. Ich sagte mir also: „OK, ich muss hier wegkommen und ich will auch eine Künstlerin werden.“ Mir war klar, dass ich mich dort nicht in einem Umfeld befand, das mein Verhalten unterstützen würde. Dazu kam—wie ich schon sagte, ich wuchs ohne Mutter auf—dass es um mich herum viel Tod gab, als ich aufwuchs, und ich hatte diese Vorstellung, dass die Zeit sehr kostbar ist und ich mich beeilen muss. Es war eine Kombination aus all diesen Dingen.

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Denkst du jetzt, da du selbst Mutter bist und da du deine Mutter so früh verloren hast, mehr über den Tod nach? Hast du davor Angst?
Nun ja, wer hat das nicht? Niemand will sterben. Ich will für immer leben und das werde ich auch.

Kryogenik?
Ich bin dabei.

Meine Mutter ist da eher so: „Wenn es Zeit zu gehen ist, dann gehe ich.“
Nein, ich habe zu viel Spaß hier. Auf keinen Fall.

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Du hast mal gesagt, dass du schon mit fünf Jahren wusstest, dass du nach New York ziehen möchtest. War es so, wie du es dir erträumt hattest, als du hier ankamst?
Oh, es war noch viel mehr als das. Es war verrückt! Es war, als hätte ich meinen Finger in eine Steckdose gesteckt.

Du hast so viele unglaublichen Künstler getroffen und dich mit ihnen angefreundet. Hattest du damals schon das Gefühl, in einer besonderen Zeit zu leben und dass diese Menschen der Geschichte ihren Stempel aufdrücken würden?
Nein. Also ich habe all diese Menschen nicht sofort persönlich kennengelernt. Als ich zum ersten Mal nach New York kam, war ich dieses naive Mädchen aus dem Mittleren Westen, die ‚Hi’ zu allen sagte—ich war viel zu freundlich. Und ich war entsetzt. Ich hatte zuvor noch nie einen Obdachlosen gesehen. Es war verrückt und New York war damals einfach verrückt. Es war total anders, als es heute ist. Ich habe eine Zeit lang als Tänzerin gearbeitet. Ich war pleite. Es hat gedauert, bis ich wirklich den Entschluss gefasst hatte, Musikerin und Songschreiberin zu werden und ich an die Lower East Side gezogen bin; bis ich anfing, Künstler wie Keith Haring, Jean-Michel Basquiat und Andy Warhol kennenzulernen. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass wir gegenseitig von unserer Energie gezehrt und uns alle gegenseitig inspiriert haben, den anderen gegenüber eifersüchtig waren und miteinander gearbeitet haben, hatte ich keine Ahnung, welchen Platz sie in der Welt von heute einnehmen würden. Genauso wenig bei mir selbst. Wir waren also nur Künstler, die miteinander Spaß hatten und sich darüber gefreut haben, wenn sich jemand für unsere Arbeit interessierte.

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Die Platte ist ziemlich roh in Hinsicht auf deine Gefühle—insbesondere „Heartbreak City“ ist da sehr direkt, wenn du singst: „You got just what you came for / A bit of fame and fortune.“ Wie schaffst du es, weiterhin der Liebe gegenüber so offen zu sein, wenn du solche Erfahrungen wie diese hier gemacht hast. Bist du eine Optimistin? Bist du noch immer …
Offen für Liebe? Absolut! Ich habe nur den falschen gewählt. Du musst mit einem Typen ausgehen, der schon jemand ist.

Genau. Ich habe das Gefühl, dass wir das mittlerweile alle wissen sollten, oder?
Ja, aber weißt du, manchmal denkt man, dass man einen Menschen kennt und später stellt sich dann heraus, dass das doch nicht der Fall war. Menschen überraschen dich. Menschen können verdammt gute Schauspieler sein. Manche Menschen sind auch einfach richtige Soziopathen. Wie wahr. Ich bin schon mit ein paar von denen ausgegangen.
Das sind wir alle.

Glaubst du, dass es da draußen immer noch die eine Person für dich gibt?
Natürlich. Definitiv. Ich habe den Glauben daran noch nicht aufgegeben. Ich bin mir sicher, dass da draußen noch irgendwo mein Seelenpartner auf mich wartet. Ich muss einfach bereit für ihn sein. Und er muss bereit für mich sein—das gilt für beide Seiten. Vielleicht habe ich ihn sogar schon kennengelernt, aber es ist einfach noch nicht passiert.

Hat das für dich etwas Kathartisches, diesen ganzen Kram in deinen Songs rauszulassen?
Oh Gott, ja! Total!

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Ist irgendwann mal irgendjemand zu dir zurückgekommen und hat gesagt: „Hey Madonna, was zum Teufel?“
Du meinst einen Typen? Nein. Das machen die nie. Die haben zu viel Stolz. Insgeheim bereuen sie es natürlich, insgeheim reißen sie sich die Haare aus.

Vielleicht auch nicht so heimlich. Ich habe mir letztens noch einmal In Bed with Madonna angeschaut und mir ist aufgefallen, was für ein großer Teil der Dokumentation davon handelt, wie du für dein eigenes Recht, dich auszudrücken sowie für die Rechte der Homosexuellen kämpfst. Während wir in Amerika zumindest Fortschritte bei den Schwulenrechten gemacht haben, kann man in Bezug auf Sexismus nicht unbedingt das Gleiche sagen.
Nein. Und wieder einmal stehe ich vor dem Tor und versuche, es aufzudrücken.

Hast du manchmal das Gefühl, gegen eine Wand zu rennen?
Oh ja, aber es wird eines Tages passieren. Ich werde fertiggemacht, aber in 20 Jahren wird Miley Cyrus einfach durch die Gegend laufen, als ob nichts wäre. Sie wird mit 50 in ihrem Fellbikini rumrennen und man wird noch nicht mal mit der Wimper zucken.

Warum denkst du, dass es so schwer für die Menschen ist—auch für Frauen—damit klarzukommen?
Eine Menge davon hat damit zu tun, dass Menschen in der Regel keine Karrieren haben, die so lange andauern. Also es gibt sie natürlich, aber ich würde sagen, dass das etwas damit zu tun hat. Unsere Lebenserwartung als Menschen wird immer länger und länger. Und wir lernen, wie wir besser und besser auf uns achtgeben. Wenn du richtig isst und gut auf dich achtest, der Sonne fernbleibst und trainierst, wenn du all diese Dinge tust, dann kannst du gesund und in Form bleiben und hast eine gute Haut. Du kannst die gleiche Energie haben.

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Ich kann dir sagen, dass ich, wenn ich auf Tour gehe, mehr Energie habe, als jeder von meinen Tänzern, mit denen ich arbeite. Und damit meine ich, dass die nicht mit mir mithalten können und ich bin drei Mal so alt wie die. Es muss also mit dem Training zu tun haben und mit dem, was ich schon mein Leben lang mache, verstehst du? Es hat auch etwas damit zu tun, dass ich nie aufhöre. Es ist wie mit Autos. Wenn du das Auto ständig fährst, dann wird der Motor immer funktionieren. Wenn du es zu lange in der Garage parkst, dann geht es kaputt. Es ist eine physikalische Sache, es ist eine biologische Sache, es ist eine physiologische Sache. Es hat aber auch etwas mit Leidenschaft zu tun—das ist in deinem Kopf. Ich habe so viele Sachen in meinem Kopf, die ich in meinem Leben noch machen möchte—so viele Sachen, für die ich mich interessiere. Ich habe mich noch nie in eine Schublade stecken lassen und ich habe schon immer Grenzen eingerissen, versucht, die Regeln zu ändern.

Ich war schon immer sehr offen, was meine Sexualität anging und meine Freiheit, mich auszudrücken—meine Freiheit, das zu machen, was ich machen möchte, ungeachtet der Tatsache, dass ich eine Frau bin. Warum sollte sich das jetzt also ändern? Ich habe noch immer viel zu sagen und viel zu tun. Ich glaube nicht, dass Menschen so etwas gewohnt sind. Es ist, als wäre so etwas noch nie zuvor passiert. Also sagen sie dann: „Moment mal …“ Es ist einfach—ich sage es noch einmal—das, was sie nicht gewöhnt sind. Menschen fühlen sich nie wohl mit etwas, was ihnen unbekannt ist. Sie müssen sich also erst dran gewöhnen! Und dann werden sie sich wohl damit fühlen und werden es akzeptieren.

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Dazu kommt dann aber noch diese ganze neue Kultur der anonymen Online-Kritiker. Das gab es vor 20, 30 Jahren auch noch nicht.
Stimmt, denn welche Frau in ihren 50ern hat vor 20 Jahren das gemacht, was ich jetzt tue? Das gab es nicht, weil es die Möglichkeiten dazu nicht gab. Niemand von uns hatte die Möglichkeit, die Leute mit Pfeilen zu beschießen.

Aber ich glaube, es ist nicht nur das. Es ist die Art, wie sich unsere Kultur entwickelt hat, sodass Frauen jeden Alters extrem spitzfindig und erbittert attackiert werden. Das bist nicht nur du; Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, vor allem im Pop-Kontext, befinden sich in einer ganz neuen Schusslinie.
Wer zum Beispiel?

Zum Beispiel die Art, mit der alle mit Miley Cyrus umgesprungen sind oder als ein unbearbeitetes Foto von Beyoncé aufgetaucht ist.
Weil wir in einer sexistischen Gesellschaft leben. Was Frauen und Frauenrechte angeht, sind wir nicht besonders fortschrittlich. Frauen sind ein wichtiger Teil davon. Frauen sind die ersten Menschen, die andere Frauen niedermachen. Frauen unterstützen andere Frauen nicht und sie müssten das viel mehr machen, als sie es gerade tun.

Ich habe auf deinem Instagram-Profil rumgeschnüffelt und Miley taucht hier und dort mal wieder auf …
Sie ist meine kleine Schwester. Ich mag sie. Ich weiß ihre Art von Humor zu schätzen. Sie ist aufmüpfig. Sie ist lustig. Sie hat es raus. Sie ist eine Kämpferin. Sie schert sich um nichts und niemanden. Sie ist eine dreiste Bitch.

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Deine Lyrics bei „S.E.X.“ sind ziemlich explizit. Haben sich deine Kinder jemals darüber beschwert?
Ja, über den Song besonders. Es war so, dass mein 14-jähriger Sohn für ein paar Wochen, jedes Mal, wenn ich an dem Song arbeitete, in den Raum kam. Er sagte dann immer so etwas wie: „Mom, bist du noch immer nicht mit diesem Song fertig? Oh, Gott!“ Und dann ging er wieder raus. Ich entgegne dann nur: „Schau, das ist meine berufliche Seite und du musst damit klar kommen.“ Es ist schon OK für ihn. Ihm geht’s gut. Sie akzeptieren es irgendwann.

Ist es schwer, ihnen etwas zu verbieten, wenn du selbst so viele Regeln gebrochen und so viele Rollen eingenommen hast?
Nein, weil ich eine Erwachsene bin. Wenn sie erwachsen sind, dann können sie ihre eigenen Entscheidungen treffen. Bis dahin müssen sie aber meinen Regeln gehorchen.

Eins meiner Lieblingszitate von dir ist: „Du willst nicht der schlauste Mensch in einem Raum sein, du willst der dümmste sein.“ Dann kannst du nämlich lernen und beobachten und dich inspirieren lassen. Es muss sehr schwer sein, heutzutage die dümmste Person in einem Raum zu sein.
Ja, das stimmt wohl. Ich habe einen Freundeskreis, der weltgewandt und kultiviert ist. Diese Menschen lesen viel und sind an Politik und an Geschichte interessiert. Ich fühle mich offensichtlich von dieser Sorte Mensch angezogen—anderen Künstlern, kreativen Menschen—aber nicht unbedingt alle kreativen Menschen sind zwangsläufig auch intelligent. Es wäre eigentlich ganz schön, wenn sie das wären.

Wem vertraust du denn? Wer ist dein bester Freund?
Ich und meine Schwester Melanie, wir sind uns sehr nah. Eine andere Person wäre wohl meine Agentin Maha [Dakhil].

Vorhin sagtest du, dass du noch so viel erreichen willst. Was denn zum Beispiel?
Nun ja, das Erste, was ich tun möchte, ist, zu wissen, dass ich vier liebevolle, mitfühlende und intelligente Kinder großgezogen habe, die die Welt bereichern werden—das ist schon mal eine Sache. Ich würde auch gerne mehr Filme machen und das werde ich auch. Ich wäre auch gerne Teil zu einer Lösung, die zu mehr Frieden auf der Welt führt. Was auch immer das heißt und was auch immer das bedeutet. Ja, ich stehe an vorderster Front. Zieht mich ein, Freiheitskämpfer.

Eine Letzte Frage, ich weiß, dass du gesagt hast, dass du mit Drake zusammen arbeiten wirst und natürlich hat Drake auch einen Song auf seinem letzten Album nach dir benannt … er ist irgendwie ganz süß, oder?
Ja, er ist süß. Warum? Findest du ihn süß?

Ich finde ihn ziemlich süß.
Er ist süß.

Er ist ziemlich emo, aber ich würde ihn daten.
Das würdest du? OK. Vielleicht sollten wir ein Doppeldate mit ihm machen (lacht).

Wir würden ihn uns teilen?
Warum nicht!

Perfekt.
Es ist genug Drake für alle da. Habe ich gehört (lacht).

Kim Taylor Bennet trägt noch immer ihr Who’s That Girl Shirt. Sie ist auch bei Twitter—@theKTB

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