Motorsportfans warten gegenüber Unwissenden gerne mit einem vielleicht überraschenden Sprichwort auf: „Rennen werden beim Boxenstopp entschieden.“ Das war aber nicht immer so: die blitzschnellen Pit Stops von heute, ausgeführt von Werkstattathleten, sind Teil jahrzehntelanger Innovationen im Motorsport, deren sichtbarerstes Ergebnis, aber wohl eher die Rennwagen selbst sind.
In der Formel 1 sind auch die Pit Stops schon seit vielen Jahren Teil einer erstaunlichen technologischen Entwicklung—genau wie es sich für die selbsterklärte Krone des Motorsports gehört. Das folgende Video zeugt von den radikalen Fortschritten bei den Abläufen in der Boxengasse mit seinem Vergleich des Indy 500 Rennen von 1950—dem Gründungsjahr der Formel 1— und einem Ferrari Stop von 2013.
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Ungeduldige Zuschauer möchte ich gerne darauf hinweisen, dass sie geschlagenen 67 Sekunden vorspulen müssen, wenn ihnen die Arbeiten am 50er Renner von Bill Holland zu lange dauern, und sie den High-Speed-Stop von Ferrari sehen möchten.
Den fleißigen Mechanikern beim Indy 500 sollten wir aber immerhin zugute halten, dass es damals nur vier Teammitgliedern erlaubt war am Auto zu arbeiten—was sich heute offensichtlich radikal verändert hat. Auch ist das Nachtanken in der Formel 1 seit 2010 offiziell verboten. Laut Wikipedia (gesegnet mit besserer Erinnerung als ich es selbst bin) dauerten die Pit Stops in den 1980er Jahren zwischen 6 und 12 Sekunden—je nach der Menge des benötigten Sprits.
Das Nachtanken—welches selbst erst 1982 „erfunden“ wurde—fügte den Rennen eine weitere strategische Komponente hinzu: Mehr Benzin für mehr Leistung verbrennen oder Zeit sparen in der Box? Das ganze führte aber auch zu einem Wettrüsten um die beste Technologie zum Auftanken der Autos. Und wenn du versuchst große Mengen Benzin zu schnell zu pumpen, dann kann es leider auch leicht zu einem verheerenden Unfall kommen, wie Jos Versteppen und seine Boxencrew 1994 beim deutschen Grand Prix feststellen mussten, als eine von ihnen veränderte Pumpanlage versagte:
Die moderne Formel 1 ist mehr denn je ein Kampf um Zehntelsekunden. Und die heutigen riesigen Boxenstopp-Crews sind längst Teil des Rennens: Neben den Wagenhebern gibt es den „Lollipop Man“ (der dem Fahrer per Zeichen die Abfahrerlaubnis erteilt), ein Zuständiger für den Brandschutz und 12 Mechaniker für den Reifentausch.
Wie du dir vorstellen kannst sind sogar die Muttern, Schrauben und Drehkreuze Teil der allgemeinen Technologieschlacht der Formel 1, in der jedes Teil als Chance gesehen wird ein paar Hundertstel pro Runde gut zu machen:
Verglichen mit dem Vintage Stop von Bill Holland aus den 1950er Jahren ist die heutige Formel 1 ein Muster an Effizienz, in dem jede noch so kleine Bewegung Zeit kosten kann, wie der Vergleich zwischen McLaren und Red Bull beim deutschen Grand Prix 2012 zeigt:
Die McLaren Zeit von 2,4 Sekunden aus dem obigen Video hat Red Bull im vergangen Jahr noch einmal unterboten und einen neuen Rekord von unter 2 Sekunden aufgestellt—halt dir vor Augen, dass in dieser Zeit vier Reifen an einem Rennwagen unter großem Druck von 20 simultan arbeitenden Mechanikern gewechselt werden. Es scheint kaum vorstellbar, dass es noch schneller geht—aber das haben vor vielen Jahren wohl auch schon andere Motorsportfans geglaubt.