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Popkultur

Ich habe genug von Zombies, gebt mir Kung Fu

Bei 'The Grandmaster' muss man sich nicht auskennen und Brad Pitts Zombieweltkrieg lassen wir einfach einmal links liegen.

Erinnert ihr euch an die Szene mit einer selbstgebastelten Bong und Brad Pitt, der in der Rolle als asozialer Kiffer mit seinen wenigen Szenen und Sätzen die Leben der Hauptcharaktere fast komplett in den Arsch treibt. Eine kleine filmische Rosine von True Romance (1993). Eine von vielen, da Gary Oldman als psychopathischer Techno-Rasta-Zuhälter oder Christopher Walken als sadistischer Mafiafolterknecht, Dennis Hopper als unterhaltsamer Märtyrer-Rassist und natürlich Val Kilmer als Elvis brillieren. Sowie man auch nicht vergessen darf, dass niemand jemals zuvor eine Frau so dermaßen zu Brei geschlagen hat wie der mittlerweile verstorbene James Gandolfini in diesem Film die entzückende Patricia Arquette. Parallel trägt Christian Slater sehr gekonnt ein Hawaii-Hemd.

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Das Drehbuch ist von Tarantino und wurde dann irgendwie inhaltlich entzweit, Regisseur Tony Scott machte diesen brutal süßen Pop-Streifen True Romance aus seiner Hälfte und der drogengeschädigte Oliver Stone (der mit Savages letztes Jahr quasi professionellen Seppuku beging) erweiterte die Mörder-Pärchen-Geschichte zu Natural Born Killers. Aber nun zurück zu Brad Pitt!

Ich will gar nicht wissen, wie oft ich in den letzten Wochen das Wort "Zombie" schreiben musste. Nach dem neuen Evil Dead, /Slash-Premieren und Klub Kaputts (die ich natürlich über alles liebe), Reviews von Spielen wie State of Decay, The Last of Us und Zoombies sowie der allgemeinen The Walking Dead-Manie plus Spoofs, Reboots, Remakes und Schmemakes vom alteingesessenen Horrorfilmgenre, habe ich die stöhnenden, auferstandenen Angefaulten ziemlich satt. Nichts für ungut, aber darum habe ich einfach kein Interesse an World War Z und bin froh über eine Verschnaufpause ohne CGI Zombie-Wände. Ist das ein Muzi auf dem Poster?!

Das einzige was ich sagen kann, ist, dass dieser Film ab 14 ist (!) und offenbar kurz vor dem Release kein richtiges Ende hatte beziehungsweise nur ein verdrehtes, aus übrigen Szenen zusammengeschnittenes Finale, ohne Hand und Fuß (LOL). Daraufhin hat der sich in diesem Heldenepos wieder einmal selbst glorifizierende Produzent Pitt, einen Rettungsautoren abkommandiert, nämlich Damon Lindelof, den man vielleicht als Schreiberling von Prometheus, Star Trek Into Darkness und Cowboys & Aliens wiedererkennt. Ob diese Filmbeispiele jedoch wirklich für Lindelofs dramatisch-konzeptionellen Fähigkeiten sprechen möchte ich bezweiflen und wir sind gespannt—obwohl ich weniger—ob das Notfall-Editing von World War Z etwas gebracht hat. (SPOILER) Ich habe etwas von Happy End und Co-Existenz mit Zombies gehört, während in den blutlosen Massenszenen Motorsägen unberührt bleiben.

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So etwas stimmt mich einfach traurig, aber irgendwo zwischen einem unerwartet stabilen Filmchen mit integrer Spannung und chaotisch überproduziertem Fiasko—wie Spielbergs War of the Worlds—wird der Zombieweltkrieg schon anzusiedeln sein.

"A Tiger never quits the Mountain"

Nein, dieses Zitat ist nicht aus Brokeback Mountain 2 - The Mounting sondern aus The Grandmaster ( Yi dai zong shi ) , ein ehrenwertes Stück Kung-Fu-Monument in hoher Bildauflösung. Denn jetzt kommen wir endlich, über den langen Weg des satt gesehenen Zombie-Überschusses, zu einer großen Leidenschaft von meiner Wenigkeit: Martial Arts! Eine Sparte, die in den letzten Jahren viel zu viel abgeflaut ist oder in künstlerisch "wertvolle" Bahnen geleitet werden musste. Wenn man mich fragt, ein Sakrileg. Endloses Schlagen und Blocken ohne Handlung, schneller Kamera und miesem Sound ist das Beste. Ich habe mich blendend unterhalten bei mehrnächtigen Marathons voller Jackie Chan Box Sets. Auch vor den übermenschlichen Aktionen meiner thailändischen Lieblingsfresse Tony Jaa, der in den 2000ern ein paar akrobatisch herausragende Kampffilme lieferte, die dem Zuschauer viele mit den Stuntmen solidarisierende Schmerzensschreie abringen, muss ich mich verneigen.

The Grandmaster ist die romantisierte Lebensgeschichte von Ip Man, einem Meister des Wing Chuns, was mich sofort an einen leicht cholerischen Bekannten aus Oberösterreich erinnerte, der immer Kampfsport trainierte und meinte er könne mit Konzentration Wasser teilen. Sehr stilvoll wird der Kung-Fu-König Ip auf seinem Weg durch japanische Besatzung und Bordell-Schlägereien begleitet. Die Kampfszenen sind etwas komisch, aber cool genug. Diese typische mystische Fliegerei kommt hier nur minimal vor, was einem die schwebenden Lächerlichkeiten im Stil von Cirque du Soleil erspart. Lediglich bei Hero, den ich nur empfehlen kann, fand ich die Seilzug-Action gut.

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Ein wahrer Freund des asiatischen Nahkampfs und dessen schneller Ästhetik bekommt definitiv was für seinen Kinoeintritt geboten und auch der artsy-fartsy Aspekt kommt nicht zu kurz. Freut euch auf lange, philosophierende Dialoge von stoischen Figuren auf Opium, während die Sprechenden heimlich durch kunstvoll verarbeitete Holzwände beobachtet werden. Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung was in dem Film abging.

Ip Mans Rolle wird von Tony Leung Chiu Wai gespielt und in diesem Bild erinnert er mich ein bisschen an Barack Obama. Jetzt will ich aber auch die Geburtsurkunde sehen! Wie erwähnt, ich habe mich ab einer Stunde überhaupt nicht mehr ausgekannt, die Zusammenhänge entgingen mir komplett, was nicht schlimm ist, da The Grandmaster echt schön anzuschauen ist. Auch die Musik hält einen wach, wie eine nicht enden wollende, epische Schmalz-Lawine.

Aber wenn ich ganz ehrlich bin, diese übermenschliche Familienportrait-Ästhetik und die asiatische Superpräzession in jeder Kameraeinstellung schmerzen beinahe schon fast im Sehnerv. Was zum Teufel ist da mit der Frame Rate los? Die springt von gefühlte 6 Bilder pro Sekunde auf 200 ohne Vorwarnung. Da wurde mir auch etwas schwindelig. Auch erträgt der normale Mitteleuropäer nur SO viel geballte Chinesen-Strenge, -Liebe und -Ehre. Aber lassen wir uns einfach verwirren. Die Bilder sind schließlich wie aus Geil gegossen und die Kampfszenen durchaus fein, auch für den verwöhnten Martial Fart wie mich. Bei so viel genialer Mise-en-scene macht plötzlich jeder Affe Sinn.

Wohlsein