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Drogen

​Was wirklich passiert, wenn du mit Partydrogen erwischt wirst

Ein Rechtsanwalt, ein Drogenexperte und Menschen aus der Clubszene erklären, was du abgesehen von der Wirkung über Kokain, Amphetamin oder MDMA wissen musst.
Unterschiedliche Partydrogen: Speed, Ecstasy
Foto: Michael Segalov

Als Kind lernst du viele wichtige Dinge fürs Leben: Schiele nicht, sonst bleiben deine Augen stecken. Schlucke keine Kaugummis, da sie jahrelang im Magen liegen bleiben. Setz dich nicht auf den kalten Boden, weil du dir sonst eine Blasenentzündung holst.

Und auch sowas: Wenn du deinen ersten Joint rauchst, drückst du dir auch bald eine Heroinspritze in den Unterarm. Eine Ecstasy-Tablette und du bist kurz vorm verdursten. Und wenn du dich mit Drogensüchtigen eingelassen hast, dauert es nicht lange, bis du selbst vor einer U-Bahn-Station herumhängst, beim Spar stiehlst und kurz darauf in einem ungemütlichen Häfn landest.

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Die meisten Leute haben seit ihrer Kindheit eine etwas differenziertere Sichtweise über illegale Drogen und ihre Konsumenten entwickelt. Das ist auch nicht verwunderlich: Neben den legalen Volksdrogen Alkohol und Tabak haben laut offiziellen Erhebungen zwischen 30 bis 40 Prozent der jungen österreichischen Erwachsenen zumindest einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert. Und etwa 2 bis 4 Prozent der Bevölkerung haben schon mal Partydrogen wie „Ecstasy" (MDMA), Kokain und „Speed" (Amphetamin) genommen.

Aber die wenigsten Leute wissen genau, was ihnen passiert, wenn sie mit diesen Drogen erwischt werden. Und das passiert gar nicht so selten: Im Jahr 2014 gab es in Österreich 30.250 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz; rund 5.000 davon betrafen Kokain, Amphetamin und MDMA. Etwa 90 Prozent davon waren Erstanzeigen gegen Konsumenten. Wir haben für dich schon an anderer Stelle nachgefragt, was für Konsequenzen es hat, wenn du mit Gras erwischt wirst.

Um zu erfahren, was dir mit den klassischen Partydrogen passieren kann, haben wir mit den Rechtsanwalt Mag. Dr. Martin Feigl von takeyourrights, den Drogenexperten Karl Kociper von checkit!—einem Projekt der Wiener Suchthilfe—und Menschen aus der Wiener Clubszene gesprochen.

Im Club

Leute beim feiern

Partydrogen werden vor allem auf Partys genommen. Klingt logisch, oder? Aber wer erwischt einen eigentlich im Club? Eher die Partyveranstalter als die Polizei. Die Regeln im Club machen die Veranstalter und die Security, solange die staatlichen Ordnungshüter nicht da sind—und die holen Clubbesitzer ungern.

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Auch wenn sich die Dinge abhängig von Location und Veranstalter ein wenig unterscheiden, gelten bei den meisten elektronischen Festln grundsätzlich ähnliche Regeln. Die Veranstalter wissen, dass Clubs, Drogen und elektronische Musik für die meisten Partygänger schwer zu trennen sind—man könnte auch sagen: zusammengehören. Solange du deine Partydrogen unaufmerksam konsumierst, wirst du im Club kaum Probleme bekommen. Die Partyveranstalter müssen die Polizei und ihr Publikum zufriedenstellen. Sie müssen zu offensichtlichen Konsum unterbinden, aber zugleich haben sie kein Interesse daran, einen leeren Club zu betreiben.

In manchen Clubs wird illegaler Drogenkonsum strenger gehandhabt, bei anderen Festen—besonders bei illegalen Teknopartys—wird mehr oder minder offen gezogen und Teile geschmissen. Du solltest immer etwas Restintelligenz im verrauschten Hirn bewahren, um die Situation richtig einschätzen zu können und keine Scheiße zu bauen. Verhalte dich der Location angemessen.

Ecstasy

FOTO VON MICHAEL SEGALOV, AUS: „I WALKED AROUND BESTIVAL ASKING TO TEST PEOPLE'S DRUGS"

Wenn dich die Security am Eingang oder auf der Toilette doch einmal erwischt, und du dich vernünftig verhältst, kannst du dir im Normalfall ziemlich sicher sein, dass dein Stoff weg ist und du den Club wahrscheinlich verlassen musst oder erst gar nicht betreten darfst. Du kommst also glimpflich davon—Ausnahmen bestätigen die Regel.

Aber wenn du schon nicht fähig bist, ein kleines Briefchen durch die oberflächliche Eingangskontrolle zu schmuggeln und halbwegs unauffällig deinem Geschäft auf der Toilette nachzugehen, ist es wahrscheinlich sowieso besser, dass dein Zeug in der Toilette oder der Nase des Securitys oder der Partyveranstalter gelandet ist. Stell dich nicht so blöd an: Die Zivilpolizisten sind vor allem an den Dealern, nicht den Konsumenten interessiert, und die Security an Waffen und mitgebrachtem Alkohol.

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Bei der Polizei

Ein Haufen Drogen MDMA

MIT SO VIELEN DROGEN WIRST DU BESSER NICHT ERWISCHT. FOTO: THERESA LOCKER

Trotz des Namens wirst du von der Polizei mit „Partydrogen" selten direkt auf Partys erwischt, wenn du dich nicht ganz dumm verhält. Nicht einmal die Schwerpunktkontrollen nach elektronischen Festivals treiben die Polizeistatistik diesbezüglich extrem in die Höhe.

Oft verpfeifen aufgegriffene Dealer Konsumenten. Oder Konsumenten werden von der Polizei in die Mangel genommen und plaudern dann Namen aus. Durch Telefonüberwachungen ins Ziel der Gesetzeshüter zu kommen, ist eine weitere Möglichkeit Stress zu bekommen. Und bei Deals auf der Straße besteht nicht nur die Gefahr, beschissen zu werden oder irgendein giftiges Zeug zu bekommen, sondern auch jene, von der Polizei hochgenommen zu werden.

Speed

FOTO VON MICHAEL SEGALOV, AUS: „I WALKED AROUND BESTIVAL ASKING TO TEST PEOPLE'S DRUGS

Wie verhältst du dich nun am besten, wenn dich die Polizei erwischt hat? Für Mag. Dr. Martin Feigl ist die beste Verteidigungsstrategie, sich wie die Beschuldigten im Hypo-Prozess zu verhalten: Alles leugnen, alles bestreiten, nicht kooperieren, und einen guten Rechtsbeistand besorgen. Streite alles ab, und wenn die Beweise eindeutig sind, mache von deinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das schützt nicht nur dich, sondern auch dein Umfeld.

Die Kriminalbeamten vernehmen jeden Tag Leute und versuchen ihnen Informationen zu entlocken, die du als Beschuldigter besser nicht preisgeben solltest. Für dich ist die Sache hoffentlich ein einmaliges Erlebnis. Überlasse den Profis das Reden.

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Wir sollten über das Problem mit Partydrogen sprechen

Die Polizei darf generell nur auf begründeten Verdacht hin tätig werden. Aber es ist für die Gesetzeshüter nicht schwer einen begründeten Verdacht zu konstruieren, wenn sie wollen. Was der Beamte ohne deine Zustimmung und unbegründet daher beispielsweise nicht darf, ist dich zu durchsuchen. Die Kiberei, wie sie in Wien liebevoll genannt wird, hat kein allgemeines Durchsuchungsrecht. Aber wenn du auf frischer Tat beim Drogenkonsum ertappt wurdest, oder die Polizei den begründeten Verdacht hat, dass du gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen hast, darf eine Durchsuchung vorgenommen werden.

Ähnlich läuft es auch beim Drogentest ab: Ein Polizeibeamter darf dich zwar nicht bei der Einvernahme zu einen Drogentest zwingen, aber sie bieten dir trotzdem oftmals einen Urintest an. Der ist freiwillig, und den musst du nicht machen. Nur der Amtsarzt darf einen Drogentest anordnen. Den verständigt die Polizei dann und du erhältst eine Vorladung.

Apropos Drogentest: Wenn du am Wochenende Drogen genommen hast und am Montag mit den Auto in die Arbeit fährst, musst du den Polizisten keinen Drogentest abgeben. Den darf auch in diesem Fall nur ein Amtsarzt anordnen. Der macht dann einen Bluttest. Dabei hängt es nicht davon ab, ob du im Moment der Fahrt unter dem Einfluss einer Substanz stehst, sondern ganz einfach davon, ob Substanzen noch im Blut nachweisbar sind. MDMA und Kokain können etwa 30 Stunden im Blut nachgewiesen werden, Amphetamin mitunter auch länger; im Urin lassen sich die Substanzen etwa 2-4 Tage auffinden. Wenn du bei der Gesundheitsbehörde wegen eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz gemeldet bist, kann sich auch die Führerscheinbehörde bei dir melden und Urintests einfordern, was jedoch eher bei Dauerkonsumenten passiert.

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Wenn die Polizei den Verdacht auf einen Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz begründet nachweisen kann, muss sie auf jeden Fall Anzeige erstatten. Es kommt zu einen Drogentest und wenn sie Drogen bei dir finden, werden diese beschlagnahmt. Was danach passiert, hängt in erster Linie von der Menge an Drogen ab, mit der du erwischt wurdest.

In Österreich werden Drogen übrigens nicht in „hart" und „weich" unterteilt—entgegen der Verwendung dieser Begriffe im Alltag. Je nach Substanz definiert das Suchtmittelgesetz gewisse Grenzwerte, nach denen sich das Strafmaß dann bestimmt.

Meistens wird bei kleinen Mengen (in der Juristensprache eine „nicht große Menge") die Anzeige von der Staatsanwaltschaft vorübergehend ruhend gestellt und du kommst zur Gesundheitsbehörde. Eine „nicht große Menge" ist dabei ziemlich groß: Laut Grenzmengenverordnung sind das unter 10 Gramm der Reinsubstanz Amphetamin, 15 Gramm Kokain und 30 Gramm MDMA. Falls du jemals auch nur ansatzweise so viele Drogen einhängen hast, solltest du über dein Leben nochmal gründlich nachdenken.

Beim Amtsarzt

Drug Screening

FOTO: FRANCIS STORR | FLICKR | CC BY-SA 2.0

Bei einer „nicht großen Menge" bekommst du jedenfalls im Normalfall—du hast keine Vorstrafen, verhältst dich kooperativ, bist volljährig, hast ein geregeltes Leben, und du dealst vor allem nicht mit dem Zeug—eine Probezeit und musst regelmäßig zum Amtsarzt des Gesundheitsamts. Das läuft unter dem Motto „Therapie statt Strafe" und solange du da mitspielst und dich an die Forderungen der Gesundheitsbehörde hältst, hast du nicht mit den Hütern von Recht und Ordnung, sondern mit Ärzten und Krankenschwestern zu tun.

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Wie Karl Kociper von checkit! erklärt, gibt dir die Gesundheitsbehörde entsprechend deiner individuellen Situation Auflagen und hilft dir, wenn notwendig, an deinem Suchtverhalten etwas zu verändern. Wenn du ein echtes Drogenproblem hast, und es nicht schaffst, alle Auflagen sofort zu befolgen, musst du jedoch nicht gleich eine Anzeige fürchten. Diese ganze Aktion ist ja dazu da, dir zu helfen.

Falls du den Forderungen des Amtsarztes aber überhaupt nicht nachkommst, wird die Anzeige vors Gericht kommen, und dir droht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen. Das passiert aber selten: Ungefähr 90% der Anzeigen werden eingestellt.

Als Wochenendkonsument mit kleinen Mengen kommst du also nicht gleich ins Gefängnis, sondern erstmals zum Amtsarzt. Nur wenn du eine große Menge besitzt, kann dir gleich das Gefängnis bevorstehen. Aber auch als kleiner Konsument kannst du Probleme wegen deiner Fahrerlaubnis bekommen, und Stress beim Bundesheer oder Zivildienst. Eine berufliche Zukunft bei der Polizei kannst du dir auch stecken.

Hältst du dich als Freizeitkonsument an die Anweisungen des Amtsarztes—mitunter, aber nicht immer regelmäßige Drogentests, Drogenberatung—, wird deine Anzeige nach einer ein- bis zweijährigen Probezeit gänzlich zurückgelegt und du bist glimpflich davongekommen. Und mal keine Drogen zu nehmen kann auch nicht Schaden.


Wenn du schon verantwortungslos genug bist, dir betrunken irgendwelche Pulverchen reinzuziehen, von denen du oft nicht einmal weißt, woher sie kommen, geschweige denn, was genau drin ist, dann bist du hoffentlich zumindest verantwortungsbewusst genug, das mit entsprechender Vorsicht zu tun und über deine Rechte informiert zu sein.

Du kannst deine Drogen übrigens auch bei checkit! testen lassen—das macht sie zwar nicht gesünder, aber zumindest weißt du Bescheid, was du da überhaupt hast und ob du es dann wirklich noch immer nehmen willst.