Bei Toni, der Assi ist immer eine Botschaft dabei

Wer hier die Hoffnung auf lupenreine Reimpatterns und intelligente Wortspiele hat—hier ist die Tür!
… VERARSCHT. Ihr sollt euch natürlich trotzdem Toni, der Assi zu Gemüt führen, denn hinter diesem serbischen Fleischberg steckt viel mehr als der Name „Assi“ vermuten mag.

Als Breakdancer und Graphiker, war der heute 35-Jährige Anfang der 90er Teil der neu auferstehenden Rapbewegung. Ein richtiger Oldschooler, der schon mit Torch und Konsorten abgehangen hat. Bis er zum Rappen kam, vergingen bei Toni noch ein paar HipHop-technisch unproduktive Jahre, die viel Frust aufstauten. Aufgewachsen auf Mannheims Bürgersteigen und angepisst vom Staat, der Gesellschaft und sowieso allem fing er in seinen späten 20ern mit dem Rappen an. Das hörte sich zwar authentisch, aber dann doch bisschen langweilig an, weil eh schon tausend Mal gehört.

Nachdem Volker Beck das Mittlerweile-Mitglied der Streetgang „Black Jackets“ wegen Volksverhetzung auf seinem Song „Staatsfeind“ anzeigte und er für eine Geldstrafe von 8.000 Euro verurteilt wurde, setzte ein Umdenken beim selbsternannten „Staatsfeindovic“ ein. Der äußerst humorvolle Toni beleidigte die Kanzlerin nicht mehr, sondern hielt um ihre Hand an. Das Konzept ist also: hart, lustig, aber immer mit Botschaft. Auf dem Papier hört sich diese Kombination sehr vielversprechend an. Und auch auf seinem Album Von Brate für Brate (von Bruder zu Bruder), das im März erschien, sind einige Highlights dabei, wenn auch noch mit Potenzial nach oben.

Als ich vor ein paar Wochen das Angebot bekam, Toni, den Assi zu interviewen, musste ich nicht lange überlegen. Ehrlich gesagt war das ein absoluter No-Brainer: Er heißt Toni, ich heiße Toni, er ist Jugo (Serbe), ich bin Jugo (Kroate) und wir beide werden nur allzu gerne auf Voll Assi Toni (der, der die Wahrheit kennt) angesprochen.

Als meine SMS-Frage für ein Interview mit „Alles klar, Toniii Brateeee“ beantwortet wurde, wusste ich, dass es ein gutes Gespräch wird.

Noisey: Wirst du eigentlich oft auf Voll Assi Toni angesprochen?
Toni, der Assi: Eigentlich kaum noch. Nach meinem Album und meinem HDF-Goldstatus hat sich das eigentlich erledigt. Aber vor zwei Jahren wurde ich noch öfter darauf angesprochen. „Bist du nicht der und der?“. Der hat nach dem Video auch nie wieder was gemacht. Aber ich kenne den noch. Ist ein geiler Typ.

Echt, ihr kennt euch? Woher?
Wir haben zusammen in den 90ern Breakdance gemacht, Alter. Der ist ja aus Offenbach und da war mal die Weltmeisterschaft „Battle of the Year“, da haben wir zusammen gebreakt.

Du hast in deinem Song „Heirate mich“ konkret um Angela Merkels Hand angehalten. Was müsstest du noch tun, damit du für sie als Heiratsmaterial in Frage kommst?
Dafür, wie man mich kennengelernt hat, als kontroversen, staatsfeindlichen, (asozial) rappenden Typen, habe ich mich ins Liebevolle und Humoristische entwickelt. Ich habe auf dem Song sogar gesungen, dass ich sie heiraten will. Also mehr kann ich ihr da nicht entgegenkommen. Ich habe sogar die Deutschlandflagge geweht, also das Angebot steht fest.

Würdest du dich denn als gelungenes Beispiel für Integration bezeichnen?
Ja, weil ich mittlerweile viele Dinge mit Humor verpacke und mich davon distanziert habe, gewisse Dinge wütend rauszulassen. Die Leute haben Spaß dran, ich habe Spaß dran, und dennoch ist überall eine Botschaft vom Herrn Assi dabei.

Welchen Effekt hat es, wenn man humoristisch statt hart rappt?
Es ist salonfähiger für die breite Masse. Suggestiv etwas vermitteln, kann man mit Humor besser, als wenn ich sagen würde, dass ich alle fertig machen will, diesen Staat hasse und eine Bombe in den Bundestag werfen will. Stattdessen sage ich zu Angela Merkel: „Heirate mich. Und wenn du meine Frau bist, dann wird alles besser.“

Du bist aber schon noch wütend auf den Staat?
Ich nenne mich ja nicht Assi, weil ich kriminell bin oder so. Asozial bedeutet „nicht gesellschaftsfähig“. Ich sehe mich als jemand, der gegen den Strom geht, der nicht dieses babylonische System akzeptiert. Ich habe den Vater Staat auch mal als ,Hurensohn‘ betitelt, weil so jemand nicht mein Vater sein kann, der seine Kinder, das Volk, so missbraucht. Ich spreche Themen wie Kindesmissbrauch an, die sonst unter den Teppich gekehrt werden. So Wikileaksstyle-mäßig, nur mit weniger Verschwörung.

Bist du enttäuscht von anderen Rappern, weil die sich mit gesellschaftlichen Themen fast nie auseinandersetzen?
Keiner möchte sich in dieses Genre begeben, weil sie wissen, dass sie mit dem Feuer spielen. Sie haben gesehen, dass es, wie bei mir, nach hinten losgehen kann, wenn ich dann vorm Landesgericht in Mannheim sitze, weil Volker Beck von den Grünen mich angezeigt hat und ich dann 8.000 Euro zahlen und als angeblicher Volksverhetzer vors Gericht musste. Die reden dann halt lieber übers Kiffen. Aber das war meine Schule und ich habe draus gelernt.

Liegt diese Abneigung dem Staat gegenüber auch an der Tatsache, dass du Mitglied bei den „Black Jackets“ bist, die dem Staat eh ein Dorn im Auge sind?
Nee, würde ich nicht sagen. Das Black Jackets-Ding kam viel später. Das war für mich eine Alternative, weil man Teil einer Gruppierung sein konnte, die unabhängig vom Staat intern funktioniert. Die Black Jackets sind ein eingetragener Motorradclub und zahlen auch Steuern. Indem Sinne hat mich die Mitgliedschaft nicht verändert, ich bin ja in Frankfurt geboren und in Mannheim aufgewachsen, hier braucht man keine Vereinigung, die einen pushen würde, damit man gewisse Sachen sagt. Wenn ich mir meine Mutter anschaue, die 40 Jahre gearbeitet hat und kaum Rente bekommt, natürlich wächst dann der Hass auf den Staat.

Ich kann mir vorstellen, dass bei dir der Spruch kommt: „Auf dem Balkan ist es doch noch schlimmer.“
Ja, der Spruch kommt. Aber dann sage ich: Ich bin hier zuhause und nicht auf dem Balkan und ich rappe über das, was ich hier erlebe.

Trotzdem warst du mal für drei Monate in Belgrad im Knast. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe ja die serbische Staatsbürgerschaft und wurde so vor fünf Jahren geladen, um meinen Wehrdienst abzuleisten. Natürlich habe ich die ganzen Schreiben ignoriert. Ich kämpfe gerne für meine Familie, aber nicht für irgendwelche Politiker. Plötzlich saß ich dann in Belgrad im Knast. Ich war da drei Monate, wurde ins Armeegefängnis verlagert, bis ich irgendwann von meinen Eltern und Anwälten rausgeholt wurde.

Du hast mal eine Jugo-Disko aufgemacht, was nicht so funktioniert hat, danach hattest du eine Viertel Millionen Schulden. Was ist passiert?
Ich war einfach viel zu jung. 22, Alter. Ich habe überhaupt nicht gewusst, was man in Deutschland als selbstständiger Diskothekenpächter alles im Kopf haben muss. Ich hatte keine Ahnung, was ein Buchhalter war. Du zahlst im Monat 10.000 Euro, musst die Getränke zahlen und dann schwitzt du, wenn da 100 Leute im Laden sind. Plus, die Jugo-Sänger kosten auch ewig viel, und fühlen sich ja so toll.

Wie viel verlangen die so, dafür dass die so Scheiß-Musik machen?
Stoja wollte 7.000 Euro haben. Aca Lukas 5.000 wenn Koks da war, wenn kein Koks da war, 8.000-9.000. Alter, hör mir auf.

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