Spätestens seit den Anschlägen von Paris hat auch in Deutschland die Angst vor Terroranschlägen spürbar zugenommen. Während das Innenministerium mit neuen Spezialverbänden bei der Bundesbereitschaftspolizei reagiert, rüstet auch so mancher Bundesbürger auf: Der kleine Waffenschein erlebt eine Renaissance, die Waffengeschäfte kommen kaum mit dem Verkauf legaler Abwehrwaffen hinterher, Bürgerwehren gehen auf Streife und wer will, kann sich in Workshops beibringen lassen, wie sich vermeintlich ein jeder gegen Terroristen zur Wehr setzen kann.
VICE-Korrespondent Jens Pfeifer hat einen Anti-Terror-Workshop besucht, bei dem Zivilisten von privaten Sicherheitstrainern und Personenschützern lernen wollen, wie noch mal trainiertere Spezialeinsatzkräfte einem Anschlag entfliehen oder ihm entgegenwirken würden, und spricht mit dem Terrorismusexperten Stephan Humer, ehemaligen Kommando-Ausbildern und der Berliner Polizei über Vertrauensverluste, Anti-Terror-Wissenstransfer im Stille-Post-Verfahren, Angstbewältigung per Wochenendseminar und die Frage, wie angreifbar sich eine Gesellschaft macht, wenn sie bei einer immer diffuseren Bedrohungslage eine immer größere Sehnsucht nach Sicherheit aus eigener Hand ausbildet.
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Im zweiten Teil: Denis Cuspert aka Deso Dogg, der Deutsche, der für den Islamischen Staat in den Kampf gezogen ist, ist inzwischen vielen ein Begriff. Hingegen weiß in einem Krieg— in den Deutschland nach den Anschlägen von Paris direkt und mit Waffenlieferungen an die Peschmerga, aber auch an Saudi-Arabien, den Irak und andere Golfstaaten mehr als nur indirekt beteiligt ist—kaum jemand um die deutschen Zivilisten, die im Norden Syriens gegen die Terrormiliz kämpfen.
Wer sind diese Frauen und Männer, was ihre Motive, was machen sie da genau und ist das, was sie da machen, wahnsinnig konsequent oder einfach Wahnsinn?
Während die Bundesregierung völkerrechtlich mandatbefreit Aufklärungstornados gen Syrien schickt, haben wir deutsche und andere internationale freiwillige Kämpfer, Aufbauhelfer, Sozialarbeiter aufgespürt, die mit Kalaschnikow und Pflugscharen, mit kurdischen Kampfverbänden und gegen den Vormarsch des Islamischen Staats versuchen, Staat zu machen; die versuchen, einen Gesellschaftsentwurf voranzutreiben, in dem es keine Todesstrafe gibt, Frauen und Männer gleichberechtigt sind, Religion eine Freiheit ist und der in Deutschland in der autonomen Szene als wichtigstes linkspolitisches Projekt der Welt Unterstützer gefunden hat.
Direkt an der Front und nur 50 Kilometer von der IS-Hochburg ar-Raqqa entfernt hat VICE-Journalist Sebastian Weis einen Ex-Bundeswehr-Soldaten und ehemaligen Fremdenlegionär, eine 19-jährige Kämpferin aus Kanada, eine vierfache Mutter aus Polen, ICOR-Brigadisten, deutsche Sozialpädagoginnen und einen 25-jährigen Saarbrücker getroffen, der bei den Volksverteidigungseinheiten einen Frontabschnitt befehligt.
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