Hach, Samstag. Der Tag, an dem wir endlich dazu kommen, unsere Polyester-Gardinen zu kürzen, die staubigen Weißweinflaschen zum Glascontainer zu bringen und dem gerade zugezogenen Kumpel aus Schultagen die “hippen Szenecafés” der Stadt zu zeigen. Kein anderer Wochentag hat so viele produktiv nutzbare Stunden wie der Samstag. Und kein anderer ein so ausgedehntes Zeitfenster, um sich richtig in die Scheiße zu reiten. Wie ein Typ aus Tirol am Wochenende zeigte.
Der 27-Jährige nutzte seinen ersten Wochenendtag für Hausarbeiten und wusch sein Auto. Das erzählte er jedenfalls der Polizei, die ihn stoppte, weil er mit seinem frisch polierten Wagen mit 118 Stundenkilometern durch die österreichische Ortschaft Kirchdorf bretterte. Dort waren lediglich 60 Stundenkilometer erlaubt. “Der Lenker konnte angehalten werden”, schreibt die Polizei in einer Pressemitteilung. “Als Rechtfertigung gab er an, dass er zum Trocknen des Fahrzeuges so schnell gefahren sei.”
Das wirft ein paar höchst dringliche Fragen auf, die wir an dieser Stelle objektiv und wissenschaftlich zu beantworten versuchen.
1. Gibt es traurigere Wochenendpläne, als sein Auto zu waschen?
Es fühlt sich an, als ob es gestern gewesen wäre, dass wir uns an Samstagnachmittagen “zum Spielen” verabredet haben, morgens ins Schwimmbad gefahren wurden oder bis zum Nachmittag den Rausch von Freitagnacht ausgeschlafen haben. Heute ist das Leben seriöser, der Stapel mit den ungeöffneten Briefen höher, und die Vogelscheiße kratzt sich nicht von alleine von der Scheibe unseres Kleinwagens. Natürlich gibt es spannendere Aktivitäten, als samstags mit einem schmutzigen Lappen und einem Plastikeimer am Straßenrand zu stehen, während die Jüngeren unter uns dem Spaß entgegenradeln. Aber das ist der Preis fürs Erwachsensein. Das ist das Stück Freiheit, auf das wir verzichten, damit wir nachts mit einer Tüte Chips und ungeputzten Zähnen ins Bett gehen können, ohne dass uns jemand dafür kritisiert. Auch wenn wir nach dem zweiten Mal doch merken, dass Paprika-Mundgeruch und pelziger Zahnbelag am nächsten Morgen gar nicht mal so geil sind.
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2. Ist Rasen wirklich die beste Idee, um ein Auto zu trocknen?
Vielleicht war die Spritztour des 27-jährigen Waschmanns also nur ein müder Versuch, sich an diesem seriösen Samstag den Spaß zurück ins Leben zu holen. Wisst ihr noch, damals, als Experimentierfreudigkeit nicht bedeutete, den Altersregler bei Tinder immer weiter nach rechts zu schieben? Es ist egal, ob das Auto bei 118 Stundenkilometern schneller trocknet. Es ist sogar vollkommen belanglos. Denn vielleicht war die Tiroler Rennfahrt am Ende nicht der finale Schritt der Autowasch-Routine – sondern nichts als ein röhrender Schrei nach FUN.
3. Hat dieser Typ uns gerade die lahmste Ausrede aller Zeiten aufgetischt?
Wir wären keine guten Journalistinnen, wenn wir Tausende Zeichen über einen Wochenend-Raser in die Tastatur hauen würden, ohne auch nur einen Gedanken an die andere Seite in dieser Geschichte zu verschwenden. Der Tiroler Temposünder mag mit seiner Trockenfahrt durch Kirchdorf gekommen sein. Durch den Lügenradar der örtlichen Polizei schaffte er es mit der Geschichte aber offensichtlich nicht. Das könnte daran liegen, dass er vermutlich nicht der erste Angehaltene mit einer abenteuerlichen Erklärung für seine Gesetzesuntreue ist und die Beamtinnen wahrscheinlich täglich Autofahrende stoppen, die ganz schnell zum Wochenmarkt, in den Kreißsaal oder zum Ausnüchtern nach Hause fahren müssen. Oder daran, dass so ein Auto bei 17 Grad – so warm war es am Samstag nämlich in Kirchdorf – auch IM STEHEN GETROCKNET WÄRE. Wie dem auch sei. Wir hätten da noch ein paar kreativere Ausreden: von Schlaglöchern übersäte Ortsstraße mit der Autobahn verwechselt, stark weitsichtig und Tacho falsch gelesen, vom Praktikanten gezwungen, auf dem Pedal ausgerutscht. Bitteschön.
4. Funktioniert dieser Vorgang auch bei nassen Haaren?
Was, wenn wir mit unserer Überheblichkeit alle falsch liegen und der Raser tatsächlich den schnellsten Weg zum trockenen Auto entdeckt hat? Es eröffneten sich ungeahnte Möglichkeiten. Menschen, die schneller laufen können, würden Strom sparen, weil sie ihre Haare nie wieder föhnen müssten. Die Drängler an deutschen Supermarktkassen würden toleriert, weil jeder weiß, wie eklig nasse Unterhosen am Po kleben. Lasst den Mann durch, sein Pony tropft und seine Wäsche muss er auch noch trocknen! Zugegeben, das wäre ein ziemlich unwahrscheinliches Szenario. Aber das war der Versuch, mit 118 Stundenkilometern und einer maximal windigen Ausrede durch eine Polizeikontrolle zu kommen, schließlich auch.
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