Gelsen sind das Letzte

Gelsen sind die größten Arschlöcher des Sommers. Das ist einfach Fakt. Ja, die Liste der jährlich wiederkehrenden Hitze-Gfraster ist lang und ja, auch Schnecken, Zecken und Crossover-Popsongs sind vorne mit dabei – aber keine andere sommerliche Grausigkeit kann Gelsen auch nur annähernd das Wasser reichen, wenn es darum geht, das Letzte zu sein. Denn Gelsen sind, offen gestanden, das Allerhinterletzte. Herzlich willkommen zu meinem Gelsen-Rant.

Ihr kennt das: Ein pickig-heißer Sommertag neigt sich langsam dem Ende zu, das eigene Bauchnabelwasser vertrocknet in der Abendsonne, ein abgestandener Hauch von “Despacito” liegt in der Luft und ehe man “Jolly Twinni schicke Bikini” sagen kann, wird man plötzlich ungefragt von einer Schar Stechmücken penetriert. Sex-Mob!

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Tatsächlich “ficken” Gelsen, wie im Volksmund oft so schön gesagt, ihre Opfer natürlich nicht – vielmehr verwenden sie winzige, an ihrem Rüssel befestigte Zacken, um unsere Haut zuerst aufzuritzen und danach eiskalt in die offene Wunde zu schlatzen.

Als wäre das Jucken und Kratzen noch nicht genug, sind Mücken – gemessen an der Zahl der Todesopfer – auch noch die gefährlichste Tierart der Welt.

Das ist ziemlich grindig, hat aber gleich drei Funktionen: Mückenspeichel wirkt nicht nur betäubend, sodass wir vom Stich selbst nichts bemerken, er verdünnt auch unser Blut und löst durch die abgegebenen Proteine schlussendlich eine Art allergische Reaktion aus: Die Haut schwillt an, errötet, juckt – man kriegt Gelsentippel. Oder Dübel. Jedenfalls diese Muggel, die von den Stichen bleiben.

Und weil Gelsen perfide kleine Mistviecher aus der Hölle sind, machen sie das meistens an Körperstellen, die so abwegig sind, dass nur echte Psychopathen sie aufstechen und anschließend ihre Spucke hineinrotzen würden: Direkt am großen Zeh, in der rechten Achselhöhle, unter einer Titte, dort, wo Mittel- und Ringfinger aneinanderreiben, irgendwo tief vergraben in Falten, von denen gar wir nicht wussten, dass es sie gibt und breitflächig verstreut auf Fußsohlen, Ohrläppchen und Hodensäcken.

Glaubt ihr wirklich, eine Duftkerze könnte euch davor retten? Ihr Narren! Kein Spray, keine Lotion, keine App, kein Stecker, keine mit Nelken bespickte Zitrone der Welt kann euch wirklich vor Gelsen schützen. Sollten die Attacken im Lavendel-Kerzenschein dennoch ausbleiben, dann machen die Gelsen das nur, um euch in trügerischer Sicherheit zu wiegen. Früher oder später lachen – und stechen – sie dir ins Gesicht.


Diese futuristischen Cyborg-Käfer sollen Leben retten:


Gelsen sind natürlich nicht die einzigen Insekten, die zustechen – aber es gibt einen Grund dafür, warum sie die größten Arschlöcher unter ihnen sind. Denn anders als zum Beispiel Wespen, die ihren Stachel nur dann einsetzen, wenn sie sich bedroht fühlen, zapfen Gelsen unsere Leitung aus einem anderen Grund an: Sie benötigen das Blut als Eiweißquelle für die Entwicklung ihrer Eier. Das Surren, das Stechen, das Jucken, das Kratzen, das Pochen – alles nur, damit die nächste Gelsen-Generation heranwachsen und den ganzen Prozess anschließend wiederholen kann.

Als wäre das alles nicht schon Grund genug, um Gelsen offiziell als größte Sommer-Krätzn zu bestätigen, sind sie nebenbei auch noch – gemessen an der Anzahl der Todesopfer – die gefährlichste Tierart der Welt. Tödlicher als Schlangen, Löwen oder Krokodile. Ungefähr eine Million Menschen sterben jährlich an den Folgen einer durch einen Mückenstich übertragenen Krankheit, mehr als die Hälfte davon an Malaria.

Niemand braucht sie, alle empfinden sie als unangenehm – Gelsen sind die Nickelbacks der Insekten-Welt.

Ihr merkt: Gelsen machen eigentlich überhaupt nichts Sinnvolles, außer unaufgefordert in unseren Brutkreislauf einzudringen und im schlimmsten Fall Menschen zu töten. Darüberhinaus hat weltweit kein Raubtier Mücken als bevorzugte, geschweige denn als einzige Nahrungsquelle. Sie sind also nicht mal irgendwie von Nutzen. Niemand braucht sie, alle empfinden sie als unangenehm – Gelsen sind also die Nickelbacks der Insekten-Welt. Die naheliegende Lösung wäre, sie einfach voll und ganz auszurotten. Also, Gelsen natürlich. Und ja, darüber hat man wirklich schon einige Male ernsthaft nachgedacht – Wissenschaftlern zufolge wäre das aber vielleicht gar nicht so schlau, wie es sich zunächst anhört.

Niemand weiß so wirklich, was die tatsächlichen Konsequenzen wären, würden wir Stechmücken schlicht und einfach auslöschen – jedenfalls würden “umweltliche Schäden, oder zumindest Begleitschäden im Zuge der Ausrottung” eintreten – also lassen wir es lieber ganz bleiben und leben mit den Tippeln (oder Dübeln oder Muggeln, auf jeden Fall diesen nervigen, juckenden Dingern, die nach einem Stich zurückbleiben!).

Die einzig vertretbare und darüber hinaus unfassbar coole Möglichkeit, gegen diese und andere fliegende Arschlöcher vorzugehen, ist eine Luftdruck-Salz-Puffn: Die Bug-A-Salt. Es gibt kein blutiges Massaker, statt Giftstoffen kommt gewöhnliches Tafelsalz zum Einsatz und es schaut einfach sehr, sehr lustig aus. Ob die Waffe auch gegen Nickelback hilft, ist nicht bekannt.

Franz auf Twitter: @FranzLicht

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