Der erste seriöse Vorschlag für den Bau von Städten im All entstand fast zufällig. Vor ziemlich genau 40 Jahren versammelten sich im Silicon-Valley Dutzende Wissenschaftler für ein Designseminar der NASA. 1975 war das Thema der Veranstaltung die kurz zuvor von Astrophysiker Gerard O’Neill veröffentlichte Studie Die Kolonisierung des Alls.
„Der Plan war, seine Ideen anzuschauen und zu untersuchen, ob sie technisch umsetzbar waren”, sagte Mark Hopkins, ein Ökonom, der damals dabei war. „Und das waren sie.” Also standen die Wissenschaftler vor der Wahl, wie geplant weiterzumachen oder die Zeit zu nutzen, die Grundlagen einer ernstgemeinten Kolonisierung des Alls zu skizzieren. „Wir sagten: ‚Zum Teufel’”, erinnert sich Hopkins. In dem zehnwöchigen Programm wurden wissenschaftlich fundierte und umsetzbare Möglichkeiten erdacht, um menschlichen Lebensraum im All aufzubauen.
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Die Entwürfe für riesige, kreisförmige Siedlungen, die dabei entstanden, sind noch heute die Grundlage aller unserer Vorstellungen von Bauten für das All, sei es in der Realität oder im Science-Fiction. Der Stanford-Torus, ein gigantischer kosmischer Donut mit einem Durchmesser von über einem Kilometer, der sich dreht und auf diese Weise künstliche Schwerkraft erzeugt, sollte euch bekannt vorkommen. Die außerirdischen Städte aus Elysium und Interstellar sind beide von dem Konzept inspiriert. Der Torus oder Ring, der von den Wissenschaftlern für 10.000 Personen konzipiert wurde, würde eine Masse von zehn Millionen Tonnen und einen Strahlungsschirm benötigen.
Zu Beginn der Studie, so Hopkins, war mehr als die Hälfte der Teilnehmer skeptisch. Aber am Ende waren fast alle—egal ob Physiker, Ingenieure oder Ökonomen—überzeugt, dass die Raumkolonien realistisch waren. Heute gelten die Raumkolonien offiziell als Schnapsidee. Die NASA hatte Künstler beauftragt, die Konzepte visuell umzusetzen, und die von den Psychedelika dieser Jahre beeinflussten Strukturen sehen aus wie 2001 auf Ayahuasca. „Ich frage mich, warum wir keine Raumfahrtbewegung haben?”, sagte Hopkins. Zumindest er ist ein eiserner Verfechter der Weltraumkolonisation geblieben. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es passiert.”
Aus der Wir blicken in den Abgrund Ausgabe 2015