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Warum wir alle Basic Bitches sind

Mädchen mit einer Vorliebe für Uggs und Michael-Kors-Taschen werden oft abwertend als Basic Bitches bezeichnet. Das ist nichts als arrogant.

Foto via KnowYourMeme

Manchmal, wenn ich Michael-Kors-Taschen-tragende Mädchen in Leggings oder an den Knien abgenutzten, schwarzen Skinny-Jeans und Uggs sehe, erwische ich mich dabei, wie ich die Durchschnittlichkeit dieses Styles irgendwie lahm finde. Für diese Mädchen und Frauen gibt es in der Fachsprache des Internets einen eigenen Begriff: Basic Bitch.

Basic Bitches tragen jedoch nicht nur langweilige Kleidung, sondern sind auch in Bezug auf ihre Persönlichkeit angeblich furchtbar einfältig, wenn man diversen Netzdefinitionen Glauben schenkt: Sie schauen gerne Sex And The City (schuldig im Sinne der Anklage), trinken gerne absurde Getränke bei Starbucks (Venti Soja Pumpkin Spice Latte mit extra Shot) und wenn man sie nach ihrem Musikgeschmack fragt, antworten sie höchstwahrscheinlich mit „Ich mag Charts".

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Das männliche Äquivalent zu den Basic Bitches sind die typischen Bros; also diejenigen aufgepumpten Typen in Tanktops, mit Kappen auf dem Kopf und einem total schönen Remix von Robin Schulz in den Kopfhörern, den sie seit ihrem Traum-Sommer am Electric Love-Festival so feiern. Der gängigen Definition beider Typen zufolge haben der Bro und die Basic Bitch eines gemeinsam: Sie sind unoriginell und eine uniformierte Ansammlung von Langeweile, ohne es zu wissen. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen den beiden: Vor allem den Unterton, der bei ihren Bezeichnungen mitschwingt, und die Tatsache, dass sich Bros auch selbst als Bros bezeichnen und die meisten Basic Bitches wohl eher nur von anderen (und dann abfällig) so bezeichnet werden.

Während das eine also auch Selbstbeschreibung ist, ist das andere ein Wort, um Überlegenheit auszudrücken. Spätestens seit How I Met Your Mother steht Bro für richtig harte, coole Männerfreunde, wohingegen Bitch irgendwas zwischen „zickige Tussi" und einfach nur „Schlampe" meint—Ausdrücke, die man ohne viel Gender-Sensibilität als sexistisch erkennen kann.

Klar ist nicht jeder, der Basic Bitch als Schimpfwort verwendet, ein Sexist—mittlerweile ist der Ausdruck auch über die engere Bedeutung hinaus ein geflügeltes Wort geworden. Kate Moss hat zum Beispiel letzten Sommer einen Flugzeugpiloten als Basic Bitch beschimpft, weil er sie ihren Duty-Free-Vodka nicht im Flugzeug trinken lassen wollte—und es ist wohl nicht davon auszugehen, dass der Pilot dem typischen Klischee einer Basic Bitch entsprach (wer fliegt schon in Jeggins?).

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Ein weiterer Aspekt, der die gemeine Basic Bitch ausmacht, ist folgender: Die Basic Bitch erfüllt alle Stereotype über ihr Geschlecht, ohne es zu wissen. Welche Stereotype das sind, wird in keiner der Definitionen näher erklärt. Vielleicht, dass Frauen Schuhe, Taschen und Jacken tragen, die auch andere tragen? Das ist wohl ein Problem, mit dem wir alle (und mit „alle" meine ich auch Männer) konfrontiert sind, seitdem es große Modeketten und beliebte Online-Shops gibt, bei denen jeder von uns gerne einkauft. Viele Frauen tragen ähnliche—und damit auch ähnlich unspektakuläre—Teile. Sie deswegen abzuwerten, ist der Inbegriff von Selbstgefälligkeit.

Das trifft auch auf die Kritik an den Accessoires zu, die dem Basic-Bitch-Typus gerne zugeschrieben werden; allem voran Michael-Kors-Taschen und Uggs. In beiden Fällen handelt es sich um erschwingliche Luxusgüter—(relativ) hochwertige Trend-Produkte, für die man nicht seinen ganzen Reichtum opfern muss und mit denen man für ein paar 100 Euro trotzdem ein Gefühl von Glamour kaufen kann. Natürlich trifft das nicht jeden Geschmack, aber für mich ist das ein durchaus plausibler Grund, warum diese Teile bei jungen Mädchen beliebt sind.

Aber die Basic Bitches gibt es nicht nur im Internet und auf Seiten wie collegehumor.com, sondern auch in Wien. Michael Buchinger, der vielleicht lustigste YouTuber der Welt—zumindest, wenn ihr mich fragt—beschreibt die Wiener Basic Bitch so: „Die typische Basic Bitch in Wien geht gerne ins ,Freiraum' Mittagessen und findet die hausgemachten Limonaden dort ,sooo gut'. Danach holt sie sich bei Starbucks, ihrem Lieblingskaffeehaus, ein Heißgetränk, das nur aus Milch und Sirup besteht. Vielleicht studiert diese Person auch an der WU und geht, um an den Wochenenden auch mal Dampf abzulassen, in die Passage fort, wo sie vor allem Selfies mit ihren Freunden macht."

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Was die Basic Bitch aber laut Internet erst so richtig basic macht, ist die Tatsache, dass sie sich in ihrer ganzen Einfältigkeit furchtbar individuell und originell findet. Mangelnde Selbstreflexion und total unhipsterige Ernsthaftigkeit in allem, was sie tut, also. Total peinlich. Aber ganz ehrlich—wer glaubt von sich selbst nicht, so einzigartig wie eine Schneeflocke zu sein?

Die meisten von uns bekommen von klein auf eingetrichtert, dass sie etwas ganz Besonderes sind. Dass wir dabei vielleicht weniger Schneeflocken und mehr Teil des Schneematschs sind, will niemand von uns wahrhaben—genauso wie ich denke, ein goldener Rucksack wäre total fancy, bis ich auf der nächsten Party gleich mehrere andere Mädchen damit sehe.

Auch in Michi Buchinger kommt immer mal wieder die Basic Bitch zum Vorschein: „Ich entdecke immer öfter Basic Bitch-Eigenschaften an mir. Zum Beispiel habe ich den Pumpkin Spice Latte von Starbucks im vergangenen Jahr heiß geliebt und letztens habe ich einen Online-Test gemacht, weil ich ernsthaft wissen wollte, welches Mädchen aus Pretty Little Liars ich wohl bin. Es stellt sich heraus: Ich bin ein blindes Mädchen namens Jenna. Ich finde das alles aber halb so schlimm. Solange ich mir keinen Bilderrahmen kaufe, auf dem ,FAMILY' steht, mache ich mir keine Sorgen."

Wir dürfen also beruhigt sein, denn offenbar steckt in jedem von uns eine kleine Basic Bitch, die bei der Wahl unserer nächsten Lieblingsserie oder unserer neuen Handtasche zum Vorschein kommt. Und das ist auch nicht annähernd ein Grund, sich zu schämen und die neuen Uggs nicht voller Stolz auszuführen. Die Tatsache, dass Basic Bitch jedoch immer wieder als abschätzige Fremdbeschreibung verwendet wird, während wir gleichzeitig selbst nicht zugeben können, dass wir auch auf so manches basic Zeug stehen, zeigt meiner Ansicht nach vor allem unsere Arroganz gegenüber anderen Trends und Geschmäckern, die wir nicht verstehen und peinlich finden.

Wir finden es uncool, wie die Basic Bitches ihren Style feiern, der uns nicht gefällt, während wir uns in unseren Vintage-Bomberjacken fürchterlich originell fühlen. Dabei sollte uns zumindest klar sein, dass auch wir mit ziemlicher Sicherheit die Basic Bitches für irgendjemand anders sind—und es völlig OK ist, wenn man sich ab und zu einen großen Pumpkin Spice Latte gönnt.

Folgt Verena auf Twitter, ihr einzigartigen Schneeflocken: @verenabgnr