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Wir haben Amazon gefragt, wieso sie weiter Hakenkreuz-Ketten verkaufen

Ein Eisernes Kreuz mit dem Amazon-Logo

Amazon ist die Tankstelle unter den Onlinehändlern: Du brauchst Blumen, eine Luftpumpe, Kondome oder einen Teddy-Schlüsselanhänger? Kein Problem! Amazon macht aber nicht nur liebestolle Fahrradfreunde mit einer Vorliebe für Nici-Tiere glücklich – sondern leider auch Neonazis.

Vor einer Woche war Edward W. aus Dortmund online auf der Suche nach einer silbernen Halskette, als Amazon ihm plötzlich einen Hakenkreuz-Anhänger anbot – für 36,89 Euro. “Ich war natürlich entsetzt”, sagt der 28-Jährige gegenüber VICE.

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Halskette
Inzwischen ist das Produkt offline | Screenshot: Amazon | Unkenntlichmachung: VICE

Per Chat kontaktierte er einen Amazon-Mitarbeiter (Screenshots liegen VICE vor). Obwohl der Verkauf von Artikeln, “die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen” gegen Amazons Produktbeschränkungen verstößt, verstand der Servicemitarbeiter das Problem nicht. “Die Reaktion des Chat-Mitarbeiters hat mich angekotzt”, sagt W. Also habe er telefonisch Kontakt zu Amazon aufgenommen. Dort habe man ihm versichert, sich um das Problem zu kümmern, sagt W.

Am Dienstagvormittag, sieben Tage und einen weiteren Anruf später, ist der Anhänger immer noch online. Laut Produktinformation bereits seit dem 7. Oktober 2019. “Meiner Meinung nach nimmt niemand das Thema ernst”, sagt W.

Aber wie konnte die Hakenkreuz-Kette überhaupt so lange von Amazon unerkannt bleiben?

Im August 2018 konfrontierte VICE den Onlinehändler Amazon mit Produkten, die Menschen mit einer Faszination für den Nationalsozialismus besonders gut gefallen hätten. Darunter beispielsweise ein schwarzes T-Shirt mit Eisernem Kreuz und dem Spruch “Kameradschaft ist mehr als nur ein Wort” oder Band-Shirts der Rechtsrockband Landser. Kurz zuvor berichtete unter anderem Buzzfeed News, dass der Onlineshop Hakenkreuze aus dem Sortiment entfernt hatte. In einem englischsprachigen Brief an einen US-Abgeordneten, den Buzzfeed News veröffentlichte, hieß es von Seiten des Unternehmens: “Wir verfolgen genau, wenn Produktseiten gegen das Gesetz oder unsere Richtlinien verstoßen, und wir reagieren direkt auf Kundenfeedback und Hinweise von außen”. Außerdem wende der Konzern “mithilfe von intelligenten Technologien proaktiv Maßnahmen an, um die Richtlinien durchzusetzen”.


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Heute, mehr als ein Jahr später, werden dennoch unbemerkt Hakenkreuze auf Amazon verkauft. So redselig wie früher zeigt sich der Konzern nicht mehr. VICE fragte sowohl, wieso der Artikel trotz mehrfacher Hinweise noch immer online ist, als auch, inwiefern Amazon gegen den Vertrieb verfassungsfeindlicher Symbole vorgeht. Ein Amazon-Sprecher antwortete ausschließlich auf eine Frage, die wir gar nicht gestellt hatten: “Alle Amazon Verkaufspartner müssen sich an unsere Verkaufsbedingungen halten – erlangen wir Kenntnis über einen Verstoß, ergreifen wir entsprechende Maßnahmen, die die Schließung des Verkaufspartner-Kontos beinhalten können. Das entsprechende Produkt ist nicht mehr erhältlich.”

Keine zwei Stunden nach unserem Anruf in der Presseabteilung war das Produkt dann also tatsächlich offline, obwohl es zuvor trotz mehrfacher Hinweise eine Woche online geblieben war. Wieso, wissen wir leider immer noch nicht. Genauso wenig, wie wir wissen, ob Mitarbeitende in der Amazon-Kundenbetreuung für solche Fälle geschult werden oder wieso die “intelligenten Technologien” offenbar nichts bringen.

Nächstes Mal hätten wir unsere Antworten lieber per Prime zugestellt.

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