87 Milliarden Euro sind verdammt viel Geld. So viel warf die Pornoindustrie im Jahr 2014 insgesamt ab. Die USA waren dabei der profitabelste Markt. Wenn es jedoch um das durchschnittliche Gehalt der Darstellerinnen und Darsteller geht, sind die Zahlen – um es mal nett auszudrücken – nicht ganz so beeindruckend. Vergangenen August erzählte Mia Khalifa – eine der berühmtesten Pornodarstellerinnen überhaupt – in einem Interview, dass sie während ihrer Karriere nur rund 12.000 Dollar verdient habe. Vor Kurzem behauptete der italienische Pornodarsteller Max Felicitas in einer Radio-Talkshow allerdings, er mache 15.000 Euro im Monat.
Einerseits sind die Profite durch die Flut an kostenlosen Porno-Websites ordentlich nach unten gegangen, andererseits können sich Pornostars dank der sozialen Netzwerke jetzt eine große Fanbase aufbauen und selbst Content produzieren.
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Um die Frage nach dem Geld ein für allemal zu beantworten, haben wir mit vier Pornostars gesprochen. Einige von ihnen haben in den USA gearbeitet, andere in Europa – und einer war sogar schon in den 90er Jahren aktiv, dem angeblich goldenen Zeitalter der Pornos.
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Valentina Nappi: “Es ist absurd zu denken, dass Pornostars reich seien”
VICE: Herrscht allgemein eine falsche Vorstellung davon, wie viel Pornostars verdienen?
Valentina Nappi: Wie viele Leute zahlen denn für die Pornos, die sie sich online ansehen? Nicht viele. Deswegen sind die Budgets bei den Drehs normalerweise sehr niedrig. Es ist absurd zu denken, dass Pornostars reich seien. Vielleicht hat diese Annahme damit zu tun, dass wir so beliebt sind. Ich habe 1,5 Millionen Follower bei Instagram, verdiene aber trotzdem nichtmal einen Bruchteil von dem, was Influencer mit der gleichen Follower-Zahl machen.
Du arbeitest vor allem in den USA. Wie läuft es dort mit der Bezahlung?
Heutzutage wird man pro Szene bezahlt, Exklusivverträge sind selten geworden. Wie viel man letztendlich bekommt, hängt von vielen Faktoren ab – wie berühmt man ist, was man bei der Szene macht und so weiter. Für eine Lesben-Szene bekomme ich weniger als für eine Anal-Szene. Als ich in die USA zog, war ich schon ziemlich bekannt. Deswegen konnte ich direkt mehr verlangen. Für eine normale Hetero-Szene verdiene ich um die 1.000 Euro.
Und wie viele Szenen sind pro Monat drin?
Eine Darstellerin wird dann am häufigsten gebucht, wenn sie zwischen 22 und 26 ist. In diesem Zeitraum dreht man so um die 100 Szenen im Jahr.
Welche Ausgaben musst du als Pornostar mit einrechnen?
Natürlich Steuern und eine Agentengebühr, die zwischen 10 und 15 Prozent liegt. Bei mir kommt noch die Unterkunft dazu – und Los Angeles ist verdammt teuer, selbst eine normale Wohnung kann hier schnell mehrere Tausend Euro im Monat kosten. Dann gibt es noch die Tests auf Geschlechtskrankheiten, die man selbst bezahlen muss. Die Schnelltests kosten um die 175 Euro und müssen alle zwei Wochen gemacht werden, damit man ordentlich arbeiten kann.
Welchen Rat würdest du jungen Darstellerinnen und Darstellern geben?
Baut euch zuerst ein großes Social-Media-Following auf und ladet selbst produzierte Videos bei den bekanntesten Plattformen hoch. Durch das Internet sind die traditionellen Einkommenswege der Pornoindustrie vielleicht nicht mehr so ergiebig, aber jetzt können die Darsteller und Darstellerinnen dafür mehr Geld mit eigenen Videos verdienen. Auch ich filme Amateurszenen und veröffentliche sie bei Pornhub. Langfristig mache ich so am meisten Geld.
Luca Ferrero: “Es gibt sogar Leute, die ihre Drehs selbst bezahlen”
VICE: Was hast du dir finanziell gesehen versprochen, als du deine ersten Pornos gedreht hast?
Luca Ferrero: Am Anfang hatte ich gar keine Erwartungen, ich wollte einfach nur Spaß haben. Zum Glück hatte ich noch einen anderen Job. In Europa bekommen Anfänger in der Pornobranche nicht viel Geld. Oft werden einem lediglich die eigenen Ausgaben erstattet. Es gibt sogar Leute, die ihre Drehs selbst bezahlen. Hauptsache, sie bekommen einen Fuß in die Tür.
Wie viel verdienen etablierte Pornostars in Europa?
Pro Szene bekommen die Darsteller nur selten mehr als 500 Euro. Nur die wirklich Bekannten können mehr verlangen. Das Problem mit dem europäischen Markt ist, dass es immer irgendwelche neuen Darsteller und Darstellerinnen gibt, die auch für Peanuts drehen. Deswegen hören viele wieder auf, weil sie nicht über die Runden kommen.
Die gut zahlenden Produktionsfirmen buchen nur selten neue Darsteller und Darstellerinnen. Deswegen ist es sehr schwierig, da irgendwie reinzukommen. Wenn auch nur das geringste Risiko besteht, dass du am Set nicht ablieferst, engagieren die Produzenten direkt einen erfahreneren Darsteller – selbst wenn du einen riesigen Penis hast.
Verdienen Frauen in der Pornoindustrie wirklich viel mehr Geld als Männer?
Ja, Frauen verdienen pro Szene wirklich mehr. Sie können für bestimmte Sachen – etwa Analsex oder Double Penetration – auch mehr verlangen. Dafür sind ihre Karrieren normalerweise viel kürzer. Wenn ein männlicher Pornodarsteller wirklich gut ist, kann er das sehr lange machen.
Wenn man von Pornos leben will, muss man sich schon früh nach anderen Tätigkeiten innerhalb der Branche umsehen. Zum Beispiel als Regisseur oder Produzent. Niemand steht für immer vor der Kamera.
Martina Smeraldi: “Spaß ist mir wichtiger als der finanzielle Aspekt”
VICE: Du gehörst zu den Shooting Stars der italienischen Pornobranche. Welche Gehaltsvorstellungen hattest du, bevor du mit den Drehs anfingst?
Martina Smeraldi: Mit Pornos verdient man definitiv weniger, als viele denken. Ich mache das aber, weil es mir Spaß macht. Das ist mir wichtiger als der finanzielle Aspekt.
Wie hast du den Durchbruch geschafft?
Ich habe den Pornodarsteller Max Felicitas einfach kontaktiert, dann fingen wir an, zusammen zu drehen. Der Rest hat sich dann irgendwie ergeben. Ich wurde immer bekannter, andere Produktionsfirmen schrieben mich an – darunter auch Rocco Siffredi und die Produzenten der Reality-Porno-Website Fake Taxi. Bis jetzt habe ich rund 20 Szenen gedreht.
Würdest du als aufstrebende Pornodarstellerin auch deine eigenen Videos drehen?
Nein. Ich stehe noch am Anfang meiner Karriere und finde es da besser, mit Produktionsfirmen zusammenzuarbeiten. Irgendwann wäre es aber schon schön, meine eigene Website zu haben und die Einnahmen durch meine Videos nicht mit jemandem teilen zu müssen.
Welchen Ratschlag würdest du den Leuten geben, die es in der Pornobranche schaffen wollen?
Bittet am besten nur die Leute um Hilfe, die schon lange in der Branche arbeiten und keine Hintergedanken haben. So hat es bei mir geklappt.
Franco Roccaforte: “Viagra stürzte die männlichen Darsteller in die erste finanzielle Krise”
VICE: Du bist ja schon ein alter Hase, deine Karriere begann 1989. Wie hat sich die Pornoindustrie seitdem verändert?
Franco Roccaforte: Die Industrie wurde komplett auf den Kopf gestellt – und zwar nicht nur durch das Internet. Ende der 80er Jahre war das Schwierigste, überhaupt in die Branche zu kommen. Aber wenn man erst einmal vor der Kamera gestanden hat, war alles geritzt. Dann arbeitete man zusammen mit den ganzen berühmten Pornostars für die großen Produktionsfirmen. Viagra stürzte die männlichen Darsteller dann in die erste finanzielle Krise, denn plötzlich konnten die Typen, die vorher vor Aufregung keinen hochbekommen haben, doch vor der Kamera stehen. Dadurch gingen die Gehälter nach unten.
Wie viel hast du in den 90er Jahren verdient?
Viel. Wer zu den wenigen Darstellern gehörte, die am Set verlässlich stundenlang Sex haben konnten, war bei den Produktionsfirmen sehr gefragt. Dann waren mindestens 15.000 Euro pro Monat drin – oder noch mehr, wenn man gerade am Höhepunkt seiner Karriere war.
Und wie viel verdienst du jetzt pro Szene?
Für weniger als 1.000 Euro mache ich nichts. Aber nur wenige europäische Produktionsfirmen können sich das leisten. Zum Glück habe ich mein eigenes Unternehmen und drehe meistens selbstständig.
Was ist der Schlüssel zu einer langen Karriere?
Man muss sich selbst neu erfinden können. Die Pornoindustrie ist sehr schnelllebig: Die Genres verändern sich, die Stile verändern sich, die Einkommensmöglichkeiten verändern sich. Heutzutage setzen viele zum Beispiel mehr auf Social Media als auf große Produktionsfirmen. Derzeit gibt es auch in der Pornobranche nichts Schlaueres, als sich selbst gut zu vermarkten.
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